Klimaaktivist klebt sich während Prozess an Tisch

Im Prozess gegen den Klimaaktivisten Henning Jeschke sprang das Gründungsmitglied der Gruppe Letzte Generation am 23.02.2023 mitten in der Verhandlung vor dem Amtsgericht Berlin-Tiergarten auf und klebte sich am Tisch fest. "Ich habe mich festgeklebt. Ich muss es tun, weil wir über Klimanotstand reden müssen", rief der 23-Jährige lautstark im Gerichtssaal.

Jeschke wurde samt Tisch aus dem Gericht entfernt

Richter Sebastian Jacobs unterbrach die Verhandlung zunächst kurz, um Justizbedienstete zu alarmieren. Da Jeschke ihm jedoch ständig ins Wort fiel, schloss der Richter den 23-Jährigen schließlich vom Prozess aus. Justizbedienstete trugen den Tisch, an dem Jeschke klebte, in einen Vorraum des Gerichts. Der Klimaaktivist sagte im Vorraum: "Der Richter muss sich mit dem Klimanotstand beschäftigen." Polizisten und Sanitäter wurden hinzugerufen, um den Mann von der Tischplatte abzulösen. Doch das verweigerte der Klimaaktivist. Jeschke wurde am Donnerstag letztlich mit der Hand am Tisch klebend aus dem Gebäude gebracht, wie Gerichtssprecherin Lisa Jani sagte. Beamte hätten ihm zuvor noch in die Jacke geholfen. Zuletzt sei der 23-Jährige dann in Begleitung an einer Bushaltestelle gesichtet worden - samt des etwa 1,20 Meter breiten Tisches. "Wir konnten auf den Tisch verzichten. Hauptsache, die Hauptverhandlung konnte fortgesetzt werden", erklärte Sprecherin Jani. Jeschke sei für den Donnerstag ein Hausverbot erteilt worden.

Prozess wurde unterbrochen

Im Gerichtssaal ging die Verhandlung unterdessen zunächst weiter. Letztlich wurde sie aber unterbrochen. Der Prozess soll am 9. März fortgesetzt werden. In dem Prozess geht es um mehrere Aktionen der Gruppe Letzte Generation in der Zeit von März bis Juni 2022, an denen er sich beteiligt haben soll. Die Gruppe war nach einem Klima-Hungerstreik in Berlin entstanden und fordert mehr Maßnahmen für den Klimaschutz. Seit Anfang 2022 blockierte sie immer wieder Autobahnausfahrten und andere Straßen in vielen Städten, einen Schwerpunkt bildet Berlin.

Letzte Generation sieht mögliche Voreingenommenheit des Richters

Die Staatsanwaltschaft Berlin wirft Jeschke Nötigung, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr vor. Es wurden Strafbefehle erlassen, wonach der Klimaaktivist eine Geldstrafe zahlen sollte. Weil er dagegen Einspruch erhob, kam es zu der Verhandlung. Am Donnerstag handelte es sich um einen Fortsetzungstermin. Während der Aktion filmte sich Jeschke. Die Gruppe Letzte Generation veröffentlichte wenig später ein Video bei Twitter. Die Gruppe sprach von einer möglichen Voreingenommenheit des Richters. Ende vergangenen Jahres habe er "in internen Chats des Gerichts Vorlagen der Staatsanwaltschaft geteilt - möglicherweise als ‘Verurteilungshilfe‘ für andere Richter:innen", hieß es. Ein Ablehnungsantrag wegen Befangenheit sei aber erfolglos geblieben. Gerichtssprecherin Jani erklärte dazu, der Richter habe eine E-Mail mit einem Vermerk der Staatsanwaltschaft an seine Kollegen weitergeleitet, in der es um den Umgang mit den Vorfällen gegangen sei. Dies gehöre zu seinen Aufgaben, weil er der Verwaltung angehöre.

Redaktion beck-aktuell, 24. Februar 2023 (dpa).