Nachbar verspricht zunächst Rückschnitt im Frühjahr
Die Klägerin bewohnt ein Haus, das an das vom Beklagten bewohnte Grundstück grenzt. Am 29.09.2016 forderte der Anwalt der Klägerin den Beklagten schriftlich zu einem Rückschnitt seiner Thujen auf. Der Beklagte antwortete mit Schreiben vom 23.10.2016 unter dem Betreff "Ihr Schreiben vom 29.09.2016". Darin heißt es unter anderem wörtlich: "Wir werden die erforderlichen Maßnahmen im Frühjahr 2017 durchführen". Am 22.07.2017 schrieb der Beklagte dann aber, dass er nun die Einrede der Verjährung erhebe und keine Rückschnittmaßnahmen vornehme.
Rückschnitt auch in Schlichtungsverfahren vereinbart
In einem von der Klägerin betriebenen Schlichtungsverfahren, das notwendige Voraussetzung für eine beabsichtigte Klage ist, einigten sich die Parteien darauf, dass der Beklagte die Thujen, mit Ausnahme der beiden mittleren, auf eine Höhe von zwei Meter zurückschneide und künftig auf dieser Höhe halte. Die Niederschrift wurde von dem beurkundenden Notar, nicht aber von den Parteien unterschrieben. Der Beklagte erklärte, sich an die getroffene Vereinbarung nicht halten zu wollen, da diese unstreitig nicht formwirksam zustande gekommen ist.
Nachbar beruft sich auf Verjährung
Der Beklagte erhebt die Einrede der Verjährung. Der verlangte Rückschnitt könne die Thujenpflanzen zerstören, beeinträchtige die dort lebenden Vögel und sei nach dem Bundesnaturschutzgesetz im Zeitraum vom 01. März bis 30. September unzulässig.
AG München bejaht Anspruch auf Rückschnitt
Das AG München gab der Klägerin Recht. Diese habe gegen die Beklagten einen Anspruch auf Rückschnitt der Thujenpflanzen aus Art. 47 AGBGB. Nach dieser Vorschrift könne der Eigentümer eines Grundstücks verlangen, dass auf einem Nachbargrundstück unter anderem Sträucher oder Hecken, die über zwei Meter hoch sind, nicht in einer geringeren Entfernung als zwei Meter von der Grenze seines Grundstücks gehalten werden.
Verjährung wegen Rückschnittszusage noch nicht eingetreten
Gemäß § 52 AGBGB verjähre der Anspruch auf Beseitigung eines den Art. 47 AGBGB verletzenden Zustands nach fünf Jahren. Diese seien vorliegend noch nicht abgelaufen. Zwar beginne die Verjährung grundsätzlich mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Eigentümer des Grundstücks von den den Anspruch begründenden Umständen Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Vorliegend sei jedoch entscheidend zu berücksichtigen, dass in dem Schreiben des Beklagten vom 23.10.2016 ein Anerkenntnis im Sinne von § 212 BGB zu sehen sei und die Verjährung daher mit Zugang des entsprechenden Schreibens neu begonnen habe. Vor dem Hintergrund dieses Schreibens und der darin enthaltenen Zusage habe die Klägerseite dann auch ohne Weiteres verjährungshemmende Maßnahmen für entbehrlich halten und sich darauf verlassen dürfen, dass der Beklagte die von ihm selbst getätigten Zusagen einhält.
Mögliche Beschädigungen der Pflanzen im alleinigen Verantwortungsbereich des Beklagten
Schließlich sei unerheblich, inwieweit es bei einem Rückschnitt der Thujen zu einer Beschädigung der Pflanzen kommt. Sollte dies der Fall sein, wäre dies allein vom Beklagten beziehungsweise von dessen Ehefrau zu vertreten. Diese hätten es in der Hand gehabt, die Thujen durch einen stetigen schonenden Rückschnitt auf einer zulässigen Höhe zu halten. Allein weil der Beklagte dies bislang unterlassen habe, werde jetzt ein radikaler Rückschnitt erforderlich, dessen Risiken und Folgen für den Fortbestand der Thujen auch entsprechend allein vom Beklagten zu tragen seien.
Bundesnaturschutzgesetz steht Anspruch auf Rückschnitt nicht entgegen
Letztlich stehe auch § 39 Abs. 5 Ziffer 2 des Bundesnaturschutzgesetzes dem Anspruch der Klägerin nicht entgegen, so das AG. Vielmehr bleibe es zunächst einmal allein die Aufgabe des Beklagten, seine zivilrechtlichen Verpflichtungen gegenüber der Klägerin unter gleichzeitiger Einhaltung des Bundesnaturschutzgesetzes zu erfüllen. Vor diesem Hintergrund begründe die Vorschrift in den dort genannten Zeiten allenfalls ein vorübergehendes Vollstreckungshindernis. An der grundsätzlichen Verpflichtung des Beklagten gegenüber der Klägerin ändere die Vorschrift nichts.