Facebook-Post nach Terrorangriff der Hamas: Imam muss Geldstrafe zahlen
© dpa | Sven Hoppe

"Jeder hat seine eigene Art, den Oktober zu feiern" – das schrieb ein Münchner Iman am 7. Oktober 2023, dem Tag des Terrorangriffs der Hamas auf Israel. Nun muss er eine Geldstrafe zahlen. Er habe die Grenzen der Meinungsfreiheit überschritten, so das AG München.

Der Iman muss wegen des Posts 4.500 Euro zahlen. Vor Gericht akzeptierte er einen Strafbefehl von 90 Tagessätzen zu je 50 Euro – obwohl er die Vorwürfe zunächst bestritten und gegen den Strafbefehl Einspruch eingelegt hatte. Der Imam hatte sein Posting vom 7. Oktober 2023 mit einem Smiley ergänzt und so eine öffentliche Debatte ausgelöst – nach einem Monat löschte der 52-Jährige den Eintrag.

Durch den Post habe er zum Ausdruck gebracht, "dass Sie den Mord und die Geiselnahmen der Hamas in hundertfachen Fällen guthießen, dass der Terrorangriff jedenfalls für manche Personen einen Anlass zum Feiern darstellt", hieß es in dem Strafbefehl, den der Antisemitismusbeauftragte der bayerischen Justiz, Andreas Franck, vor Gericht verlas. Franck betonte, dass die Taten der Hamas Bestürzung ausgelöst haben und der Post, dazu geeignet sei, das Sicherheitsgefühl großer Teile der Gesellschaft zu erschüttern.

Das Islamische Zentrum in München hatte den Geistlichen nach dem Post suspendiert, der Vorstand des Islamischen Zentrums distanzierte sich von dem Post. Die Nachricht war von einigen als Verhöhnung der israelischen Opfer der Terrororganisation Hamas verstanden worden, darum führte auch der Antisemitismusbeauftragte der bayerischen Justiz die Ermittlungen.

Imam: Billigung des Angriffes ist ein Missverständnis

Der Imam betonte vor Gericht, dass "ich mich auf keinen Fall hinter jemanden stelle, der Zivilisten angreift und tötet". Er habe diesen Post mittags verfasst und zu dem Zeitpunkt nur gehört, "dass es dem palästinensischen Widerstand gelungen sei, gegen Israel einen Erfolg zu erzielen". Er sei davon ausgegangen, dass es sich um eine rein militärische Aktion handle und "dass die Palästinenser versuchen, zu ihren Rechten zu kommen". Es gebe "viele Gruppen in Palästina, die Widerstand leisten". "Wenn Besatzung da ist, darf man gegen die Besatzung vorgehen", betonte er und zog eine Parallele zu dem Recht der Ukraine, sich gegen Russland zu verteidigen.

Der Deutsch-Ägypter habe sich dann an den ägyptischen Nationalfeiertag am 6. Oktober erinnert und darum ein solches "Wortspiel" in arabischer Sprache aufgeschrieben. "Dass ich einen lächelnden Smiley dahinter gesetzt habe, gehört zu meiner Kommunikationsart", sagte der 52-Jährige. "Ich trage fast immer ein Lächeln im Gesicht." Er bestritt, dass eine Billigung von Straftaten vorliege. Der Post habe zunächst niemanden interessiert und den öffentlichen Frieden nicht tangiert. Die später folgende Diskussion habe ihm dann erst klargemacht, dass der Satz anders verstanden werden könne, als er ihn gemeint habe. Daher habe er ihn dann gelöscht.

Staatsanwalt Franck glaubte dies nicht und betonte, der Iman habe sich mit seinem Verhalten vor Gericht und den zahlreichen israelkritischen Posts, die dort verlesen wurden, "keinen Gefallen getan". Franck sagte, nach dem Verlauf der Verhandlung hätte er in seinem Plädoyer 120 Tagessätze gefordert - doch dazu kam es nun nicht mehr, da der Imam den Strafbefehl doch akzeptierte.

Zu spät reagiert

In den 30 Jahren, die er inzwischen in Deutschland lebe, habe er sich immer für Integration eingesetzt und für den interreligiösen Dialog, betonte der Geistliche. Er habe in Karlsruhe einen Integrationspreis bekommen, sei Mitinitiator eines muslimisch-jüdisch-christlichen Kulturzentrums in Wolfsburg gewesen und habe an der Uni Erlangen-Nürnberg islamische Religionslehrerinnen und -lehrer ausgebildet. Diese Aufzählung solle "zum Ausdruck bringen, welcher Mensch ich bin und welche Haltung ich habe".

Das solle auch gar nicht bestritten werden, sagte der Richter. Und jeder dürfe in Deutschland seine Meinung äußern - es gebe nur Grenzen und die habe der Imam spätestens dann überschritten, als er vom Ausmaß des Terrorangriffs wusste und seinen Post dennoch nicht löschte.

AG München, Urteil vom 18.04.2024 - 275 C 20050/23

Redaktion beck-aktuell, js, 11. Juni 2024 (ergänzt durch Material der dpa).