Rechtspolitische Runde debattiert über aktuelle Strafrechtsthemen

Die Rechtspolitischen Sprecherinnen und Sprecher der Bundestagsfraktionen diskutierten zum Auftakt des Deutschen Anwaltstages am 12.06.2023 im DAV-Haus. Vor digitalem und Präsenzpublikum debattierten sie über die Strafbarkeit von Straßenblockaden der letzten Generation, die Audiodokumentation des Strafprozesses, die Abwägung von Freiheitsrechten gegen IP-Speicherung und anstehende Strafrechtsreformen.

Kein Gesetzgebungsbedarf in Bezug auf die Letzte Generation

In Bezug auf die Proteste der Letzten Generation sah keiner der Anwesenden einen gesetzgeberischen Handlungsbedarf. "Es ist gerade die Stärke des freiheitlichen Rechtsstaates, dass man Freiheitsrechte für jeden Unsinn in Anspruch nehmen darf. Die Grenze des Strafrechts ist dann überschritten, wenn ein Tatbestand erfüllt wird", erklärte Ingmar Jung (CDU), Mitglied des Rechtsausschusses im Deutschen Bundestag. Auch in der Frage, ob die Letzte Generation als kriminelle Vereinigung einzuordnen ist, wollte niemand pauschale Urteile fällen. "Es werden Straftaten begangen, keine Frage, aber das als Zweck der Vereinigung anzusehen halte ich für – vorsichtig gesagt – juristisch kreativ", so Helge Limburg, Rechtspolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Aufgeschlossenheit für Audiodokumentation im Strafprozess

Technischer wurde es mit Blick auf die Audiodokumentation des Strafprozesses, die die Ampel nun einführen will. Bedenken des Unionsvertreters, die Technik sei noch nicht reif für die automatische Transkription von Prozessaufzeichnungen, sieht Katrin Helling-Plahr, Rechtspolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, nicht als Gefahr für das Projekt. "Man braucht da gar keine Angst haben, das wird sich etablieren – und es wird auch die Richterschaft am Ende überzeugen", meint die FDP-Abgeordnete.

Diskussion zu Halbierung der Ersatzfreiheitsstrafe und IP-Speicherung 

Neben der IP-Speicherung, für die sich CDU und Teile der SPD aussprechen, thematisierte das Panel auch die Halbierung der Ersatzfreiheitsstrafe. "Das ist eine der großen Gerechtigkeitsfragen in der Strafverfolgung", so Sonja Eichwede, Rechtspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion. Gleichzeitig steht für sie aber fest: "Man braucht ein Druckmittel – das ist klar." Zum Abschluss der Runde gaben die Panelisten einen Ausblick auf die für das restliche Jahr noch zu erwartenden rechtspolitischen Entwicklungen – von der geplanten Entkriminalisierung des Containerns bis zur großen Strafrechtsreform, die Ende des Jahres kommen soll.

Redaktion beck-aktuell, 13. Juni 2023.