Migrationskritische X-Posts: Schöffe von Strafverhandlung ausgeschlossen

Weil er sich im Internet diverse Male kritisch über Migranten und Muslime äußerte, hat das AG Bad Iburg einen Schöffen von einem Strafverfahren gegen einen rumänischen Staatsbürger ausgeschlossen.

Ein Mann, der für die FDP im Stadtrat der Gemeinde Georgsmarienhütte sitzt, ist als Schöffe von einem Strafverfahren ausgeschlossen worden, weil gegen ihn nach Ansicht des Gerichts die Besorgnis der Befangenheit gegenüber Migranten bestand. Das AG Bad Iburg reagierte damit am Montag auf eine Anzeige des Schöffen selbst, nachdem dessen islamkritische Social-Media-Posts von der Neuen Osnabrücker Zeitung (NOZ) aufgegriffen worden waren.

Die Zeitung hatte darüber berichtet, dass der Freie Demokrat auf dem sozialen Netzwerk X Beiträge mit teils geschmacklosen Inhalten wie Witzen über die Messerattacke in Solingen und einen vermeintlichen Kulturverfall in Deutschland geteilt habe. Unter anderem berichtete die Zeitung über einen Post mit einem Meme, das eine vermeintliche Islamisierung der deutschen Kultur illustriere sollte: links Fliesentisch und Gewürz-Ketchup, rechts betende Muslime. Außerdem veröffentlichte er Posts, in denen er härtere Strafen und Abschiebungen forderte und den deutschen Rechtsstaat als "Gespött der Nation" kritisierte.

Nachdem der Schöffe, der einem Strafverfahren gegen einen 52-jährigen rumänischen Staatsbürger wegen gewerbsmäßigen Diebstahls und Computerbetrugs beiwohnen sollte, das Gericht auf den Bericht der NOZ hingewiesen hatte, schloss es ihn von der Verhandlung aus, da die Umstände geeignet seien, einen Ablehnungsantrag gegen ihn zu rechtfertigen.

Social-Media-Posts "deutlich über eine sachliche Kritik hinaus"

Grundlage sind §§ 24 Abs. 2 und 3 StPO, wonach ein Schöffe oder eine Schöffin wie auch eine Richterin oder ein Richter abgelehnt werden kann, wenn Grund zur Annahme besteht, dass er oder sie voreingenommen ist. Es geht also um die Besorgnis der Befangenheit, nicht um eine tatsächliche Befangenheit. Der böse Verdacht genügt insoweit. Entscheidend ist, wie das Gericht in seiner Pressemitteilung zu dem Vorgang ausführt, "ob ein vernünftiger Angeklagter in der konkreten Situation den Eindruck haben könnte, dass der Richter (oder Schöffe, d. Red.) nicht mehr neutral und unparteiisch handeln kann". 

Diese Voraussetzung sah der Vorsitzende des Schöffengerichts hier aufgrund der Posts in den sozialen Medien erfüllt. Dabei betonte er, es sei Schöffinnen und Schöffen grundsätzlich nicht verwehrt, sich politisch zu äußern. Das gelte prinzipiell auch für eine für die Mehrheitsmeinung provokante Ansicht zu Migrationsthemen. Jedoch gingen die Posts des Schöffen "deutlich über eine sachliche Kritik hinaus", wie es in der Mitteilung des AG heißt. Diese ließen bei verständiger Würdigung befürchten, dass der Schöffe gegenüber Angeklagten mit Migrationshintergrund und/oder einer bestimmten Religionszugehörigkeit nicht objektiv entscheiden werde, sondern sie womöglich zu den höchstmöglichen Strafen würde verurteilen wollen.

Für die Strafverhandlung gegen den Rumänen bedeutet dies indes nicht das vorzeitige Ende, sie wird nun mit einem Ersatzschöffen durchgeführt. Auch betonte das Gericht in seiner Erklärung, die Entscheidung betreffe nur das konkrete Verfahren; der Mann ist damit nicht grundsätzlich aus seinem Schöffenamt entlassen. Dies ist nur unter den engen Voraussetzungen der §§ 51, 52 GVG oder § 44b DRiG möglich. Man prüfe derzeit noch, ob diese vorlägen, heißt es.

Redaktion beck-aktuell, mam, 16. Oktober 2024.