Ein Mann sammelte Zitate von Äußerungen, mit denen zwischen 2021 und 2022 Impfgegnerinnen und -gegner öffentlich angegriffen worden waren (zum Beispiel "Impfgegner sind Bekloppte!"). Unter der Überschrift "Wir haben mitgemacht! Wir haben ausgegrenzt, diffamiert, diskreditiert, beleidigt und Menschen gecancelt. Im Dienste der Wissenschaft!" veröffentlichte er die Zitate und ihre Urheber in einem Thread auf einer Online-Plattform. In einem Nachtrag zu diesem Thread verwies er auf eine Webseite, die ein Archiv für Corona-Unrecht errichten wollte*. Auf dieser Webseite ließen sich nach seiner Auskunft alle von ihm in seinem Thread zitierten Aussagen der Personen des öffentlichen Lebens auch im Internet abrufen.
Die Staatsanwaltschaft betrachtete dieses Vorgehen des Mannes als "Gefährdendes Verbreiten personenbezogener Daten" nach § 126a StGB und klagte ihn an. Die Anklage wurde erst auf eine sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft durch das LG zugelassen. Das AG Köln sprach den Mann nun frei, und zwar aus rechtlichen Gründen (Urteil vom 12.06.2024 – 539 Ds 156/24). Sein Thread und die Zitate seien von der Meinungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 GG gedeckt und erfüllten den Straftatbestand des § 126a StGB nicht. Die Äußerungen seien weder geeignet noch dazu bestimmt, die Urheber der Zitate zu gefährden.
Keine Feindesliste
Der erst 2021 eingeführte Straftatbestand § 126a StGB hatte sogenannte Feindeslisten im Blick, die zumeist anonym von Extremisten im Internet verbreitet werden und mehr oder weniger dazu auffordern, die benannten Personen an ihrem Wohnort aufzusuchen und Straftaten an ihnen zu verüben.
Das AG Köln sieht hier das sachliche Anliegen, die Covid-19-Maßnahmen zu kritisieren, im Vordergrund. Die zitierten Äußerungen bezögen sich auf die Impfpflicht und auf den Umgang mit nicht geimpften Personen. Das politische Anliegen, die berufsbezogene Impfpflicht wieder abzuschaffen und das Zeitgeschehen aufzuarbeiten, könne auch emotional und polemisch vertreten werden, unterstreicht das Gericht. Der Thread sei deshalb nicht geeignet, Personen zu gefährden. Die Äußerungen sind der Strafrichterin zufolge auch nicht dazu bestimmt, die zitierten Personen zu gefährden, da sie auf der Seite weder implizit noch ausdrücklich bedroht würden. Sie sah auch keinerlei Vorsatz des Mannes dahingehend.
(* In einer ersten Version des Textes hieß es, der Angeklagte habe selber ein Archiv für Corona-Unrecht betrieben. Das ist nicht richtig. jvh, 27.8.2024, 10:55 Uhr)