Bewährungsstrafe für Abschiebung demenzkranker Mutter ins Pflegeheim

Ein Rentnerehepaar aus München hatte die Mutter des Mannes ohne medizinisches Erfordernis und richterliche Genehmigung für sieben Monate in der geschlossenen Demenzstation eines tschechischen Seniorenheims untergebracht. Vom Amtsgericht München wurden die Eheleute deshalb wegen Freiheitsberaubung zu einer Bewährungsstrafe von je einem Jahr und sechs Monaten verurteilt.

Ehepaar bringt 92-Jährige grundlos in geschlossener Abteilung unter

Im Januar 2019 holte das Ehepaar die Mutter des Mannes bei deren Entlassung aus einer gerontologischen Krankenhausabteilung gemeinsam ab und verbrachte sie in ein Seniorenheim nach Tschechien, in welchem die 92-Jähirge auf einer geschlossenen Station untergebracht wurde. Eine medizinische Notwendigkeit oder eine notwendige richterliche Genehmigung hierfür lagen nicht vor. Vielmehr hatte das Krankenhauspersonal bei Entlassung eine erneute häusliche Betreuung durch einen ambulanten Pflegedienst empfohlen.

Betreuerinnen finden Frau in verwahrlostem Zustand vor

Rund sieben Monate später suchten die Verfahrensbetreuerin und die Berufsbetreuerin, welche zwischenzeitlich die Ehefrau als vorläufige Betreuerin abgelöst hatten, die Frau in besagtem Pflegeheim auf. Die Frau sei in einem stark verschmutzten und ungepflegten Zustand gewesen, so die Betreuerinnen. Sie sei verängstigt gewesen und habe geweint. Sie habe außerdem einen massiven Dekubitus am Steißbein sowie drei tennisballgroße Hämatome am Rücken aufgewiesen. In dem Pflegeheim hätte niemand deutsch gesprochen. Die Frau habe offenbar darauf gewartet, dass ihr Sohn wieder aus dem Urlaub komme und sie dort abhole. Dieser hatte jedoch zwischenzeitlich mit seiner Ehefrau die Wohnung seiner Mutter bezogen.

Verurteilung wegen Freiheitsberaubung 

Das Amtsgericht hat das Ehepaar jeweils wegen Freiheitsberaubung nach § 239 Abs. 1, Abs. 3 StGB verurteilt. Die Angeklagten hätten zumindest billigend in Kauf genommen, dass die Geschädigte länger als eine Woche der Freiheit beraubt werde, weshalb die Freiheitsberaubung als Verbrechen zu qualifizieren sei. Zu Gunsten beider Angeklagten habe das Gericht das vollumfängliche Geständnis sowie den Umstand berücksichtigt, dass beide noch nicht strafrechtlich in Erscheinung getreten seien. Sie seien außerdem offensichtlich mit der Pflege der demenzkranken Frau überfordert gewesen. Zu Lasten beider Angeklagten seien der lange Zeitraum von sieben Monaten ins Gewicht gefallen sowie der sehr schlechte psychische und physische Zustand der Geschädigten bei ihrer Befreiung. Schließlich sei zu Ungunsten der Angeklagten zu berücksichtigen, dass diese die Geschädigte unter Vorspiegelung falscher Tatsachen nach Tschechien verbracht hätten. Sie hätten ihr erzählt, dass sie sie nur vorübergehend in dem Heim unterbringen würden, während sie selbst im Urlaub seien. Dies habe zur Folge gehabt, dass die Geschädigte monatelang - vergeblich - auf Besuche bzw. die Abholung gewartet habe.

Redaktion beck-aktuell, 20. August 2021.