Eigenbedarfskündigung zur Unterbringung eines Au-pair

Die Unterbringung eines Au-pair in der nahegelegenen Wohnung kann eine Kündigung wegen Eigenbedarfs rechtfertigen. Dies zeigt ein Fall vor dem Amtsgericht München. Der Vermieter hatte nachvollziehbar dargelegt, dass in der von seiner Familie bewohnten Wohnung kein Platz für das Au-pair sei. Die Mieterin hatte zu einer von ihr behaupteten Krankheit dagegen nicht substantiiert vorgetragen und sich auch nur unzureichend um Ersatzwohnraum bemüht.

Eigenbedarfskündigung zur Unterbringung eines Au-pair

Der Kläger ist Vermieter einer Wohnung in München, die die Beklagte als Mieterin bewohnt. Der Kläger lebt seiner Ehefrau, die von zu Hause aus arbeitet, und drei Kindern, von denen zwei die Grundschule besuchen und eines erst ein Jahr alt ist, in einer Eigentumswohnung, die wenige Gehminuten von seiner vermieteten Wohnung entfernt liegt. Am 13.11.2019 kündigte er das Mietverhältnis mit Frist zum 31.08.2020 und begründete dies damit, dass er und seine Frau zum 01.09.2020 ein Au-pair einstellen wollten. In ihrer Wohnung, die aus einem Elternschlafzimmer, drei Kinderzimmern, einem Wohn- und Essbereich mit offener Küche sowie Bad und einem Büro bestehe, gebe es keine Möglichkeit zur Unterbringung des Au-pair, da sämtliche Räume bereits genutzt würden.

Mieterin beruft sich auf andere Unterbringungsmöglichkeiten

Die Beklagte trägt vor, eine Unterbringung des Au-pair in der Wohnung des Klägers müsse möglich sein. Weiter könne das Au-pair in einer in vergleichbarer Distanz anzumietenden Wohnung untergebracht werden. Sie selbst gelte mit einem Grad der Behinderung von 60 als schwerbehindert. Da sie zudem Hartz-IV-Leistungen beziehe, sei sie auf dem freien Wohnungsmarkt chancenlos. Sie habe sich um Ersatzwohnraum bemüht. Auch drohe eine Verschlechterung ihres mittelgradigen depressiven Syndroms.

AG bestätigt Eigenbedarfskündigung: Dargelegte Gründe überzeugend

Das AG München gab dem Kläger Recht. Der Kläger habe überzeugend dargelegt, nur mit der Hilfe eines Au-pair könne seine Frau ihrem Beruf wieder nachgehen und sei die Kinderbetreuung gleichzeitig sichergestellt. Es sei auch nicht erforderlich, dass das Bedürfnis für die Hilfskraft bereits bei Ausspruch der Kündigung besteht. Es genüge, dass aufgrund äußerer Umstände mit einiger Sicherheit damit gerechnet werden muss, dass der Vermieter die Dienste in naher Zukunft für seine Lebensführung benötigt.

Raumaufteilung in Familienwohnung des Vermieters nicht Sache der Mieterin

Die Argumentation der Beklagten, dass das jüngste Kind des Klägers noch kein eigenes Zimmer benötige, überzeugte das AG München nicht. Die Raumaufteilung innerhalb der eigenen Wohnung sei allein Sache des Klägers und seiner Familie. Sie unterliege lediglich einer Missbrauchskontrolle dahingehend, ob der verfügbare Wohnraum und die angegebene Nutzung in einem auffälligen Missverhältnis stehen, sodass sich der Verdacht aufdrängen müsste, die volle Ausnutzung des Wohnraumes werde nur vorgespiegelt, um die Kündigung zu ermöglichen. Dafür seien hier aber keine Anhaltspunkte erkennbar.

Argumente der Mieterin nicht ausreichend

Die Beklagte habe zudem nicht im Ansatz substantiiert dargestellt, dass sie wegen einer Krankheit an der Räumung gehindert sei. Auch die Tatsache, dass sie zu 60% schwerbehindert ist, reiche für sich genommen nicht aus. Ein Sachverständigengutachten erachtete das Gericht für nicht geboten. Es fehle bereits an hinreichenden Anknüpfungstatsachen. Die Beklagte habe fast ausschließlich nur im zentralsten Innenstadtbereich und nur in besonders beliebten Vierteln nach Ersatzwohnraum gesucht und so nicht nachgewiesen, alles Erforderliche und Zumutbare zur Erlangung einer Ersatzwohnung unternommen zu haben. Das AG München hat die Frist zur Räumung der Wohnung allerdings bis zum 31.07.2021 verlängert. Dies sei angemessen, weil die Beklagte den Kündigungsgrund nicht zu verantworten habe und Ersatzwohnraum infolge der Corona-Pandemie und des aktuellen Lockdown derzeit noch erheblich schwerer zu finden sei als normalerweise.

AG München, Urteil vom 12.01.2021 - 473 C 11647/20

Redaktion beck-aktuell, 28. Januar 2021.