AG Mün­chen: Irr­tüm­lich ak­ti­vier­te "So­fort­kauf"-Op­ti­on bei eBay be­rech­tigt zu An­fech­tung

Wer irr­tüm­lich bei eBay an­stel­le der be­ab­sich­tig­ten Auk­ti­on einen "So­fort­preis­ver­kauf" zu einem Euro ak­ti­viert, kann den So­fort­kauf un­ver­züg­lich an­fech­ten. Dies hat das Amts­ge­richt Mün­chen mit Ur­teil vom 09.03.2017 ent­schie­den (Az.: 274 C 21792/16, rechts­kräf­tig). Eine Klage auf Scha­den­er­satz wegen Nicht­er­fül­lung eines über eBay ge­schlos­se­nen Kauf­ver­trags wies es zu­rück.

An­ge­bot bei eBay ver­se­hent­lich als "So­fort­kauf" ein­ge­stellt

Am Abend des 16.06.2016 stell­te der Be­klag­te, ein er­fah­re­ner eBay-Ver­käu­fer, des­sen Mut­ter­spra­che nicht Deutsch ist, in Mün­chen über die In­ter­net­platt­form "eBay" einen Kof­fer mit Neu­wert von 300 bis 700 Euro zum So­fort­kauf­preis von einem Euro ein. Kurz dar­auf nahm der Klä­ger die­ses An­ge­bot an und teil­te dem Be­klag­ten an­schlie­ßend mit, er wolle den Kauf­ver­trag nun ab­wi­ckeln. Dar­auf­hin ant­wor­te­te der Be­klag­te noch am sel­ben Abend: "Sorry, das war als eine Auk­ti­on ge­dacht! Lei­der waren Sie schnel­ler, wie ich den Feh­ler merk­te! Ich werde es von mei­ner Seite An­nu­lie­ren, da sie die Zeit der ge­bo­ten haben wie es be­ar­bei­tet wur­den ist." Der Klä­ger trat wegen Nicht­er­fül­lung vom Kauf­ver­trag zu­rück und woll­te Er­satz in Höhe des von ihm auf 700 Euro ver­an­schlag­ten Kof­fer­wer­tes ab­züg­lich des ver­ein­bar­ten Kauf­prei­ses von einem Euro.

Kof­fer mitt­ler­wei­le an­der­wei­tig ver­kauft

Der Be­klag­te be­haup­tet, ihm sei bei der Er­stel­lung des An­ge­bots ein Feh­ler un­ter­lau­fen. Er habe eine "Auk­ti­on" mit einem Start­preis von einem Euro erst ein­mal als Vor­schau er­stel­len und noch gar nicht ak­ti­vie­ren wol­len. Die But­tons für beide Ver­kaufs­ar­ten seien der­art an­ge­ord­net, dass eine Ver­wechs­lung mög­lich sei. Er sei nur kurz auf die Toi­let­te ge­gan­gen und habe sich mit sei­ner Toch­ter un­ter­hal­ten, als ihm über Handy mit­ge­teilt wor­den sei, dass der Kof­fer be­reits ver­kauft sei. Er habe den Kof­fer nie­mals für nur einen Euro ver­kau­fen wol­len. Tat­säch­lich habe er den Kof­fer in­zwi­schen über eine eBay-Auk­ti­on für 361 Euro an­der­wei­tig ver­kauft. Der Be­klag­te ist der An­sicht, die oben im Wort­laut wie­der­ge­ge­be­ne Mit­tei­lung habe je­den­falls als An­fech­tung den Kauf­ver­trag zum Er­lö­schen ge­bracht.

AG be­jaht Er­klä­rungs­irr­tum des Ver­käu­fers

Das AG Mün­chen gab dem Be­klag­ten Recht, "da be­reits kein Kauf­ver­trag zu­stan­de ge­kom­men ist be­zie­hungs­wei­se die­ser je­den­falls vom Be­klag­ten wirk­sam an­ge­foch­ten wurde." Das Ge­richt war auf­grund der An­ga­ben des Be­klag­ten, sei­ner ur­sprüng­li­chen E-Mail und der ein­ge­se­he­nen Web­site von eBay davon über­zeugt, dass der Be­klag­te tat­säch­lich einem zur An­fech­tung be­rech­ti­gen­den Er­klä­rungs­irr­tum un­ter­lag, als er sein An­ge­bot ein­stell­te. Nach In­au­gen­sch­ein­nah­me der Web­site er­schien es dem Ge­richt "durch­aus mög­lich, dass ein Feh­ler wie vor­lie­gend pas­siert". Zum einen lägen die ent­spre­chen­den Ein­trags­fel­der be­zie­hungs­wei­se But­tons eng neben- oder über­ein­an­der, so­dass eine Ver­wechs­lung mög­lich sei. Zudem wech­se­le eBay of­fen­bar häu­fig die ge­naue Ge­stal­tung der Seite, so dass auch er­fah­re­ne Nut­zer den Über­blick ver­lie­ren könn­ten. Schlie­ß­lich spre­che auch die so­for­ti­ge Re­ak­ti­on des Be­klag­ten in sei­ner Mit­tei­lung an den Klä­ger für die Rich­tig­keit sei­ner An­ga­ben.

An­fech­tungs­er­klä­rung auch ohne Ver­wen­dung der Ge­set­zes­ter­mi­no­lo­gie wirk­sam

Dass der Be­klag­te in Ab­wei­chung vom Ge­set­zes­wort­laut "Feh­ler" statt "Irr­tum" und "An­nu­lie­ren" statt "an­fech­ten" ge­schrie­ben habe, sei un­er­heb­lich. Die Ver­wen­dung der rich­ti­gen ju­ris­ti­schen Ter­mi­no­lo­gie sei für die Wirk­sam­keit einer An­fech­tungs­er­klä­rung nicht er­for­der­lich.

Auch Be­ru­fungs­ge­richt be­jah­te wirk­sa­me An­fech­tung

Das Be­ru­fungs­ge­richt hielt zwar den Ver­trag auf­grund un­zwei­fel­haft ein­deu­ti­ger Er­klä­run­gen für zu­nächst ge­schlos­sen, sah aber in der Er­klä­rung des Be­klag­ten eben­falls eine wirk­sa­me An­fech­tung und wies die Be­ru­fung des Klä­gers zu­rück.

AG München, Urteil vom 09.03.2017 - 274 C 21792/16

Redaktion beck-aktuell, 22. Januar 2018.

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