Au­to­la­den über den Haus­strom: Kün­di­gungs­grund?

Wer sein elek­tri­sches Auto an einer Ge­mein­schafts­steck­do­se auf­lädt, lie­fert damit nicht un­be­dingt einen frist­lo­sen Kün­di­gungs­grund. Das AG Le­ver­ku­sen wies eine Räu­mungs­kla­ge bei einem Scha­den von unter 50 Euro ab, weil der Mie­ter den Haus­frie­den wie­der­her­ge­stellt hatte.

Ein Mie­ter­paar im Mehr­fa­mi­li­en­haus fand eine bil­li­ge Mög­lich­keit, das E-Auto auf­zu­la­den: Sie häng­ten den Wagen ein­fach zehn Mal an die Haus­steck­do­se. Die Nach­barn waren nicht so be­geis­tert, son­dern be­schwer­ten sich beim Ver­mie­ter. Sie ver­lang­ten, dass die­ses Ver­hal­ten so­fort un­ter­bun­den wird und sie selbst einen Scha­dens­aus­gleich in der nächs­ten Be­triebs­kos­ten­ab­rech­nung er­hal­ten.

Der Ver­mie­ter ging weit dar­über hin­aus und kün­dig­te das Miet­ver­hält­nis frist­los und hilfs­wei­se or­dent­lich. Der Mie­ter ver­such­te noch, die Si­tua­ti­on zu be­sänf­ti­gen, indem er sich ent­schul­dig­te, sei­nen Wagen fort­an wo­an­ders lud und 600 Euro als Aus­gleich anbot, aber ver­ge­bens – die Kün­di­gung blieb be­stehen und der Ver­mie­ter klag­te auf Räu­mung der Woh­nung. Das AG Le­ver­ku­sen (Ur­teil vom 17.05.2024 – 22 C 157/23) gab der Klage je­doch nicht statt.

Strom­dieb­stahl als schwe­re Pflicht­ver­let­zung

Die au­ßer­or­dent­li­che Kün­di­gung nach § 543 BGB ist laut der Amts­rich­te­rin un­wirk­sam. Es be­stehe keine Wie­der­ho­lungs­ge­fahr und der Mie­ter habe Wie­der­gut­ma­chung des Scha­dens an­ge­bo­ten, womit der Haus­frie­den wie­der­her­ge­stellt sei. Im Üb­ri­gen, be­rech­ne­te das AG, be­tra­ge der Scha­den we­ni­ger als 50 Euro.

Bei die­sem ge­rin­gen Scha­den sah die Le­ver­ku­se­ner Rich­te­rin kei­nen wich­ti­gen Grund für die Kün­di­gung. Zwar be­rech­ti­ge der "Strom­klau" ge­ne­rell zur frist­lo­sen Kün­di­gung, al­ler­dings müsse auch die Dauer und die Menge des Stroms dabei be­rück­sich­tigt wer­den, um die Schwe­re der Pflicht­ver­let­zung zu be­mes­sen. So sei es ein Un­ter­schied, ob man den Strom für den Be­trieb eines Te­le­fons oder für eine en­er­gie­in­ten­si­ve Bau­ma­schi­ne nutze.

Auch auf­ge­brach­te Mit­mie­ter sah die Amts­rich­te­rin hier nicht (mehr) als Grund an: Sie hät­ten le­dig­lich ver­langt, das Auto nicht mehr zu­la­den, und ihren Scha­den er­setzt zu be­kom­men. Nach­dem die Fa­mi­lie ihr Fehl­ver­hal­ten ein­ge­se­hen habe und den Aus­gleich des Scha­dens an­ge­bo­ten habe, sei der Haus­frie­den wie­der­her­ge­stellt.

Je­den­falls hätte der Ver­mie­ter den Mann vor­her ab­mah­nen müs­sen, § 543 Abs. 3 BGB. Auch die or­dent­li­che Kün­di­gung ist nach An­sicht des AG nicht wirk­sam, weil sie nach § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB einer er­heb­li­chen Pflicht­ver­let­zung be­darf. Eine sol­che liege nicht vor. 

AG Leverkusen, Urteil vom 17.05.2024 - 22 C 157/23

Redaktion beck-aktuell, rw, 29. Juli 2024.