Kli­ma­de­mons­trant nach Stra­ßen­blo­cka­den wegen Nö­ti­gung ver­ur­teilt

Im ers­ten Pro­zess nach den Stra­ßen­blo­cka­den von Kli­ma­de­mons­tran­ten in Ber­lin ist ein Ak­ti­vist ver­ur­teilt wor­den. Das Amts­ge­richt Tier­gar­ten ent­schied, dass sich der 20-Jäh­ri­ge der Nö­ti­gung schul­dig ge­macht hat. Das Ge­richt ver­ur­teil­te den jun­gen Mann zu 60 Stun­den Frei­zeit­ar­beit. Der 20-Jäh­ri­ge hatte ein­ge­räumt, sich im Juni die­ses Jah­res an einer Ak­ti­on der Grup­pe "Letz­te Ge­ne­ra­ti­on" be­tei­ligt zu haben.

An Stadt­au­to­bahn fest­ge­klebt

Laut Staats­an­walt­schaft hatte der Stu­dent sich mit sechs wei­te­ren Men­schen in den Mor­gen­stun­den auf die Stadt­au­to­bahn A100 in Ber­lin-Wed­ding ge­setzt und mit Kleb­stoff an der Fahr­bahn fest­ge­klebt. Ur­sprüng­lich war gegen den 20-Jäh­ri­gen ein Straf­be­fehl über 450 Euro Geld­stra­fe er­las­sen wor­den. Weil der Ak­ti­vist da­ge­gen aber Ein­spruch ein­ge­legt hatte, kam es zu einer münd­li­chen Ver­hand­lung. Die Staats­an­walt­schaft hatte eine Geld­stra­fe von 1.500 Euro be­an­tragt und dafür plä­diert, den 20-Jäh­ri­gen nach dem Er­wach­se­nen­straf­recht wegen Nö­ti­gung und Wi­der­stands gegen Voll­stre­ckungs­be­am­te zu ver­ur­tei­len. Das Ge­richt sah den Vor­wurf des Wi­der­stands aber nicht als be­wie­sen an. Es wand­te auf­grund des Al­ters des Man­nes das mil­de­re Ju­gend­straf­recht an. In der Ur­teils­be­grün­dung zeig­te der Rich­ter zwar Ver­ständ­nis für das An­lie­gen des An­ge­klag­ten, mach­te aber deut­lich, dass nicht gegen Ge­set­ze ver­sto­ßen wer­den dürfe. Durch das Fest­kle­ben seien an­de­re Men­schen an ihrem Fort­kom­men ge­hin­dert wor­den. Nie­mand dürfe zum Werk­zeug ge­macht wer­den, um po­li­ti­schen Druck aus­zu­üben. "Es muss an­de­re Wege geben als ein Blo­ckie­ren", sagte der Rich­ter. Es sei der erste Pro­zess die­ser Art bun­des­weit, hieß es über­ein­stim­mend vom Ge­richt und der Grup­pe "Letz­te Ge­ne­ra­ti­on".

"Letz­te Ge­ne­ra­ti­on" kri­ti­siert Ur­teil scharf

Die Grup­pe "Letz­te Ge­ne­ra­ti­on" kri­ti­sier­te das Ber­li­ner Ur­teil am Diens­tag­abend scharf. "Ob­wohl es die Kli­ma­kri­se als Pro­blem an­er­kann­te, klam­mer­te das Ge­richt diese in sei­ner Ent­schei­dung aus­drück­lich aus", teil­te die In­itia­ti­ve mit. Dies sei ein "fa­ta­ler Feh­ler". "Wir sind be­reit, die recht­li­chen Kon­se­quen­zen für unser Han­deln zu tra­gen, doch kön­nen es nicht hin­neh­men, dass sich das Ge­richt heute aus der Ver­ant­wor­tung ge­zo­gen hat (...)." Die "Letz­te Ge­ne­ra­ti­on" kün­dig­te an: "Der fried­li­che Wi­der­stand geht mit der­sel­ben Ent­schlos­sen­heit wei­ter." Die Ak­ti­vis­ten for­dern von der Bun­des­re­gie­rung mehr Maß­nah­men im Kampf gegen den Kli­ma­wan­del.

Bis­lang 66 Straf­be­feh­le nach Stra­ßen­blo­cka­den er­las­sen, 24 Ein­sprü­che

Die Ber­li­ner Staats­an­walt­schaft hat nach An­ga­ben der Be­hör­de in­zwi­schen 133 Straf­be­feh­le nach Stra­ßen­blo­cka­den be­an­tragt. In 66 Fäl­len hat das Amts­ge­richt Tier­gar­ten be­reits eine Geld­stra­fe per Straf­be­fehl er­las­sen, wie eine Ge­richts­spre­che­rin auf An­fra­ge sagte. Be­reits in 24 Fäl­len sei Ein­spruch ein­ge­legt wor­den (Stand: 22.08.2022). Bis­lang gebe es keine rechts­kräf­ti­ge Ent­schei­dung. Der Fall eines 59-Jäh­ri­gen, der sich an drei Stra­ßen­blo­cka­den be­tei­ligt haben soll, wird am 01.09. am Amts­ge­richt Tier­gar­ten ver­han­delt.

Gitta Kharraz, 31. August 2022 (dpa).

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