Gepäckaufgabe verpasst: Kein Grund für Rücktritt von Flugreise
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Bei einer langen Anreise zum Flughafen sollte genügend Puffer eingeplant werden, um das Zeitfenster für die Gepäckaufgabe nicht zu verpassen. Ein Ehepaar hatte das nicht beachtet, die Gepäckaufgabe wurde ihm verwehrt. Es sah daraufhin von der Flugreise nach Kuba ab. Den Reisepreis bekamen die Eheleute aber nicht zurück.

In der gebuchten Pauschalreise nach Kuba war ein Rail & Fly-Ticket für eine Bahnfahrt am Tag des Hinfluges zum Flughafen München inbegriffen. Der Reiseveranstalter hatte empfohlen, die Anreise so zu planen, dass der Check-in Schalter zwei Stunden vor Abflug erreicht wird, zusätzlich solle man einen Zeitpuffer von 45 Minuten je 100 km Anreise einplanen. Das Ehepaar war trotz 400 km Anreise diesen Empfehlungen nicht gefolgt und hatte eine Zugverbindung gewählt, die schon planmäßig weniger als zwei Stunden vor Abflug den Flughafen erreichen sollte. Hinzu kam dann noch eine Verspätung.

So erreichten die Eheleute den Flughafen erst um 11 Uhr, als das Boarding bereits begonnen hatte und die Gepäckaufgabe nicht mehr möglich war. Das Angebot der Fluggesellschaft, den Flug ohne Aufgabegepäck anzutreten, lehnte das Ehepaar ab. Stattdessen wollte die Ehefrau nun ihr Geld zurück. Sie argumentierte, dass die Gepäckaufgabe laut Boardkarte bis 11:10 Uhr hätte möglich sein sollen.

Ehepaar hat Mitwirkungsobliegenheiten verletzt

Das AG München (Urteil vom 04.08.2021 - 158 C 4570/20) gab dem Reiseveranstalter Recht und wies die Klage auf Rückerstattung des Reisepreises in Höhe von fast 4000 Euro ab. Zwar habe die Ehefrau den Reisevertrag konkludent gekündigt, indem sie und ihr Mann die Flugreise trotz der ihnen gebotenen Möglichkeit nicht annahmen. Allerdings sei die Kündigung mangels (erheblichen) Reisemangels nicht wirksam. Denn Reisende hätten bei Flugreisen die Pflicht, rechtzeitig am Flughafen zur Abfertigung zu erscheinen und bei vereinbarter Bahnanreise müssten sie die Zugverbindung entsprechend planen. Diese Pflicht habe die Ehefrau dadurch verletzt, dass sie eine Zugverbindung gewählt habe, die eine planmäßige Ankunft am Flughafen nicht einmal zwei Stunden vor Abflug vorsah.

Auch der Hinweis auf der Boardkarte, nach dem die Eheleute bei Ankunft um 11 Uhr noch 10 Minuten Zeit gehabt hätten, ihr Gepäck aufzugeben, half ihnen nicht weiter. Laut Gericht durften sie nicht davon ausgehen, dass sie tatsächlich bis zur buchstäblich letzten Minute Gelegenheit haben würden ihr Gepäck abzugeben. Darauf deute bereits der Wortlaut des Hinweises "nicht später als" (statt: "bis") hin. Auch seien geringfügige Verschiebungen der Abflug- und Boardingzeiten vor und zurück aufgrund der Abläufe an einem großen Flughafen wie dem Münchner mit eng getakteten Zeitkorridoren und einer Vielzahl von Abflügen und Ankünften regelmäßig zu erwarten.

Außerdem handele es sich bei dem Hinweis lediglich um eine Erklärung der Erfüllungsgehilfin des Reiseveranstalters, auf die die Ehefrau angesichts der sich aus dem Rail & Fly-Ticket ergebenden entgegenstehenden Anreisehinweise des Reiseveranstalters und damit ihres Vertragspartners nicht hätte vertrauen dürfen.

AG München, Urteil vom 04.08.2021 - 158 C 4570/20

Redaktion beck-aktuell, gk, 16. Januar 2024.