AG München: Ausbruch des Vulkans Turrialba rechtfertigte Kündigung eines Reisevertrags wegen höherer Gewalt

Der Ausbruch des Vulkans Turrialba vom 13.03.2015 berechtigte zur Kündigung eines Reisevertrags nach Costa Rica wegen höherer Gewalt. Dies hat das Amtsgericht München entschieden. Nach dem mittlerweile rechtskräftigen Urteil vom 24.05.2018 muss eine Münchener Reiseveranstalterin Kunden, die eine Reise nach Costa Rica gekündigt hatten, nun den noch nicht erstatteten Reisepreis von rund 4.885 Euro zurückzahlen (Az.: 133 C 21869/15).

Eheleute kündigten Reise wegen Vulkanausbruchs

Der Kläger und seine Frau buchten am 04.12.2014 eine Reise nach Costa Rica für den Zeitraum vom 15.03.2015 bis 27.03.2015. Die Reise bestand aus einer Mietwagenrundreise mit Aufenthalten in der Nähe des Vulkans Turrialba, in einem Nationalpark und in San José sowie den Hin- und Rückflügen. Am 13.03.2015 brach in Costa Rica der Vulkan Turrialba aus, der sich in einer Entfernung von circa 80 Kilometern von der Hauptstadt San José befindet. Die hierdurch entstehende Aschewolke breitete sich bis zur Hauptstadt San José aus. Der Flugverkehr wurde am 13.03.2015 für einige Stunden gestoppt. Es erfolgte eine Evakuierung von Dörfern im Umkreis von zwei Kilometern des Vulkans. Die Menschen in San José wurden aufgefordert, ihre Augen vor der Asche zu schützen. Aufgrund des Ausbruchs wurde auch die Zufahrt zu einem Nationalpark – der auf der Reiseroute des Klägers lag – gesperrt. Durch das Auswärtige Amt wurde darauf hingewiesen, dass die Asche zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen wie Augenreizungen und – bei entsprechender Vorerkrankung – zu Atembeschwerden führen könne. Es wurde daher empfohlen, im Freien am besten eine Atemmaske zu tragen. Am Morgen des 14.03.2015 kündigten der Kläger und seine Ehefrau gegenüber der Beklagten die Reise. Dem Kläger wurde vorgerichtlich ein Teilbetrag in Höhe von 834,72 Euro erstattet.

Reiseveranstalterin und Kunden streiten um Recht zu Kündigung

Der Kläger behauptet, dass seine Frau gerade erst eine Bronchialerkrankung auskuriert hatte, man bei Kündigung auch mit weiteren Ausbrüchen rechnen musste und es ihm bei der Reise gerade auf das Naturerlebnis, die Landschaft und insbesondere den Nationalpark  als Hauptattraktionen Costa Ricas angekommen sei. Die Beklagte behauptet, dass die Reise hätte vollständig durchgeführt werden können. Durch den Vulkanausbruch sei nur eine eng umgrenzte Region betroffen gewesen, ein Ausweichen mit dem Mietwagen sei daher möglich gewesen. Eine Kündigung wegen höherer Gewalt scheide aus, da keine unvorhersehbare Gefährdung vorliege. In Regionen wie Costa Rica mit insgesamt zehn Vulkanen und davon vier aktiven Vulkanen müsse stets mit einem Ausbruch wie zuletzt am 29.10.2014 gerechnet werden

AG München: Ausbruch des Vulkans Turrialba war nicht vorhersehbar

Das AG München gab den Klägern Recht. Bei dem Ausbruch des Vulkans Turrialba in Costa Rica handele es sich um einen Fall unvorhersehbarer höherer Gewalt. Allein die Kenntnis, dass es zu häufigeren kleinen Ausbrüchen kommt und dies sich auch in naher Vergangenheit so ereignete, führe nicht zu einer Vorhersehbarkeit des streitgegenständlichen Vulkanausbruchs vorliegenden Ausmaßes und konkreter Begleitumstände. Auch gerade hinsichtlich des Ausbruchs des Turrialbas am 29.10.2014 habe keine gesteigerte Ausbruchswahrscheinlichkeit für die Folgemonate festgestellt werden können, da dieser auch Perioden über Monate und Jahre ohne Ausbruch gezeigt habe.

Reisende durften aufgrund der Medienberichte im Kündigungszeitpunkt von Gefährdung ausgehen

Nach Ansicht des AG genügen die von der Klagepartei vorgelegten Medienberichte aus, um zum Zeitpunkt der Kündigung von einer Gefährdung der Reisenden bei Antritt der Reise ausgehen zu können. Es sei in diesem Zusammenhang einem Reisenden nicht zumutbar, die Informationsquellen der Medienberichte zu erforschen und hieraus abzuleiten, ob es sich um Übertreibungen und Dramatisierungen handelt oder ob die tatsächlichen Gegebenheiten wahrheitsgetreu wiedergegeben werden. Beachtet werden müsse auch, dass die Reisenden auch Kontakt mit einem in Costa Rica lebenden Bekannten aufgenommen hätten, der ebenfalls die Zustände bestätigt habe.

Auch Sachverständiger bestätigt Einschränkungen aufgrund Vulkanausbruchs

Gemäß den Ausführungen des Sachverständigen habe sich der Auswurf von größeren Gesteinsfragmenten nur in unmittelbare Umgebung des Vulkans ereignet, die ausgestoßene Vulkanasche sei hingegen von den vorherrschenden Winden verdriftet worden. Vulkanasche habe grundsätzlich mehrere unmittelbare negative Auswirkungen. Die Sichtverhältnisse würden beeinträchtigt, durch die Asche auf dem Asphalt ergäben sich schwierige Straßenverhältnisse, es könnten Gesundheitsprobleme durch das Einatmen feiner vulkanischer Asche sowie vulkanischer Gase sowie Augenreizungen eintreten und Flughäfen könnten aufgrund der Konzentration der Vulkanasche in der Atmosphäre gesperrt werden.

AG München, Urteil vom 24.05.2018 - 133 C 21869/15

Redaktion beck-aktuell, 28. Januar 2019.

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