"Ein 88 Jahre alter Pensionär (Antragsteller) mit guter Bonität…", so beginnt Dr. Friedrich Heither einen Fachaufsatz für die VuR. Die Besonderheit: Heither schreibt in eigener Sache. Er schildert seinen erfolglosen Versuch, bei einer "norddeutschen Regionalbank" eine Kreditkarte zu erhalten. Der gewünschte Verfügungsrahmen: 2.500 Euro.
Trotz einer monatlichen Pension in Höhe von mehr als 6.400 Euro lehnte das Programm der Bank den Antrag automatisiert ab. Auf Nachfrage teilte das Kreditinstitut per Mail mit, dass die Ablehnung unter Berücksichtigung aller Aspekte unter Bezug auf das Ausfallrisiko erfolgt sei. Das AG Kassel übersetzte das eindeutig mit "aus Altersgründen" und sprach Heither die von ihm beantragte Entschädigung wegen Altersdiskriminierung nach § 21 Abs. 2 S. 3 AGG in Höhe von 3.000 Euro zu (Urteil vom 07.09.2023 – 435 C 777/23).
Die Verteidigungslinie der Bank bestätigte diese Einschätzung des Hintergrunds: Sie argumentierte, dass bei Kunden älteren Semesters die Gefahr groß sei, dass sie versterben und die Bank im Rahmen von Erbstreitigkeiten ihrem Geld hinterherlaufen müsse.
AG: Altersdiskriminierung mit erheblicher Breitenwirkung
Darin liege aber, so das AG, keine sachliche Rechtfertigung für eine Altersdiskriminierung nach § 20 Abs. 1 S. 1 AGG. In der Regel sei die Abwicklung von Nachlässen unproblematisch. Auch gehe es hier nicht um einen Ratenkreditvertrag, der über eine längere Zeit zurückgezahlt werde. Ein Ausgleich vom Konto könne bei dem hier gewählten überschaubaren Verfügungsrahmen jeweils im nächsten Monat erfolgen. Schließlich sei auch nicht ersichtlich, dass das Institut ab einem bestimmten Alter seiner Kunden deren bestehende Kartenverträge kündige.
Das AG Kassel stufte die Verweigerung als schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts ein. Als ehemaligem Bundesrichter sprach es dem Pensionär ein "besonders hohes soziales Renommee" zu. "Die Verweigerung eines Kreditkartenvertrages mit vergleichsweise geringem Kreditvolumen (Verfügungsrahmen 2.500 Euro)…", so das Gericht weiter, sei ein "erheblicher Affront" dagegen. Gerade mit Blick auf die wachsende Anzahl älterer Menschen und die Bedeutung von Kreditkarten im täglichen Leben habe das Vorgehen der Bank auch eine erhebliche Breitenwirkung.
Laut Heither selbst ist das Urteil – soweit für ihn ersichtlich – die erste Gerichtsentscheidung zur Frage der Altersdiskriminierung bei der Vergabe von Kreditkarten. Das letzte Wort ist in der Sache wohl noch nicht gesprochen: Wie das AG Kassel kürzlich auf Anfrage der NJW mitteilte, ist die Berufung beim LG anhängig.