AG München: Englisch-Einzelunterricht für Sprachreisenden nicht gleichwertig mit gebuchtem Gruppenunterricht

Ein Sprachreisender kann bei Nichtzustandekommen seines gebuchten Gruppenkurses auch dann Anspruch auf Schadenersatz haben, wenn ihm vom Reiseveranstalter ersatzweise Einzelunterricht angeboten wird. Dies hat das Amtsgericht München mit mittlerweile rechtskräftigem Urteil vom 26.04.2016 klargestellt. Angemessen sei eine 20%-ige Minderung des Reisepreises. Einen Anspruch wegen vertaner Urlaubszeit lehnte das Gericht dagegen ab (Az.: 283 C 20981/15).

Einzelunterricht abgelehnt

Der Kläger aus Köln buchte bei dem beklagten Sprachreiseveranstalter eine Sprachreise nach Fort Lauderdale in den Vereinigten Staaten von Amerika in der Zeit vom 01.05.2015 bis zum 04.06.2015. Der Gesamtpreis für Sprachkurs und Unterbringung betrug 2.469,75 Euro. Der Sprachkurs beinhaltete unter anderem auch einen vierwöchigen Kurs "Mini Business" mit jeweils 20 Lektionen pro Woche. Aufgrund mangelnder Teilnehmerzahlen kam die Business Minigruppe lediglich in der Woche vom 18.05. bis zum 22.05.15 zustande. Für die übrige Zeit hatte der beklagte Sprachreiseveranstalter dem Kläger angeboten, den Kurs als Einzelunterricht durchzuführen. Der Einzelunterricht ist teurer als der gebuchte Sprachkurs in der Minigruppe und hätte am Nachmittag stattgefunden. Die Gruppenkurse wurden vormittags abgehalten. Der Kläger lehnte den angebotenen Einzelunterricht ab und besuchte stattdessen einen Englischkurs "General English Extra", bei dem die Teilnehmerzahl bei durchschnittlich zehn Personen lag mit insgesamt 24 Lektionen pro Woche.

Differenz der Kursgebühren und Schadenersatz für verschwendete Urlaubszeit verlangt

Der Kläger meint, dass der Reiseveranstalter ihn darauf hätte hinweisen müssen, dass der gebuchte Kurs nicht zustande kommt. Der angebotene Einzelunterricht sei mit einem Gruppenunterricht nicht vergleichbar. Da der Einzelunterricht nachmittags stattgefunden hätte, wäre der Kläger vom sozialen Leben der übrigen Mitstudenten isoliert gewesen. Der Kläger verlangt vom Beklagten Ersatz des ihm entstandenen Schadens. Neben der Differenz der Kursgebühren machte er Schadenersatz für nutzlos aufgewendete Urlaubszeit geltend. Insgesamt verlangte er 1.407,29 Euro. Der Beklagte beruft sich darauf, dass er nach der Formulierung im Katalog unter der Rubrik "Wichtiges und Wissenswertes“ berechtigt gewesen sei, anstatt des geschuldeten Minigruppen Kurses einen gleichwertigen oder intensiveren Unterricht durchzuführen.

Klage nur zu geringem Teil begründet

Das AG hat den Beklagten zur Zahlung von 370,46 Euro verpflichtet und die darüber hinausgehende Klage abgewiesen. Während des Zeitraums von drei Wochen, in dem nicht der geschuldete Sprachkurs stattfand und der Kläger am allgemeinen Englischkurs teilnahm, ist der Reisepreis nach Auffassung des Gerichts um den Betrag von 370,46 Euro zu mindern. Eine 20%-ige Minderung des anteiligen Reisepreises sei angemessen. Zu berücksichtigen sei, dass die von der Klagepartei gewünschten sozialen Kontakte nicht Gegenstand der vertraglichen Leistung waren und zu dem ja gerade die Wahl des allgemeinen Englischkurses als Gruppenkurs möglich gewesen sei, so das Gericht.

AGB-Regelung zur Teilnehmerzahl überraschend

Der angebotene Einzelunterricht möge zwar höherpreisig und auch intensiv sein. Er sei zu dem vertraglich geschuldeten Unterricht in Minigruppen jedoch nicht gleichwertig. Lernen in der Gruppe sei erfahrungsgemäß etwas anderes als ein Einzelunterricht, betonte das AG weiter. Die Regelung zur Teilnehmerzahl in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen, wonach der Beklagte die geschuldete Leistung durch einen intensiveren Einzelunterricht hätte ersetzen dürfen, sei überraschend und somit nicht wirksamer Vertragsbestandteil geworden. Der Kläger habe nicht damit rechnen müssen, dass sich der Beklagte ein derart weitreichendes Recht zur Leistungsänderung in seinem Katalog einräumt.

Kein Schadenersatz wegen vertaner Urlaubszeit

Das Gericht sprach dem Kläger keinen Schadenersatz wegen vertaner Urlaubszeit so. Gerade unter Berücksichtigung des Urlaubszwecks sei der Urlaub nicht ganz oder teilweise vertan gewesen. Eine erhebliche Beeinträchtigung wäre erst dann anzunehmen, wenn eine Minderungsquote von mehr als 50% als angemessen anzusehen ist. Dies sei im Streitfall zu verneinen.

AG München, Urteil vom 26.04.2016 - 283 C 20981/15

Redaktion beck-aktuell, 8. März 2017.

Mehr zum Thema