Kläger nahm an Probespiel für Bewerbung bei anderem Orchester teil
Der Kläger ist Solocellist im Sinfonieorchester der beklagten Arbeitgeberin. Im Herbst 2018 bewarb er sich auf eine ausgeschriebene Stelle eines anderen Orchesters. Das Probespiel für diese Bewerbung fand an zwei aufeinanderfolgenden Tagen im November 2018 statt. An denselben zwei Tagen gab das Sinfonieorchester der Arbeitgeberin ein Sinfoniekonzert. Nachdem der Arbeitgeberin durch eine vom Kläger beantragte einstweilige Verfügung aufgegeben worden war, ihn für die Dauer des Probespiels freizustellen, nahm der Kläger an dem Probespiel teil.
Kläger berief sich für bezahlte Freistellung auf Tarifvertrag
Mit seiner Klage verlangte der Kläger unter anderem die Bezahlung der zwei Tage seiner Teilnahme an dem Probespiel. Er berief sich auf die Regelung des anwendbaren § 40 Abs. 3 Satz 1 des Tarifvertrages für die Musiker in Kulturorchestern vom 31.10.2009, wonach dem zu einem Probespiel eingeladenen Musiker auf einen unverzüglich gestellten Antrag bis zu dreimal in der Spielzeit die erforderliche Freizeit unter Fortzahlung der Vergütung zu gewähren sei.
Beklagte: Kläger künstlerisch unentbehrlich
Die Arbeitgeberin lehnte die Zahlung ab und berief sich auf die Ausnahmeregelung in § 40 Abs. 3 Satz 2 des Tarifvertrags. Sie verwies auf die besondere Bedeutung eines Sinfoniekonzerts, die es künstlerisch erforderlich mache, dass der Solocellist als Teil der "besten Besetzung" des Orchesters spiele. Darüber hinaus berief die Arbeitgeberin sich darauf, dass ihr die Beschaffung einer Vertretung für den Kläger auch aus finanziellen Gründen nicht zumutbar sei, da sie die Aushilfe schließlich nicht nur für die zwei Tage des Konzerts, sondern auch für die vier weiteren Probetage habe bezahlen müssen.
ArbG: Konzertbedeutung für künstlerische Unentbehrlichkeit unmaßgeblich
Das ArbG hat der Klage stattgegeben. Die Arbeitgeberin müsse die zwei Tage, an denen der Kläger am Probespiel teilgenommen habe, vergüten. Für die von § 40 Abs. 3 des Tarifvertrages verlangte Unentbehrlichkeit aus künstlerischen Gründen komme es nicht auf die Bedeutung des Konzerts, sondern darauf an, ob das gespielte Repertoire von jedem ausgebildeten Konzertmusiker gespielt werden könne oder weitergehende Fertigkeiten verlange. Darüber hinaus sei es der Arbeitgeberin hier zumutbar gewesen, dass sie weitere vier Probetage für den Ersatz des Klägers habe bezahlen müssen.