Bewährungsstrafe für jugendlichen Hacker wegen Ausspähens von Promidaten

Ein junger Hacker, der große Mengen sensibler Daten von Prominenten und Politikern gesammelt und veröffentlicht hatte, ist zu einer Jugendstrafe von neun Monaten auf Bewährung verurteilt worden. Das Urteil sei rechtskräftig, teilte das Amtsgericht Alsfeld nach Ende der nichtöffentlichen Verhandlung mit. Der 22-Jährige habe die Vorwürfe vor dem Jugendschöffengericht eingeräumt. Verurteilt wurde er wegen Ausspähens von Daten und Datenhehlerei, aber auch wegen versuchter Erpressung.

Jugendlicher spähte Daten zahlreicher Prominenter ohne besondere technische Kenntnisse aus

Nachdem vor dem Prozess von 1.000 Geschädigten die Rede war, spricht die Staatsanwaltschaft mittlerweile von über 1.500 Opfern. Der Fall hatte Anfang 2019 bundesweit Aufsehen erregt. “Es war offensichtlich so, dass der Angeklagte keine besonderen technischen Kenntnisse hatte und angewendet hat“, sagte Oberstaatsanwalt Benjamin Krause von der Frankfurter Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität (ZIT). Der Prozess fand ohne Presse und Zuschauer statt, weil der Angeklagte zum Tatzeitpunkt als Jugendlicher beziehungsweise Heranwachsender galt. Um ihn zu schützen, verbot das Gericht Ton- und Bildaufnahmen im Gerichtsgebäude. Die Verteidigung hatte über das Gericht ausrichten lassen, sich nicht in Medien äußern zu wollen.

Schüler handelte aus Ärger über öffentliche Äußerungen der Opfer

Den Ermittlungen zufolge war der Angeklagte zur Tatzeit Schüler und lebte bei seinen Eltern. Begonnen haben soll er mit seinen Taten bereits im Jahr 2015: Aus Ärger über öffentliche Äußerungen seiner Opfer - darunter Bundestagsabgeordnete - habe er angefangen, private Daten wie Adressen, Telefon- und Kreditkartennummern sowie Korrespondenzen von diesen zu sammeln. Dafür verschaffte er sich laut Anklage Passwörter zu E-Mail-Konten und Online-Profilen. Zudem kaufte er gestohlene Daten im Netz.

Daten schrittweise auf Twitter veröffentlicht

Auf dem Kurznachrichtendienst Twitter veröffentlichte er im Dezember 2018 die Daten von Politikern, Journalisten, Rappern, Youtube-Stars und anderen Prominenten schrittweise in einer Art Adventskalender. Zunächst nahm davon kaum jemand Notiz. Der große Knall kam erst im Januar 2019, der Fall sorgte dann für viele Schlagzeilen. Der Hacker hatte dem Richterspruch zufolge auch versucht, von Opfern mit der angedrohten Veröffentlichung Geld zu erpressen. Der 22-Jährige wurde zudem wegen Veränderung von Daten, Fälschung, falscher Verdächtigung und Verstoßes gegen das Datenschutzgesetz in jeweils mehreren Fällen verurteilt.

Keine politische Motivation erkennbar

“Für uns als ZIT ist das ein sehr wichtiges Verfahren“, erklärte Krause. Es sei sehr umfangreich, die Akten umfassten mittlerweile über 70 Ordner, über 400 Ermittlungsverfahren aus dem ganzen Bundesgebiet seien zusammengezogen worden. In Bezug auf die Veröffentlichung der ausgespähten Daten erhoffe man sich zudem eine Rechtsprechung, die auch für ähnliche Fälle Bedeutung habe. Laut Ermittlern hatte der Angeklagte nach seiner Festnahme erklärt, durch die Veröffentlichung der Daten Menschen bloßstellen zu wollen, über die er sich geärgert hatte. Eine politische Motivation sei nicht festzustellen.

AG Alsfeld, Urteil vom 24.09.2020

Redaktion beck-aktuell, Göran Gehlen, 24. September 2020 (dpa).