AG Frankfurt am Main: Stadionverbot ohne Tatsachengrundlage rechtswidrig

Ein Stadionverbot kann unwirksam sein, wenn keine hinreichende Tatsachengrundlage besteht, welche die Besorgnis künftiger Störungen erwarten lässt. Dies hat das Amtsgericht Frankfurt am Main mit Urteil vom 09.08.2018 entschieden und betont, dass der Ausschluss eines Einzelnen nicht ohne sachlichen Grund und nicht willkürlich erfolgen dürfe (Az.: 30 C 3466/17 (71), nicht rechtskräftig).

Bundesweites Stadionverbot erteilt

Im konkreten Fall war der Kläger, ein Fan des Fußballvereins Hannover 96, am 04.11.2016 gemeinsam mit anderen Fans von der Polizei festgehalten und über Nacht in Gewahrsam genommen worden. Am 06.11.2016 fand das Fußballspiel von Hannover 96 gegen Eintracht Braunschweig (sogenanntes Niedersachsenderby) statt und dem Kläger wurde ein Platzverweis für den Bereich der Stadt Braunschweig bis Sonntagabend, den 06.11.2016, erteilt. Ein Ermittlungsverfahren wurde nicht eingeleitet. Der Kläger ist vor dem Vorfall nicht polizeilich in Erscheinung getreten. Weder bei ihm noch in seinem Fahrzeug wurden gefährliche Gegenstände gefunden. Bei anderen Fahrzeugen, die ebenfalls am 04.11.2016 kontrolliert wurden, fand die Polizei Vermummungsmaterial und Schlaggegenstände. Die Zentrale Informationsstelle der Polizei empfahl dem Beklagten im Dezember 2016, gegen den Kläger und insgesamt 177 Personen, die am 04.11.2018 kontrolliert wurden, ein Stadionverbot auszusprechen. Nachdem der Kläger dazu angehört worden war, erteilte der Beklagte ihm ein bundesweites Stadionverbot mit Schreiben vom 26.09.2017, das bis zum 26.03.2019 befristet wurde.

Vor Stadionverbot eigene Tatsachengrundlage zu ermitteln

Das AG entschied, dass der Kläger einen Anspruch auf Aufhebung des Stadionverbots hat, weil dieses einer sachlichen Grundlage entbehre. Zwar stehe es dem Beklagten grundsätzlich frei, über den Zutritt Dritter zu Stadien zu entscheiden. Der Ausschluss eines Einzelnen dürfe jedoch nicht ohne sachlichen Grund und nicht willkürlich erfolgen. Die Besorgnis einer künftigen Störung durch einen Fußballfan sei nicht davon abhängig, dass tatsächlich ein Ermittlungsverfahren eingeleitet würde. Es bedürfe auch nicht des Nachweises vorheriger Straftaten oder rechtswidrigen Handelns. Der Beklagte müsse aber eine eigene Tatsachengrundlage ermitteln und dürfe sich nicht auf subjektive Einschätzungen der Polizei verlassen. Allein der Platzverweis gegen den Kläger reiche im konkreten Fall nicht aus, betont das AG. Denn neben diesem und der Ingewahrsamnahme lägen keinerlei Tatsachen hinreichender Art vor, welche die Besorgnis künftiger Störungen durch den Kläger rechtfertigten.

Pauschalurteil kann hinreichende Tatsachengrundlage nicht ersetzen

Selbst wenn in einzelnen Fahrzeugen bei einer Kontrolle gefährliche Gegenstände gefunden würden, könnten diese nicht ohne weitere Erkenntnisse 177 Personen zugerechnet werden. Der Kläger sei weder polizeibekannt noch für Störungen in Stadien in der Vergangenheit auffällig gewesen, sodass der Beklagte hier ein Pauschalurteil gefällt habe, ohne dass eine hinreichende Tatsachengrundlage für den Ausspruch eines Stadionverbot bestanden hätte.

AG Frankfurt a. M., Urteil vom 09.08.2018 - 30 C 3466/17

Redaktion beck-aktuell, 1. Oktober 2018.

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