AG München verneint Vorsatz bei Gebrauch unrichtigen Gesundheitszeugnisses

Wer sich von einer Arztpraxis per E-Mail und gegen Geld ein Attest zur Befreiung des Tragens einer Mund-Nasen-Bedeckung ausstellen lässt, ohne dort jemals als Patient vorstellig gewesen zu sein, macht sich nicht zwingend strafbar. Das hat das Amtsgericht München in einem Fall entschieden, in dem die Praxisassistentin entsprechende Atteste ohne Wissen des Arztes ausstellte. Dem angeklagten Patienten sei im konkreten Fall ein entsprechender Vorsatz nicht nachzuweisen, so das Gericht.

Münchner Arztpraxis stellt 4.700 Atteste ohne Untersuchung aus

Der Angeklagte hatte im November 2020 via E-Mail bei einer Münchner Arztpraxis ein Attest zur Befreiung von der Pflicht des Tragens einer Mund-Nasen-Bedeckung erbeten. Die Praxis hatte auf ihrer Internetseite mit entsprechenden Attesten gegen eine Bezahlung von 17 Euro geworben, wobei eine Untersuchung durch den ausstellenden Arzt nicht zwingend erforderlich war. Auf diese Weise stellte die Arztpraxis offenbar rund 4.700 Atteste aus und verschickte diese per Post an die Patienten. Die Atteste wurden jedoch nicht vom Arzt selbst, sondern von dessen Assistentin angefertigt. Der Arzt hatte hiervon offenbar keine Kenntnis. Der Angeklagte, auf den Polizeibeamten am Münchner Ostbahnhof aufmerksam geworden waren, da er trotz Maskenpflicht keine Maske getragen hat, gab an, er leide unter Hautausschlägen und allergener Atemnot und könne daher keine Maske tragen. Daher habe er das Attest "bestellt" und darauf vertraut, dass die Praxis ihm ein richtiges Attest ausstelle.

AG: Kein Vorsatz hinsichtlich des Gebrauchs unrichtiger Gesundheitszeugnisse

Nach den Feststellungen des Gerichts handelte es sich bei dem dem Angestellten zugesandten Attest nicht um ein "Blanko-Attest", das dieser selbst ausgefüllt hat. Vielmehr habe er seine Beschwerden der Arztpraxis per E-Mail mitgeteilt, worauf ihm ein Attest ausgestellt wurde, dass eine entsprechende, aber im Wortlaut abgeänderte "Diagnose" enthielt. Somit habe der Angeklagte nicht davon ausgehen müssen, dass das Attest ausgestellt worden sei, ohne dass sich ein Arzt mit den Krankheitssymptomen befasst habe. Insofern sei ihm zumindest kein Vorsatz nachzuweisen, dass es sich hierbei um ein unrichtiges Gesundheitszeugnis gehandelt habe. Eine Strafbarkeit wegen des Gebrauchs unrichtiger Gesundheitszeugnisse gemäß § 279 StGB scheide daher aus. Das Urteil ist aufgrund Berufung der Staatsanwaltschaft nicht rechtskräftig.

Redaktion beck-aktuell, 26. November 2021.