Mietminderung wegen Abriss eines Weltkriegsbunkers

Der Abriss eines Weltkriegsbunkers auf dem Nachbargrundstück kann eine Minderung der Miete um 50% rechtfertigen. Dies hat das Amtsgericht Hannover am 26.11.2020 entschieden. Die damit verbundenen Lärm- und Schmutzimmissionen seien auch in Innenstadtlagen nicht mehr üblich. Wolle sich der Vermieter auf einen Ausschluss der Minderung berufen, weil er selbst die Immissionen entschädigungslos dulden müsse, sei er hierfür darlegungs- und beweispflichtig.

Streit um Mietminderung wegen Abriss eines Weltkriegsbunkers

Der Kläger verlangte nach Beendigung seines Mietverhältnisses von den Vermietern Rückzahlung der restlichen Mietkaution. Die Vermieter behielten einen Teilbetrag ein, nachdem der Kläger die Miete von Oktober 2019 bis Februar 2020 gemindert hatte. Der Betrag entsprach einer Minderung der Miete um 18% monatlich. Der Kläger vertrat die Auffassung, er habe die Miete zu Recht wegen eines Mietmangels gemindert. Auf dem unmittelbaren Nachbargrundstück sei im Minderungszeitraum ein Bunker aus dem zweiten Weltkrieg abgerissen worden. Die Abrissarbeiten hätten erhebliche Lärm- und Schmutzbelästigungen verursacht. So habe es Sprengungen gegeben, es sei mit schwerem Gerät wie Abrissbirne, Baggern und Lkws gearbeitet worden. Im fraglichen Zeitraum sei auf der Baustelle montags bis freitags von 9 bis 17 Uhr gearbeitet worden. Der Lärmpegel habe auch bei geschlossenen Fenstern ständig über 50 dB gelegen. Das Haus habe "gewackelt und gebebt". Der Kläger trug weiter vor, er sei auch im Nachtdienst tätig gewesen und habe tagsüber nicht schlafen können. Die Beklagten bestritten die behaupteten Beeinträchtigungen. Im Übrigen seien Baumaßnahmen üblich und in Anbetracht der städtischen Entwicklungssituation vorhersehbar.

AG: Mietminderung wegen Mietmangels gerechtfertigt

Das AG hat der Klage voll stattgegeben. Der Kläger habe Anspruch auf Rückzahlung der restlichen Mietkaution. Denn er habe die Miete von Oktober 2019 bis Februar 2020 zu Recht gemindert. Die Wohnung sei mit einem Mietmangel behaftet gewesen. Davon habe sich das Gericht durch ein Video und Zeugen überzeugt. Zwar stelle nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bei Innenstadtlagen eine vorübergehende erhöhte Verkehrslärmbelästigung etwa aufgrund von Straßenbauarbeiten keinen Mangel dar, sofern sie sich innerhalb der üblichen Grenzen hält (NJW 2013, 680). Allerdings handele es sich bei den Beeinträchtigungen im hiesigen fall nicht mehr um "übliche Grenzen".

Vorhersehbarkeit spielt keine Rolle

Dies gelte auch dann, wenn - wie die Beklagte meine - solche Arbeiten vorhersehbar sind. Laut AG Darmstadt sei der Mieter einer in einem Neubauviertel gelegenen Wohnung zur Minderung (hier: 25%) berechtigt, wenn der Baulärm in unmittelbarer Nachbarschaft den Rahmen des Üblichen übersteigt (BeckRS 1982, 30830448). Wenn dies sogar in einem Neubauviertel gelte, müsse dies in einem vollbebauten innenstädtischen Bereich erst recht gelten. Die Beklagte habe im Übrigen nicht substantiiert vorgetragen, inwieweit die konkrete Baumaßnahme bei Abschluss des Mietverhältnisses vorhersehbar gewesen sein sollte. Im Vergleich zu einem Neubaugebiet erschließe sich die Notwendigkeit solch erheblicher Bautätigkeit wie hier festgestellt gerade nicht.

Kein Ausschluss der Minderung wegen entschädigungsloser Duldungspflicht des Vermieters

Auch die von den Beklagten angeführte BGH-Entscheidung vom 29.04.2020 (BeckRS 2020, 11739) führe nicht zu einem Ausschluss der Mietminderung. Danach begründeten nach Abschluss des Mietvertrags eintretende erhöhte Geräusch- und Schmutzimmissionen von einer Baustelle auf einem Nachbargrundstück bei Fehlen anderslautender Beschaffenheitsvereinbarungen grundsätzlich keinen zur Mietminderung berechtigenden Mietmangel, wenn der Eigentümer selbst die Immissionen entschädigungslos dulden muss. Berufe sich der Vermieter gegenüber dem Wohnungsmieter darauf, keine Ansprüche nach § 906 BGB gegen den Verursacher zu haben, trage er dafür die Darlegungs- und Beweislast.

Beklagte genügten Darlegungslast nicht

Dieser hätten die Beklagten nicht genügt. Sie hätten noch nicht einmal den Baustellenbetreiber genannt. Der allgemeine Vortrag, es müssten aus städtebaulicher Entwicklung solche Baustellen geduldet werden, genüge nicht. Denn gerade im Fall einer Duldungspflicht bestehe ja die Entschädigungspflicht des Verursachers aus § 906 Abs. 2 BGB. Die Beklagten hätten aber nichts dazu vorgetragen, welche Schritte sie unternommen hätten, um solche Entschädigungsansprüche gegen den Baustellenbetreiber geltend zu machen.

AG hätte sogar mehr zugesprochen

Das Gericht hält in Anbetracht der ganz erheblichen Lärmbeeinträchtigungen im genannten Zeitraum mit Ausnahme des Dezembers eine Mietminderung um 50% für angemessen. Im Dezember habe es zwischen Weihnachten und Neujahr eine Baustellenpause gegeben. Für diesen Monat sei daher eine Minderung von 30% angemessen. Da die Kläger sich jedoch für alle Monate auf eine Minderung um 18% beschränkt hätten, sei der Klage vollumfänglich stattzugeben gewesen. Der Ausurteilung eines höheren Betrages habe § 308 Abs. 1 ZPO ("ne ultra petita") entgegengestanden.

AG Hannover, Urteil vom 26.11.2020 - 468 C 3906/20

Redaktion beck-aktuell, 18. Dezember 2020.