Ärger in Bundestag und Bundesrat wegen kurzer Beratungsfristen

Das Beraten von Gesetzen mit verkürzten Fristen unter großem Zeitdruck auf Bitten der Bundesregierung sorgt in Bundestag und Bundesrat für wachsenden Ärger. Bundestagspräsidentin Bärbel Bas ermahnte die Bundesregierung und die Vorsitzenden der Ampel-Fraktionen jetzt, den Abgeordneten mehr Zeit für Beratungen und Anhörungen zu geben.

Opposition moniert Fehlen ausreichender Beratungsmöglichkeiten

In einem Schreiben, das am Freitag an Kanzleramtsminister Wolfgang Schmidt (SPD) sowie die Fraktionsspitzen von SPD, Grünen und FDP ging, erklärte sie, die Oppositionsfraktionen hätten sich bereits mehrfach über eine zu kurzfristige Befassung beklagt. Damit gebe es keine ausreichenden Beratungsmöglichkeiten zu Gesetzgebungsvorhaben der Bundesregierung. "Trotz der regelmäßig erfolgten Zusicherungen der Vertreterinnen der Bundesregierung und der Koalitionsfraktionen lässt eine in dem gebotenen Maße erforderliche Rückkehr zu ordentlichen Abläufen auf sich warten", kritisierte die Bundestagspräsidentin.

Eilverfahren dürfen nicht zur Regel werden

Der an diesem Freitag beschlossene Gesetzentwurf zur Änderung des Raumordnungsgesetzes, bei dem es vor allem um einen schnelleren Ausbau erneuerbarer Energien geht, sei ein weiteres Beispiel dafür. In krisenhaften Zeiten hätten die meisten Abgeordneten zwar Verständnis, wenn beschleunigte Entscheidungen im Parlament getroffen werden müssten. Diese Flexibilität im Umgang mit Eilverfahren dürfe aber nicht dazu führen, dass Abläufe und Fristen regelmäßig stark gekürzt würden. Auch im Bundesrat nimmt der Unmut über diese Eilverfahren zu. Die Novelle des Raumordnungsgesetzes wurde dort am Freitag unmittelbar nach der Verabschiedung im Bundestag beraten.

Habeck verspricht Besserung

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck entschuldigte sich bei den Ländern ausdrücklich für dieses Hauruckverfahren. "Es hätte schneller gehen können. Das wissen wir", sagte er mit Blick auf die regierungsinternen Beratungen. Das Verfahren habe "an den Regierungskonstellationen insgesamt" gelegen. "Das soll sich nicht wiederholen", versicherte der Grünen-Politiker. "Wenn wir säumig sind in den Fristen, kann das der Bundesrat nicht immer ausbaden. Das ist uns wohl bewusst. Und es ist extrem ärgerlich, dass es wieder so gekommen ist. Die Vorsätze waren andere." Habeck betonte, dass seine Entschuldigung auch der Union im Bundestag gelte, die sich sehr konstruktiv verhalten habe. "Das war nicht gut, was da passiert ist", sagte er zum Ablauf des Gesetzgebungsverfahrens.

Bas warnt vor Schwächung des Bundestages

Bundestagspräsidentin Bas betonte in ihrem Schreiben, dass die parlamentarischen Verfahren eine angemessene und fundierte Beratung für alle ermöglichen müssten. "Dies betrifft nicht zuletzt auch öffentliche Anhörungen, zu denen Sachverständige geladen werden". Bas mahnte: "Wir dürfen nicht zulassen, dass der Deutsche Bundestag als zentrales Verfassungsorgan und damit auch das Vertrauen in die repräsentative Demokratie geschwächt werden."

Redaktion beck-aktuell, 6. März 2023 (dpa).