Mehrkosten am Bau: "Anordnung" nach der VOB/B setzt Anweisung des Bauherrn voraus

Beim Bau einer Starkstromanlage kam es aufseiten des Auftragsgebers zu Verzögerungen. Eine Vertragsanpassung wegen Mehrkosten lehnte der BGH in Fortführung seiner Rechtsprechung ab: Die bloße Übersendung geänderter Ablaufpläne durch den Bauherrn sei keine preisändernde Bauanordnung nach der VOB/B.

Haben sich die Umstände geändert, unter denen gebaut wird, so kann es sein, dass dem Bauträger Mehrkosten entstehen. So ging es auch einem Unternehmen, dass nach einer öffentlichen Ausschreibung Starkstromanlagen bauen sollte und am Ende draufzahlte, weil es zu Bauverzögerungen gekommen war.

Die Arbeiten kamen schon schleppend in Gang. Der Baubeginn hätte im Juni 2018 sein sollen. Aber erst nachdem der Bauträger Anfang Juli 2018 eine Baubehinderung angemeldet hatte, schickte der Auftraggeber gegen Ende des Monats einen Bauablaufplan. Am 31. Januar 2019 übermittelte er dem Bauunternehmen dann einen korrigierten Bauablaufplan für die weitere Ausführung. Dieser sah eine Verschiebung der Abnahme vor. In der Zwischenzeit kam es zu weiteren fünf Baubehinderungen, die das Unternehmen monierte. Die finale Abnahme fand im November 2019 statt.

Als der Bauherr sich weigerte, die eingeforderten Mehrkosten in Höhe von rund 57.000 Euro für Personal und Baucontainer wegen Verlängerung der Bauzeit und wegen gestiegener Tariflöhne zu zahlen, zog der Betrieb vor Gericht. Klage und Berufung scheiterten. Das OLG Dresden verneinte einen Mehrvergütungsanspruch wegen Verlängerung der Bauzeit nach § 2 Abs. 5 VOB/B. Nach dieser Norm besteht ein Anspruch auf Preisanpassung unter Berücksichtigung von Mehrkosten, falls sich aufgrund von "Anordnungen" des Auftraggebers die Grundlagen der Kalkulation ändern. Das Gericht kam aber zum Schluss, dass die Übermittlung der Bauablaufpläne am 23. Juli 2018 und am 31. Januar 2019 keine Anordnungen im Sinne dieser Vorschrift darstelle. Die Anlagenbauer legte Revision ein, scheiterte aber auch damit.

Keine rechtsgeschäftliche Erklärung des Auftraggebers

Der VII. Zivilsenat des BGH stimmte den Ausführungen des OLG zu (Urteil vom 19.09.2024 – VII ZR 10/24). Bei der – hier vom Bauherrn vorgegebenen – VOB/B handele sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen, die nach §§ 133, 157 BGB auszulegen seien. Dabei müssten Fälle von Mehrkosten aufgrund von Anweisungen des Auftraggebers von solchen abgegrenzt werden, die durch andere Vertragsstörungen entstanden sind, so die Karlsruher Richterinnen und Richter.

Eine "Anordnung" im Sinne des § 2 Abs. 5 VOB/B erfordere eine rechtsgeschäftliche Erklärung des Auftraggebers zur einseitigen Änderung der Vertragspflichten. Eine solche liege – wie zu Recht vom OLG erkannt – bei der Übermittlung von Bauablaufplänen nicht vor. Denn der Auftraggeber reagiere damit nur auf die ohnehin entstandene Verzögerung der Bauarbeiten.

Diese Fälle seien vielmehr über den Schadensersatzanspruch nach § 6 Abs. 6 S. 1 VOB/B zu lösen – wenn den Bauherrn die Schuld an der Verzögerung treffe. Eine solche adäquat-kausale Pflichtverletzung des Auftraggebers konnte der Bausenat des BGH hier aber nicht erkennen. 

BGH, Urteil vom 19.09.2024 - VII ZR 10/24

Redaktion beck-aktuell, ns, 6. November 2024.