Verwaltung darf Erscheinen bei Eigentümerversammlung nicht untersagen

Das Amtsgericht Hannover hat den Beschluss einer Eigentümerversammlung für ungültig erklärt. Die Hausverwaltung hatte die Eigentümer zwar geladen, aber auf dem Einladungsschreiben ausdrücklich vermerkt, dass wegen der Pandemielage niemand zur Versammlung erscheinen dürfe. Die auf der Versammlung gefassten Beschlüsse verstießen gegen § 23 Abs. 1 WEG, so das Gericht, da sie in den Kernbereich der Wohnungseigentümer eingreifen.

Einladungsschreiben ohne Einladung

Die Parteien sind Miteigentümer einer Wohnungseigentumsanlage in Hannover-Misburg. Am 19.06.2020 hatte die Hausverwaltung zu einer Eigentümerversammlung am 21.07.2020 eingeladen. In dem Einladungsschreiben heißt es: "Wir laden mit den beiliegenden Unterlagen ordnungsgemäß zu einer Eigentümerversammlung ein, zu der sie aber bitte nicht erscheinen. Sollten Eigentümer/innen erscheinen, wären wir zum sofortigen Abbruch der Veranstaltung gezwungen". Der Einladung waren Vollmachten für die Verwaltung zur Abstimmung beigefügt. Am 21.07.2020 fand die Eigentümerversammlung statt, auf der der angefochtene Beschluss zur Änderung der Hausordnung gefasst wurde.

Verstoß gegen Teilnahmerecht?

Der Kläger behauptet unter anderem, dieser Beschluss sei wegen Verstoßes gegen sein Teilnahmerecht an der Eigentümerversammlung unwirksam. Eine Diskussion über die Tagesordnungspunkte habe nicht stattgefunden. Der Verwaltungsbeirat habe seine Pflicht gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft verletzt. Die Beklagte dagegen sieht keine Pflichtverletzung des Verwaltungsbeirates. Von der Versammlung sei auch niemand ausgeschlossen worden, sondern es sei lediglich ein Hinweis erteilt worden, dass es eine Vollmachtsversammlung geben sollte. Dies sei auch rechtmäßig. Es hätte dem Kläger freigestanden, zur Eigentümerversammlung persönlich zu erscheinen. Dann wäre diese nicht durchgeführt und die Hausordnung nicht geändert worden.

AG: Schreiben eröffnete Eigentümern kein Wahlrecht

Nach der Urteilsbegründung verstößt die Beschlussfassung gegen § 23 Abs. 1 WEG. Bereits durch die Formulierung in dem Einladungsschreiben sei den Wohnungseigentümern die Teilnahme verwehrt worden. So seien die Eigentümer ausdrücklich aufgefordert worden, nicht zu erscheinen. Ein Wahlrecht der Eigentümer, gleichwohl zu erscheinen, habe diese Formulierung nicht eröffnet. Darüber hinaus sei bereits an dieser Stelle angekündigt worden, dass die Veranstaltung sofort abgebrochen werden würde, wenn einzelne Eigentümer erschienen. In der Gesamtschau seien diese Formulierungen als ausdrückliches Verbot zu verstehen. Dies stelle eine Verletzung des Kernbereichs der Rechte der Wohnungseigentümer dar. Den Wohnungseigentümern sei lediglich ermöglicht worden, ihr Stimmrecht durch die Erteilung einer Vollmacht mit Anweisungen auszuüben, dabei könne eine Auseinandersetzung über die zu beschließenden Änderungen und eine Diskussion hierüber nicht stattfinden. Die Auseinandersetzung und Diskussion sei wesentlicher Bestandteil der Eigentümerversammlung im Rahmen der Willensbildung.

AG Hannover, Urteil vom 07.01.2021 - 480 C 8302/20

Redaktion beck-aktuell, 9. April 2021.