Unbefugtes Öffnen eines Pkw per Funksignal ist kein "Aufbrechen"
Lorem Ipsum
© Александр Поташев / stock.adobe.com

Die Hausratsversicherung muss nicht für aus einem Pkw entwendete Gegenstände zahlen, wenn das Fahrzeug unbefugt per Funksignal geöffnet wurde. Dies hat das Amtsgericht München mit inzwischen rechtskräftigem Urteil vom 12.03.2020 entschieden und eine Klage abgewiesen.

Keine Aufbruchspuren an funkverriegeltem Pkw

Der Pkw des Klägers kann mittels eines Keyless-Go-Systems über Funk ver- und entriegelt werden. Ende 2018 stellte der Kläger seinen Pkw ab und verließ ihn für fünf Minuten. In dieser Zeit wurde unter anderem ein Reisekoffer von einem unbekannten Täter entwendet. An dem Pkw befanden sich danach keine Aufbruchspuren. Der Kläger verständigte umgehend die örtlich zuständige Polizeidienststelle und erstattete Strafanzeige gegen Unbekannt. Dieses Verfahren wurde eingestellt, da kein Täter ermittelt werden konnte. Der Kläger begehrte von der Hausratsversicherung Zahlung in Höhe von 3.314,72 Euro für den entwendeten Koffer.

"Aufbrechen" durch Öffnen eines Pkw mittels Funksignal?

Der Vertrag über die Hausratsversicherung enthielt eine Klausel, wonach auch versicherte Sachen entschädigt werden, die "durch Aufbrechen eines verschlossenen Kraftfahrzeugs entwendet werden". Der Kläger trug vor, dass er den Pkw sicher verschlossen habe. Wahrscheinlich sei der Pkw vom unbekannten Täter durch eine sogenannte "Relay Attack" entriegelt worden, indem das Keyless-Go-System unbefugt mit einem Funksignal überwunden wurde. Er meint, dass auch eine unbefugte Öffnung des Pkw per Funksignal unter den Begriff "Aufbrechen" falle. Die Beklagte widersprach dem.

AG: Nach Wortlautauslegung eindeutig zu verneinen

Das AG hat die Klage abgewiesen. Das vom Kläger vermutete unbefugte Öffnen des Pkw per Funksignal falle nicht unter die Versicherungsbedingungen der Beklagten. Der Wortlaut des Begriffs "Aufbrechen" sei eindeutig. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch (und auch der Definition des Duden) umfasse ein "Aufbrechen" die Anwendung von Gewalt. Auch wenn nicht zwangsläufig eine Beschädigung der Sache erforderlich ist, falle unter "Aufbrechen" nach dem allgemeinen Sprachgebrauch sicher nicht jedes unbefugte Öffnen mittels Verstärkung eines Funksignals oder Verwendung eines "falschen" Funksignals.

Klare Begrenzung des Versicherungsumfangs erforderlich

Für die Kosten- und Risikokalkulation der Beklagten sei es zwangsläufig erforderlich, dass der Versicherungsumfang (und damit ihre zu erwartenden Risiken) klar abgegrenzt sind. Es könnten nicht einfach (später) zusätzliche versicherte Risiken durch Auslegung entgegen eines eindeutigen Wortlauts in den Vertrag aufgenommen werden.

Bei Gleichbehandlung erhebliche Missbrauchsgefahr

Für eine unterschiedliche Behandlung dieser Fälle spreche auch die Nachprüfbarkeit durch die Beklagte und die Beweislage. Bei dem versicherten gewaltsamen Aufbrechen dürften in der Regel Spuren hinterlassen werden. Im Fall einer elektronischen Überwindung per Funksignal könnte die Abgrenzung zum schlichten Vergessen des Absperrens durch den Versicherungsnehmer nur deutlich unsicherer anhand der Angaben des Versicherungsnehmers und eventuell von Zeugen erfolgen. Für die Beklagte wäre dies kaum nachprüfbar. Es bestünde eine nicht unerhebliche Missbrauchsgefahr. Die Berufung gegen das AG-Urteil wurde am 25.09.2020 zurückgewiesen.

AG München, Urteil vom 12.03.2020 - 274 C 7752/19

Redaktion beck-aktuell, 19. Oktober 2020.