AG München: Freiheitsstrafe für Asylbewerber nach falscher Altersangabe und Ausweisfälschung

Ein afghanischer Asylbewerber ist vom Amtsgericht München am 12.02.2019 wegen Erschleichens eines Aufenthaltstitels und Urkundenfälschung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und elf Monaten ohne Bewährung verurteilt worden. Er hatte sein Alter falsch angegeben und ein gefälschtes Ausweisdokument vorgelegt. Das Urteil ist nach Berufung von Verteidigung und Staatsanwaltschaft nicht rechtskräftig (Az.: 851 Ds 386 Js 128899/18).

Afghane bezichtigt sich selbst des möglichen Polizistenmordes

Der Angeklagte verließ 2013 seine Heimat und besuchte in Deutschland zunächst die Berufsschule, jobbte dann in einem Altenheim. Während des Praktikums bei einem Elektriker verletzte er sich erheblich an einer Kreissäge. Mangels ausreichender Beschäftigung trank er täglich Alkohol, konsumierte auch Cannabis, wofür er auch eine kleine Geldstrafe erhalten hatte. Nachdem er sich selbst bezichtigt hatte, 2013 in seiner Heimat zusammen mit anderen Talibanschülern einen an einen Baum gefesselten afghanischen Polizisten, der ihm als Mörder eines Kameraden bezeichnet worden sei, geschlagen und auf den eventuell bereits Toten oder Bewusstlosen geschossen zu haben , wurde er dafür im Mai 2017 in Untersuchungshaft genommen. Später widerrief er vor dem OLG München seine bisherigen Angaben und behauptete nun umgekehrt, den Vorfall frei erfunden zu haben. Er wurde am 17.10.2018 vom OLG München vom Vorwurf dieser Taten nach dem Zweifelsgrundsatz freigesprochen.

Wegen falscher Tazkira weiter in U-Haft

Der Angeklagte blieb aber in U-Haft, weil er gegenüber der Münchner Niederlassung des Bundesamtes für Migration im Juli 2016 wie auch gegenüber dem Landratsamt Bad Tölz im Januar 2017 eine totalgefälschte Tazkira (üblicher afghanischer Identitätsnachweis) vorgelegt hatte, die ihm für das angebliche Erstellungsdatum 2010 ein geschätztes Alter von 13 Jahren bescheinigte. In München hatte er den 31.12.1994 als sein Geburtsdatum angegeben.

Gutachter widerspricht Altersangaben des Angeklagten

In der Hauptverhandlung räumte der Angeklagte zwar ein, dass er sich gegen Bezahlung die gefälschte Tazkira aus Afghanistan habe liefern lassen. An der Richtigkeit des von ihm angegebenen Geburtsdatums hielt er aber fest. Der ärztliche Sachverständige führte demgegenüber vor Gericht aus, dass aufgrund von im Dezember 2017 gefertigten Röntgenbildern die geschlossene Wachstumsfuge an der Hand auf ein Alter von mindestens 18 Jahren und die Entwicklung des Brustbein-Schlüsselbein-Gelenks auf ein durchschnittliches Alter von 28 bis 31 Jahren schließen lasse.

Gericht berücksichtigt schwierige Lebenssituation beim Urteil

Der zuständige Strafrichter ging davon aus, dass der Angeklagte spätestens am 06.07.1991 geboren wurde und wertete in seinem Urteil zu dessen Gunsten "seine insgesamt schwierige Lebenssituation“. Darüber hinaus spreche  zugunsten des Angeklagten, dass er sich hier über längere Zeit in Untersuchungshaft befand, für die er besonders haftempfindlich war. Zu Lasten des Angeklagten spreche hingegen seine Vorstrafe und auch der Umstand, dass er mit einem falschen Geburtsdatum ganz wesentlich falsche Angaben über seine Person gemacht habe. Darüber hinaus sei zu seinen Lasten seine hohe kriminelle Energie und seine sehr sorgfältige Tatplanung zu berücksichtigen.

Keine Bewährungsstrafe möglich

Die Vollstreckung der Freiheitsstrafe konnte laut Gericht nicht zur Bewährung ausgesetzt werden, da dem Angeklagten bereits eine positive Sozialprognose gemäß § 56 I StGB schlechthin nicht gestellt werden könne. Zwar spreche zugunsten einer positiven Sozialprognose der Umstand, dass der Angeklagte einigermaßen gut Deutsch spreche. Negativ sei aber zu berücksichtigen, dass der Angeklagte über keinerlei gesicherte Lebensverhältnisse verfüge, keine Zukunftsperspektive und feste Arbeit habe und zudem über keinerlei gesicherte soziale Verhältnisse verfüge, da er lange Zeit in Untersuchungshaft verbracht habe und bereits wegen Drogenkonsums straffällig geworden sei.

Redaktion beck-aktuell, 19. März 2019.