Landesgesetzgeber durfte Regelungen treffen
Konkret ging es um die am 21.07.2017 beziehungsweise 01.07.2018 in Kraft getretenen Regelungen in § 12 Abs. 2 bis 5 des Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung des Landes Sachsen-Anhalt (SOG). Das LVerfG entschied, diese seien der Strafverfolgungsvorsorge im Vorfeld eines Straftatverdachts zuzuordnen und unterfielen damit der sogenannten konkurrierenden Gesetzgebung nach Art. 74 GG. Da der Bund insoweit keine Regelungen getroffen habe, sei der Landesgesetzgeber befugt, Regelungen zur Strafverfolgungsvorsorge durch Kennzeichnungspflichten für Polizeibeamte zu treffen.
Eingriff in Recht auf informationelle Selbstbestimmung gerechtfertigt
Das LVerfG bejahte einen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung durch die Verpflichtung zum Tragen des Namensschildes. Jener sei jedoch unter Berücksichtigung der Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers verfassungsrechtlich durch das Allgemeininteresse an der Aufklärung möglicher Pflichtverletzungen gerechtfertigt. Eine Restgefahr aus einer Kenntnis von Dritten vom Namen eines Polizeibeamten gehe nicht über die Risiken des Berufs hinaus, die jedem Polizeibeamten, der diesen Beruf ergreift, bekannt und im Rahmen seines Dienstverhältnisses zumutbar seien.
Gericht verneint Eingriff in Menschenwürde
Ob die Pflicht zum Tragen eines Dienstnummernschildes und der taktischen Kennzeichnung einen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung darstellt, ließ das Gericht offen. Ein solcher wäre jedenfalls ebenfalls gerechtfertigt, weil eine Pflicht zu einer solchen pseudonymen Kennzeichnung von geringerem Gewicht im Vergleich mit der namentlichen Kennzeichnung sei. Einen Eingriff in die Menschenwürde der betroffenen Polizeibeamten durch die Kennzeichnungspflicht hat das Gericht verneint; die Anonymität gehöre nicht zu dem durch Art. 4 Landesverfassung geschützten Bereich der Menschenwürde.