AG München: Betagten Kunden darf Ratenzahlung versagt werden

In der Verweigerung von Ratenzahlungen für betagte Kunden liege keine unzulässige Altersdiskriminierung, entschied das Amtsgericht München mit inzwischen rechtskräftigem Urteil vom 13.04.2016 und wies die Entschädigungsklage einer 84jährigen Kundin ab. Die Benachteiligung sei in diesem Fall wegen des höheren Sterberisikos älterer Kunden und der wirtschaftlichen Risiken des Kreditgebers im Sterbefall gerechtfertigt (Az.: 171 C 28560/15).

Ratenzahlung wegen zu hohen Alters verweigert

Die Beklagte betreibt einen Teleshoppingsender mit Onlinewarenhaus. Sie bietet diverse Produkte zum Kauf an und auch verschiedene Bezahlmöglichkeiten, unter anderem Teilzahlungen. Die 84jährige Klägerin bestellte bei ihr einige Schmuckstücke und wählte als gewünschte Zahlungsform die Teilzahlung in Raten. Die Beklagte lehnte das Angebot ab und begründete dies damit, dass die Klägerin die intern festgelegte Altersgrenze für die Kreditvergabe überschreite. Daher könne die Beklagte ihr nur die Zahlungsarten Rechnung, Bankeinzug, Nachnahme oder Kreditkarte anbieten.

Kundin forderte Entschädigung wegen Altersdiskriminierung

Die Klägerin sah sich durch die Beklagte allein wegen ihres Alters nachteilig behandelt und verlangte wegen des damit verbundenen Verstoßes gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz 3.000 Euro Schmerzensgeld. Die Benachteiligung sei mangels individueller Bonitätsprüfung sachlich nicht gerechtfertigt. Der Klägerin sei die Möglichkeit der gleichberechtigten Teilhabe am Rechtsverkehr auf eine zutiefst persönlichkeitsverletzende und menschenverachtende Art und Weise genommen worden. Die Gefahr des Ablebens bestehe sowohl bei alten als auch bei jungen Menschen. Sofern man auf die statistischen Erhebungen zur Lebenserwartung älterer Menschen abstelle und gerade hieraus eine wirtschaftliche Gefahr für die Beklagte ableiten wolle, würde gerade das Merkmal, weswegen die Klägerin gesetzlich geschützt werde, zu ihrem Nachteil ausgelegt werden. Dies stelle einen unzulässigen Zirkelschluss dar, indem man die Benachteiligung der Klägerin durch ihren Nachteil als gerechtfertigt ansehe.

Beklagte: Kein zivilrechtliches Massengeschäft

Die Beklagte argumentierte, es handele sich nicht um ein zivilrechtliches Massengeschäft im Sinne des AGG. Vielmehr komme es bei der Ratenvereinbarung gerade auf das Ansehen der Person an, da der Gläubiger ein wirtschaftliches Risiko eingehe. Die Beklagte erfrage nicht nur das Alter des Bestellers, sondern auch dessen Adresse und hole dann eine individuelle Bonitätsauskunft ein. Selbst wenn man von einem Massengeschäft ausginge, gäbe es einen sachlichen Grund für die unterschiedliche Behandlung von jüngeren und älteren Kunden.

AG: Benachteiligung wegen höheren Sterberisikos gerechtfertigt

Das AG hat die Klage abgewiesen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Schadensersatz wegen unzulässiger Diskriminierung. Ein Teilzahlungsgeschäft sei definitionsgemäß eine auf einen längeren Zeitraum angelegte geschäftliche Beziehung. Zwar seien ältere Personen, die regelmäßig Renten oder Pensionen bezögen, grundsätzlich als solvente Schuldner einzustufen, da sie über ein geregeltes und sicheres Einkommen verfügten. Allerdings steige mit zunehmendem Alter auch das Risiko des Ablebens.

Forderungsübergang auf Nachlass im Sterbefall mit erheblichen wirtschaftlichen Risiken verbunden

In diesem Fall gingen die Forderungen des Gläubigers (Kreditgeber) gegen die verstorbene Person auf den Nachlass über. Die Sicherheit der regelmäßigen Rentenzahlungen gehe auf diese Weise verloren. Der Gläubiger müsse sich an den Nachlass wenden. Zum einen sei dies mit einem erhöhten Verwaltungsaufwand verbunden, da der Erbe, die Erben oder die Erbengemeinschaft ausfindig gemacht werden müsse. Zum anderen bestehe auch ein weiteres wirtschaftliches Risiko, da nicht absehbar sei, wer den Nachlass erben und ob dieser Erbe überhaupt faktisch zu greifen sein werde. So sei etwa an die Kinder zu denken, die nach Übersee ausgewandert seien. Das vom Berufungsgericht bestätigte Urteil ist inzwischen rechtskräftig, nachdem die Revision am 09.01.2018 zurückgenommen wurde.

AG München, Urteil vom 13.04.2016 - 171 C 28560/15

Redaktion beck-aktuell, 16. März 2018.

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