Unternehmer wurden trotz Handy-Flatrate unerwartet hohe Roaming-Kosten in Rechnung gestellt
Der Beklagte hatte bei einem großen Mobilfunkbetreiber einen Flatrate-Handy-Vertrag zu einem monatlichen Betrag von 50,17 Euro. Das Mobiltelefon wurde dem Vorstand zur Nutzung überlassen. Dieser begab sich auf eine Fernreise nach Kanada. Das Handy wählte sich dort in das ausländische Netz ein und verursachte so im Zeitraum eines Monats Roaming-Kosten in Höhe von insgesamt 2.464,39 Euro. Da der Beklagte hiervon nur einen Teil zahlte, wurde die Restforderung im Wege des Inkassos geltend gemacht. Der Beklagte meinte, der Mobilfunkbetreiber hätte ihn auf die stark ansteigenden Kosten hinweisen müssen. Die Klägerin meinte, entsprechende Informationspflichten gebe es nur gegenüber Verbrauchern und nicht in Bezug auf Unternehmer wie den Beklagten.
AG weist Zahlungsklage weitgehend ab
Das Amtsgericht hat die Klage weitgehend zurückgewiesen. Die Zedentin habe zwar dem Grunde nach Anspruch auf Zahlung der geltend gemachten Forderung für die Inanspruchnahme von Leistungen aus dem Mobilfunkvertrag inklusive der Roaming-Dienst-Gebühren. Dem Anspruch stehe aber die Einrede unzulässiger Rechtsausübung entgegen, weil der Beklagte Schadensersatz aus §§ 611, 280 Abs. 1, 3, 282 BGB wegen Verletzung einer Nebenpflicht verlangen könne. Denn die Zedentin hätte den Beklagten auf die hohen Roaming-Kosten hinweisen müssen. Für den Beklagten sei es bis zur Rechnungsstellung nicht erkennbar gewesen, erhöhte Kosten zu verursachen, sodass er keine weiteren Vorkehrungen habe treffen können, um diese zu verhindern. Dies gelte insbesondere angesichts des vereinbarten Flatrate-Tarifs, der per se ein gesteigertes Interesse an der Geringhaltung der Kosten und einer berechenbaren Kostengrundlage widerspiegele.
Schutzwirkung der Roaming-VO kann auch für Nicht-Verbraucher gelten
Bei Flatrate-Tarifen bestehe stets eine erhöhte Veranlassung der die überlegende Sachkunde innehabenden Vertragspartei, die andere Partei über stark ansteigende Kosten zu informieren. Eine solche Informationspflicht ergebe sich auch schon aus Art. 15 Abs. 3 EU Roaming-VO. Zwar sei die Vorschrift vorliegend mangels Verbrauchereigenschaft des Beklagten nicht anwendbar. Der zugrunde liegende Rechtsgedanke sei jedoch verallgemeinerbar auch auf Parteien anwendbar, die keine Verbraucher seien, da lediglich die fehlende Verbrauchereigenschaft der anderen Vertragspartei nicht das Ausnutzen überlegener Sachkunde rechtfertige. Lediglich der Schwellenwert, ab dem eine Informationspflicht bestehe, müsse bei unternehmerischen Vertragspartnern höher angesetzt werden, um insofern einer gewissen Erfahrung im Geschäftsverkehr und damit üblicherweise geringeren Schutzbedürftigkeit Rechnung zu tragen. Als Schwellenwert erscheine hier ein Betrag in zehnfacher Höhe des Basistarifs geeignet, welcher im vorliegenden Fall 501,70 Euro beträgt.