AG München: Unentgeltlich auf fremdem Grundstück aufgestellter Maibaum ist auf Verlangen zu entfernen

Die unentgeltliche Erlaubnis, auf fremdem Grundstück einen Maibaum zu errichten, kann aus jedem vernünftigen Grund gekündigt werden. Dies hat das Amtsgericht München entschieden und einen Verein zur Beseitigung eines Maibaumes auf dem Grundstück einer Wohnungseigentümergemeinschaft verurteilt, die den Baum unter Verweis auf für sie bestehende Haftungsrisiken entfernt wissen möchte (Urteil vom 22.02.2018, Az.: 155 C 20108/17).

Vertrag über unentgeltliche Aufstellung des Maibaums bis 2023

Mit zuletzt bis 2023 verlängertem Vertrag von 1991 hatte die klagende Wohnungseigentümergemeinschaft dem beklagten Verein unentgeltlich gestattet, auf ihrem Grundstück in München auf eigene Kosten und Risiko einen Maibaum aufzustellen. Der Verein hatte seinerseits eine entsprechende Haftpflichtversicherung abgeschlossen und überdies erklärt, die Klagepartei von allen Haftungsansprüchen Dritter freizustellen. Am 10.01.2015 musste die Feuerwehr den etwa 30 Meter hohen Maibaum umlegen, weil dieser in der vorangegangenen Sturmnacht in seiner Halterung gelockert worden war und bedenklich schwankte. Die Polizei musste dabei Teile der anliegenden Kreuzung sperren. Zu diesem Zeitpunkt waren 20 Motivtafeln am Baum angebracht.

Baum zunächst ohne Motivtafeln und Kranz sturmsicher wieder aufgestellt

Der Baum wurde nach längeren Diskussionen mit der Stadt und der Versicherung nach entsprechenden TÜV-Gutachten ohne Motivtafeln und Kranz im Dezember 2015 von dem Beklagten wieder sturmsicher aufgestellt, im Juli 2017 wurden von ihm aber wieder zehn Wappentafeln und zwei Kränze angebracht. Ein Gutachten, das dem mittlerweile in deutlich angerosteter Halterung verschraubten Baum auch mit diesen zehn Tafeln Standsicherheit bei Windgeschwindigkeiten über 100km/h (10 Beaufort) bescheinigen würde, wurde von dem beklagten Verein nicht eingeholt.

Grundstückseigentümer wollen Haftungsrisiko nicht eingehen

Der Beklagte ist der Auffassung, ein Maibaum ohne Tafeln sei wie ein Auto ohne Räder. In der Sturmnacht 2015 müsse ein Unbekannter die Befestigungsschrauben gelockert haben. Ein Schlosser habe entsprechend der TÜV-Auflagen unter anderem beim Gassigehen sich jeweils mittels Abklopfen von Stamm und Halterung von der weiteren Standfestigkeit des Baumes überzeugt. Der Träger sei zwischenzeitlich entrostet worden. Der Verwalter der Klagepartei erklärt, man sehe sich als Grundstückseigentümer einem hohen Haftungsrisiko ausgesetzt, zumal der Versicherungsschutz wegen Verletzung von Versicherungsbedingungen erloschen sei.

AG München: Gefälligkeitsverhältnisse aus vernünftigem Grund jederzeit kündbar

Das AG München gab der Klagepartei Recht. Für Kündigungen von Gefälligkeitsverhältnissen genüge es, dass ein vernünftiger Grund für die Beendigung gegeben sei. Grundsätzlich bedeute das Aufstellen eines Maibaums eine erhebliche Gefahrenquelle für Dritte, wobei die allgemeinen Gefahrenlagen eines Maibaums wie etwa Einsturz-Bruchgefahr sowie die Gefahr des Herabfallen von Teilen eine erhebliche Gefahrenerhöhung erführen, wenn der Standort des Maibaums in unmittelbarer Nähe eines Gehwegs und einer stark frequentierten Straße liege.

Haftungsrisiko hier auch nicht durch Haftpflichtversicherung gemildert

Zwar könne grundsätzlich ein Haftungsrisiko der an Aufstellung und Betrieb eines Maibaums beteiligten Personen durch eine Haftpflichtversicherung abgemildert, wenn nicht beseitigt werden. Dies gelte jedoch nicht, wenn die Versicherungsbedingungen nicht eingehalten werden, insbesondere erforderliche Kontrollen oder Nachweise nicht in der notwendigen Form oder Frist erfolgen und durch entsprechende Obliegenheitsverletzungen die Versicherung von der Leistung frei wird oder der Versicherungsanspruch gekürzt werden kann.

Verkehrssicherungspflichten hier durch Verein nicht eingehalten

Hätten regelmäßige Kontrollen stattgefunden, hätte es wohl nicht zu den im Juni 2016 festgestellten erheblichen Verrostungen kommen können. Um die Einhaltung der sich aus der Gefahrenlage ergebenden Verkehrssicherungspflichten im Hinblick auf die Haftungsfrage gewährleisten zu können, sei eine Untersuchung durch einen Sachverständigen oder Sachkundigen nach Ablauf bestimmter Standzeiten oder nach dem Eintritt potenziell gefahrenerhöhender Ereignisse, wie etwa nach Stürmen, notwendig, betont das AG München. Ein Gutachten über den wieder mit zehn Wappentafeln und zwei Kränzen ausgestatteten Baum habe der beklagte Verein nicht eingeholt. Das Urteil ist nach Berufung der Beklagtenpartei nicht rechtskräftig.

AG München, Urteil vom 22.02.2018 - 155 C 20108/17

Redaktion beck-aktuell, 30. April 2018.

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