Ausstellungsfahrzeug ist kein Neuwagen mehr

Ein Fahrzeug, das in der Niederlassung eines Automobilherstellers ausgestellt wird und von Besuchern besichtigt werden kann, ist nicht mehr "ungenutzt" im Sinne der Neuwagendefinition. Das Amtsgericht München verurteilte deshalb mit einem am Freitag bekannt gewordenen Urteil einen großen schwäbischen Automobilhersteller im Weg der Minderung 1.000 Euro des für den Sportwagen bereits gezahlten Kaufpreises an die Klägerin wieder zurück zu erstatten.

Klägerin: Wagen wurde vor Kauf bereits benutzt

Die Klägerin erwarb Ende des Jahres 2019 in der Münchner Niederlassung des Autoherstellers den Wagen mit einem Listenpreis von 61.788,90 Euro für 54.604,10 Euro. Der Pkw, der bereits 2018 produziert worden war, befand sich zur Zeit des Kaufes in einer anderen Niederlassung des Autoherstellers und war dort ausgestellt. Zugelassen oder gefahren worden war das Fahrzeug nicht. Nur etwa einen Monat nachdem die Klägerin ihren Wagen erhalten hatte, musste sie die Pannenhilfe in Anspruch nehmen, weil die Batterie defekt war. Zudem stellte sie Kratzer, kleinere Dellen und Abschürfungen etwa an den Einstiegsleisten fest. Die Klägerin meinte, sie habe anstatt eines fabrikneuen ein gebrauchtes Fahrzeug erhalten. Der ihr übergebene Wagen sei bereits benutzt und darüber hinaus auch beschädigt gewesen. Man habe ihr beim Kauf gesagt, dass sie ein Lagerfahrzeug kaufe, das aus einer anderen Niederlassung überführt werden müsse. Davon, dass dieses dort auch ausgestellt worden sei, habe sie jedoch nichts gewusst. Sie forderte daher eine Minderung des Kaufpreises in Höhe von 5.000 Euro.

Neuwagen trotz vorheriger Ausstellung?

Die Beklagte war der Ansicht, es handle sich trotz der vorherigen Ausstellung des Pkw noch um ein Neufahrzeug, denn schließlich sei dieses erstmals auf die Klägerin zugelassen worden. Es seien auch keine Probefahrten damit durchgeführt worden. Daher sei das Auto neu und kein Vorführwagen. Die beschädigte Batterie ersetzte die Beklagte bereits vor Prozessbeginn.

Anderweitige Nutzung des Fahrzeugs reicht aus

Die zuständige Richterin gab der Klägerin jetzt grundsätzlich recht. "Ein Fahrzeug ist dann ein Neuwagen, wenn es unbenutzt ist, das Modell des Fahrzeugs unverändert weitergebaut wird, es keine durch längere Standzeit bedingten Mängel aufweist und wenn zwischen Herstellung des Fahrzeugs und Abschluss des Kaufvertrages nicht mehr als zwölf Monate liegen", betonte sie. Das Gericht ging davon aus, dass ein "unbenutztes" Kraftfahrzeug nicht nur bedeutet, dass es – wie hier – noch nicht zugelassen beziehungsweise noch nicht gefahren wurde, sondern dass auch eine anderweitige Benutzung des Fahrzeugs dazu führen kann, dass es nicht mehr als "unbenutzt" im Sinn der Neuwagendefinition des Bundesgerichtshofs gilt. Bei Ausstellung eines Fahrzeugs in einer Niederlassung werde es jedenfalls von einer unbestimmten Anzahl von Personen innen und außen angefasst, Türen und Kofferraum würden vielfach geöffnet, es werde probegesessen und Sitze würden verstellt. Ein Ausstellungsfahrzeug in einer Niederlassung eines Automobilherstellers unterliege somit einer wiederholten körperlichen Nutzung und sei daher nicht mehr ungenutzt, betonte das Gericht.

Abstriche bei Höhe der Forderung

Die klägerische Bezifferung der Minderung im Gerichtsverfahren auf 5.000 Euro war nach Ansicht des Gerichts allerdings überhöht. Bei der Minderung sei der Kaufpreis in dem Verhältnis herabzusetzen, in welchem zur Zeit des Vertragsschlusses der Wert der Sache in mangelfreiem Zustand zu dem wirklichen Wert gestanden haben würde. Die Minderung sei, soweit erforderlich, durch Schätzung zu ermitteln (§ 441 Abs. 3 BGB). Das Gericht schätzte vorliegend gemäß § 287 ZPO den Minderungsbetrag auf 1.000 Euro. In die Schätzung ließ die Vorsitzende unter anderem einfließen, dass einerseits "die Vereinbarung Neuwagen ein feststehender Begriff mit besonderer Relevanz beim Autokauf" sei, andererseits jedoch "bei Vertragsschluss bereits ein erheblicher Abschlag vom Listenpreis gewährt worden" sei.

AG München, Urteil vom 17.12.2021 - 271 C 8389/21

Redaktion beck-aktuell, 25. Februar 2022.