Gemeinsamer Haushalt in Deutschland trotz ausländischer Meldeanschrift

Eine in der Türkei unterhaltene Meldeadresse schließt nicht die Annahme eines gemeinsamen Haushalts in der ehelichen Wohnung in Deutschland aus, wenn es hierfür nachvollziehbare Gründe gibt. Dies hat das Amtsgericht Frankfurt am Main mit einem jetzt veröffentlichten Urteil im Streit um den gesetzlichen Eintritt einer Ehefrau in das Mietverhältnis ihres verstorbenen Mannes klargestellt. Die Vermieterin blieb mit ihrer Räumungsklage erfolglos.

Streit um Räumung einer Wohnung nach außerordentlicher Kündigung

Im dem Fall begehrte die klagende Vermieterin die Räumung der Wohnung nach außerordentlicher Kündigung des durch den Ehemann der Beklagten im Jahr 1981 geschlossenen Mietvertrages. Der Kündigung vorausgegangen war die Mitteilung über das Ableben des Ehemannes im Jahr 2020 durch den Sohn der Beklagten verbunden mit der Aufforderung zur Ausstellung einer Wohnungsgeberbestätigung für seine 1943 geborene Mutter. Zur Begründung ihrer Klage trug die Vermieterin vor, die Beklagte habe zum Zeitpunkt des Todes des Ehemannes keinen gemeinsamen Haushalt mit diesem in der streitgegenständlichen Wohnung geführt mit der Folge, dass ein gesetzlicher Eintritt in das Mietverhältnis des überlebenden Ehegatten nach § 563 Abs. 1 BGB nicht erfolgt sei. So sei sie etwa nie von den Nachbarn gesehen worden.

Zurückgezogene Lebensweise nachvollziehbar

Die angestrebte Räumungsklage blieb erfolglos. Nach einer umfangreichen Beweisaufnahme, bei der auch die Familienangehörigen und Nachbarn der Beklagten gehört wurden, war das Gericht vom Bestehen eines gemeinsamen Haushalts der Beklagten mit ihrem verstorbenen Ehemann im Zeitpunkt seines Ablebens überzeugt. Die Beweisaufnahme habe zwar ergeben, dass die türkischstämmige Beklagte auch eine Meldeanschrift in der Türkei unterhielt. Diese diene indes lediglich dem erleichterten Abschluss von Rechtsgeschäften bei längeren Auslandsaufenthalten der Beklagten, was der Annahme einer gemeinsamen Haushaltsführung der Eheleute in der streitgegenständlichen Wohnung nicht entgegenstehe. Schließlich habe die Beklagte, die aus religiösen Gründen immer im Hintergrund bleibe und Analphabetin ist, ihre zurückgezogene Lebensweise nachvollziehbar erklären können. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig.

AG Frankfurt a. M., Urteil vom 17.03.2022 - 33 C 2294/21

Redaktion beck-aktuell, 2. Mai 2022.