AG Dresden: Bewährungsstrafe für Justizvollzugsbeamten wegen Verbreitung eines Haftbefehls im Netz

Ein Beamter des sächsischen Justizvollzugs ist am 30.10.2019 vom Amtsgericht Dresden wegen der Verletzung von Dienstgeheimnissen zu elf Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden. Zusätzlich muss er 150 Stunden gemeinnütze Arbeit leisten. Dem Mann wurde vorgeworfen, nach der tödlichen Messerattacke von Chemnitz im August 2018 den Haftbefehl gegen einen tatverdächtigen Flüchtling fotografiert und verbreitet zu haben. Auf dem Dokument befanden sich auch andere sensible Daten, darunter auch Klarnamen von Zeugen.

Täter zeigt Reue

Der Fall erregte seinerzeit bundesweit Aufsehen. Der JVA-Beamte gestand die Tat und gab an, er habe zur Wahrheitsfindung beitragen wollen. Im Prozess nannte er als weiteres Motiv eine "falsche“ Berichterstattung der Medien. Zugleich zeigte er sich reumütig. "Ich habe einen Fehler begangen. Ich habe daraus gelernt. Mein ganzes Leben hat sich umgekrempelt. Es wird nie wieder passieren", sagte er vor Gericht. Zuvor war es zwischen der Verteidigung und der Staatsanwaltschaft zu einer Verständigung gekommen. Im Gegenzug für ein Geständnis wurde das Strafmaß auf eine Bewährungsstrafe von acht bis zwölf Monaten und 150 Arbeitsstunden beschränkt. Die Bewährung beläuft sich auf zwei Jahre.

Beamte ist vom Dienst suspendiert

Staatsanwältin Susan Herold bescheinigte dem Beschuldigten in ihrem Plädoyer ein fremdenfeindliches Motiv. Bei einem deutschen Tatverdächtigen hätte er einen Haftbefehl nicht weitergegeben, hieß es. Die Verteidigung stritt eine fremdenfeindliche Gesinnung ihres Mandanten ab. Allerdings zitierte das Gericht auch aus einem Chat des Angeklagten mit Kollegen. Dabei hatte er wenige Tage nach den Ereignissen in Chemnitz von einem "Kanacken-Klatschen“ geschrieben. Der Beamte ist vom Dienst suspendiert. Da die Strafe weniger als zwölf Monate beträgt, kann er aber nun nicht ohne Weiteres aus dem Dienst entlassen werden.

Ermittlungen wegen möglicher Körperverletzung im Amt laufen noch

Das illegal verbreitete Dokument tauchte seinerzeit auf verschiedenen Internetseiten auf und wurde unter anderen von der rechtsextremen Organisation "Pro Chemnitz", einem AfD-Kreisverband und Pegida-Chef Lutz Bachmann veröffentlicht. Der jetzt am Dresdner Amtsgericht angeklagte Beamte sieht sich genau wie sechs andere Kollegen noch mit anderen Ermittlungen konfrontiert. Denn aus dem Chatprotokoll ergeben sich nach Ansicht der Dresdner Staatsanwaltschaft Hinweise darauf, dass die Betroffenen ausländische Strafgefangene misshandelt haben. Deshalb wird wegen Verdachts der Körperverletzung im Amt ermittelt.

Redaktion beck-aktuell, 31. Oktober 2019 (dpa).

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