AG Hannover: EuGH soll zu Entschädigung von Fluggästen nach massenweisen Krankmeldungen der Mitarbeiter des Flugreiseanbieters entscheiden

Der Gerichtshof der Europäischen Union soll klären, ob die Krankmeldung zahlreicher Mitarbeiter bei einem Flugreiseanbieter einen außergewöhnlichen Umstand darstellt. Das Amtsgericht Hannover hat ihm im Zusammenhang mit Flugausfällen und -verspätungen in den Herbstferien 2016 mit acht Beschlüssen vom 06.04.2017 mehrere Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt. Der Flugreiseanbieter wendet in den zugrundeliegenden Fällen gegen die geltend gemachten Entschädigungsforderungen jeweils ein, aufgrund eines "wilden Streiks" nicht in der Lage gewesen zu sein, die Flüge ordnungsgemäß zu erfüllen. Aufgrund dieses "außergewöhnlichen Umstandes" meint er, von der Leistungsverpflichtung frei gewesen zu sein (Az.: 406 C 11567/16, 506 C 13129/16, 506 C 12786/16, 506 C 12424/16, 506 C 13360/16, 406 C 839/17, 406 C 286/17 und 406 C 1118/17).

Streit um Entschädigungen in Höhe von bis zu 1.600 Euro

Gestritten wird vor dem VG Hannover um Entschädigungen in Höhe von bis zu 1.600 Euro nach der FluggastrechteVO. Die von den Flugausfällen und -verspätungen betroffenen Kläger hatten unter anderem Flüge nach Griechenland und in die Türkei gebucht.

Krankmeldungen oder "wilder Streik"?

Der EuGH soll jetzt darüber entscheiden, ob die Abwesenheit eines für die Durchführung von Flügen erheblichen Teils des Personals des ausführenden Luftfahrtunternehmens aufgrund von Krankmeldungen einen außergewöhnlichen Umstand darstellt und wenn ja, wie hoch die Abwesenheitsquote für eine entsprechende Einschätzung sein muss. Werde dies abgelehnt, sei zu klären, ob die Abwesenheit eines für die Durchführung von Flügen erheblichen Teils des Personals des ausführenden Luftfahrtunternehmens aufgrund einer arbeitsrechtlich und tarifrechtlich nicht legitimierten Arbeitsniederlegung ("wilder Streik") einen außergewöhnlichen Umstand darstellt und welche Abwesenheitsquote hierfür gegebenenfalls erforderlich ist.

Offene Fragen zu "außergewöhnlichem Umstand"

Das VG will vom EuGH zudem wissen, ob beim Vorliegen eines außergewöhnlichen Umstandes dieser beim annullierten Flug selbst vorgelegen haben muss oder, ob das ausführende Luftfahrtunternehmen berechtigt ist, aus betriebswirtschaftlichen Erwägungen einen neuen Flugplan aufzustellen. Zu klären sei ferner, ob es bei der Vermeidbarkeit auf den außergewöhnlichen Umstand oder aber die Folgen des Eintritts des außergewöhnlichen Umstands ankomme.

VG Hannover, Beschluss vom 06.04.2017 - 406 C 11567/16

Redaktion beck-aktuell, 7. April 2017.

Mehr zum Thema