Abgasfälle: Verbraucherzentrale Südtirol klagt gegen VW

Im Zusammenhang mit der juristischen Aufarbeitung des VW-Dieselskandals hat das Oberlandesgericht Braunschweig gestern die Musterfeststellungsklage der Verbraucherzentrale Südtirol e.V. gegen die Volkswagen AG mündlich verhandelt. Das Interesse des Musterklägers besteht vorwiegend in der Klärung, ob den VerbraucherInnen, die in Italien Fahrzeuge der Marke VW, Audi, Seat und Skoda mit dem Motor der Baureihe EA 189 erworben haben, Schadenersatzansprüche gegen die VW AG zustehen.

Verbraucherzentrale vertritt über 1.000 Verbraucher

Mit der im November 2018 gesetzlich eingeführten Musterfeststellungsklage können Verbraucher und Verbraucherinnen verbindlich feststellen lassen, ob die tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen eines Anspruchs gegenüber einem Unternehmen vorliegen. In dem hiesigen Verfahren vertritt die Verbraucherzentrale Südtirol e.V. als Musterkläger die Interessen von knapp über 1.000 Personen, die in Italien ansässig sind und die sich zum Klageregister angemeldet haben.

Italienisches Sachrecht anzuwenden

Der Senat hatte die Parteien bereits im Vorfeld darauf hingewiesen, dass entgegen der Ausführungen des Musterklägers nicht deutsches, sondern italienisches Sachrecht im Rahmen der Prüfung möglicher Schadenersatzansprüche zur Anwendung komme. Die internationale Zuständigkeit des angerufenen deutschen Gerichts sei von der Frage des anwendbaren Rechts zu trennen, so das OLG.

Sachverhalt unterliegt Rom II-Verordnung

Weiter führte das OLG aus, dass der vorliegende Sachverhalt von der Europäischen Verordnung Nr. 864/2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom II-Verordnung) erfasst werde. Im Regelfall sei danach das Recht des Staates anzuwenden, in dem der Schaden eintritt, Art. 4 Abs. 1 Rom II-VO. Dies sei vorliegend Italien. Trotz des Sitzes des Unternehmens der Musterbeklagten in Deutschland bestehe keine offensichtlich engere Verbindung zum deutschen Recht.

Keine Zweifel an Auslegung von EU-Recht

Schließlich seien die gegenständlichen Verträge in Italien geschlossen worden; dorthin seien auch die Fahrzeuge ausgeliefert und in den Verkehr gebracht worden, heißt es in der Entscheidung weiter. Zweifel bei der Auslegung der Europäischen Verordnung bestünden nicht, sodass auch keine von dem Musterkläger angeregte Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union veranlasst sei, so der Senat.

Sachverständigengutachten soll Klärung bringen

Ferner teilte der Senat mit, dass er im weiteren Verlauf des Prozesses nur noch diejenigen Feststellungsziele inhaltlich weiterverfolgen werde, die ins italienische Recht weisen. Dazu habe er dann das italienische Recht auch anzuwenden. Der Senat kündigte zudem an, zunächst ein Sachverständigengutachten in Auftrag zu geben. Die Parteien des Musterfeststellungsverfahrens erhalten laut Gericht zudem Gelegenheit, zu den erteilten Hinweisen bis zum 08.04.2022 Stellung zu nehmen.

Redaktion beck-aktuell, 23. Februar 2022.