Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass der 70-Jährige "mit unvergleichlicher krimineller Energie" eine Intrige gegen den Leiter der Münchner Rechtsmedizin gesponnen hatte. Die Staatsanwältin spricht von "hinterhältigen, heimtückischen Machenschaften", deren Ziel es gewesen sei, "die Existenz des Geschädigten restlos zu vernichten". Die Vorwürfe, Urkundenfälschung, Verleumdung und Betrug, gegen den Angeklagten hält die Staatsanwaltschaft "in vollem Umfang für bestätigt". Der Tatvorwurf sei "glasklar nachzuweisen".
Dieser Tatvorwurf klingt besonders skurril: Der 70-jährige Angeklagte soll die höchst aufwendige Fälschung eines kompletten wissenschaftlichen Buches beauftragt haben. Die danach erhobenen Plagiatsvorwürfe sollten den Leiter des rechtsmedizinischen Instituts der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität, Matthias Graw, treffen.
Laut Staatsanwaltschaft hatte der Angeklagte von Ghostwritern einen vermeintlich wissenschaftlichen Sammelband aus den 1980er Jahren zu einem rumänischen Medizinerkongress verfassen lassen. Darin seien gezielt Passagen aus der Doktorarbeit des Rechtsmediziners eingebaut worden. So habe der Eindruck entstehen sollen, Graw habe für seine Dissertation abgeschrieben.
Eigens gedruckte Exemplare des Bandes ließ der Angeklagte – selbst Träger zweier Doktortitel – den Ermittlungen zufolge dann auf einer Auktionsplattform im Internet versteigern. Zudem soll er Plagiatsjäger beauftragt haben, die er explizit auf das Buch hinwies. Diese gingen am Ende mit ihren Ergebnissen eines vermeintlichen Plagiatsskandals an die Öffentlichkeit und informierten die Universität Hamburg, die ein Prüfverfahren einleitete.
Rache als Motiv?
Als Motiv des Angeklagten vermutet die Staatsanwaltschaft Rache. Er habe sich am Rechtsmedizinischen Institut dafür rächen wollen, dass seine Mutter nach ihrem Tod im Jahr 2020 gegen seinen Willen obduziert worden war. Die Staatsanwaltschaft hatte damals Ermittlungen aufgenommen, um zu klären, woran die Frau gestorben war. Diese Ermittlungen wurden nach Angaben einer Sprecherin der Behörde allerdings schon 2021 eingestellt.
Ursprünglich hatte das AG München am Donnerstag das Urteil sprechen wollen (Az.: 1111 Ls 122 Js 188294/22 (3)), das war aber wegen eines noch offenen Befangenheitsantrages gegen den Richter zunächst nicht möglich. Weil die Verteidiger des Angeklagten allein sieben neue und allesamt abgelehnte Beweisanträge stellten und auch mehrere Befangenheitsanträge gegen das Gericht, verzögerte sich die Verhandlung und wurde immer wieder unterbrochen.
Die beiden Anwälte sahen sich auch nicht in der Lage, nach dem Schlussvortrag von Staatsanwaltschaft und Nebenklage ihr Plädoyer zu halten. Das soll nun am 18. Februar nachgeholt werden. Dann will das Gericht auch das Urteil sprechen.