AG Essen-Borbeck verurteilt nach Tod eines Rentners drei Bankkunden wegen unterlassener Hilfeleistung

Ein hilfloser Rentner liegt vor einem Geldautomaten im Vorraum einer Essener Bank. Kunden ignorieren ihn, er stirbt später. Nun müssen drei Angeklagte eine Geldstrafe wegen unterlassener Hilfeleistung zahlen, wie das Amtsgericht Essen-Borbeck am 18.09.2017 entschieden hat. Amtsrichter Karl-Peter Wittenberg wirft ihnen Gleichgültigkeit vor. Die drei Bankkunden hätten billigend in Kauf genommen, dass da jemand liege, der Hilfe benötige. "Keiner wollte Hilfe leisten." (Az.3 Ds /70 Js 654/16 – 252/17)

Angeklagte: Rentner für schlafenden Obdachlosen gehalten

In dem Prozess vor dem AG Essen-Borbeck hatten die Verteidiger der 39 Jahre alten Frau sowie der 55 und 61 Jahre alten Männer Freisprüche gefordert. Alle drei sagten aus, den mitten im Raum liegenden 83-Jährigen für einen schlafenden Obdachlosen gehalten zu haben. Sie bedauerten ihr Verhalten. "Es tut mir wirklich sehr, sehr leid", sagte der 61-Jährige.

In zwei Fällen Berufung angekündigt

Ein Polizeibeamter, der mit einer Kollegin zu der Bank gerufen worden war, schilderte am Montag: "Für uns war klar, dass es sich nicht um einen Obdachlosen handelt." Das Gericht verurteilte die Frau zu einer Geldstrafe in Höhe von 3.600 Euro (90 Tagessätze). Der 61-Jährige muss 2.800 Euro zahlen, der 55-Jährige 2.400 Euro (je 80 Tagessätze). Zwei Anwälte kündigten nach dem Prozess Berufung an.

Schnelleres Eingreifen hätte nicht zwingend zu Rettung geführt

Überwachungskameras hatten den Vorfall am 03.10.2016 dokumentiert. Auf den Videos ist zu sehen, dass sich insgesamt vier Bankkunden nicht um den zuvor schwer gestürzten Mann kümmerten. Erst ein fünfter rief die Polizei. Der Rentner kam nicht mehr zu Bewusstsein und starb eine Woche später im Krankenhaus. Ein Rechtsmediziner sagte in dem Prozess als Gutachter, dass ein schnelleres Eingreifen eines Notarztes nicht zwingend zum Überleben des Mannes beigetragen hätte.

Rechtfertigungsversuche der Angeklagten laufen ins Leere

Die Angeklagte sagte, sie sei schon öfter von Obdachlosen belästigt worden. Ihr Verhalten beschrieb sie so: "Ich gehe einfach nur rein, mache meine Erledigungen und gehe wieder." Der 61-Jährige betonte, er habe früher schon einmal jemanden angesprochen und sei dann beschimpft worden.

Rentner war mehrfach umgekippt und hatte dabei Schädel-Hirn-Trauma erlitten

Der 83-Jährige war aus medizinisch ungeklärten Gründen innerhalb weniger Minuten drei Mal umgekippt und mit dem Kopf aufgeschlagen. Dabei erlitt er ein Schädel-Hirn-Trauma, das nach Angaben des Rechtsmediziners am Ende zu seinem Tod führte. Als die Polizei eintraf, konnte der Mann noch seinen Namen nennen.

Verfahren gegen vierten Angeklagten abgetrennt

Am 18.09.2017 standen drei der vier beschuldigten Bankkunden vor Gericht. Das Verfahren gegen den vierten Angeklagten wurde wegen dessen Gesundheitszustandes abgetrennt.

AG Essen-Borbeck, Urteil vom 18.09.2017 - 18.09.2017 3 Ds /70 Js 654/16 – 252/17

Redaktion beck-aktuell, 18. September 2017 (dpa).

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