BGH: «Insbesondere»-Unterlassungsantrag

ZPO §§ 253 II Nr. 2, 313 I Nr. 4

Ein mit „insbesondere“ eingeleiteter Teil eines Unterlassungsantrags dient zum einen der Erläuterung des in erster Linie beantragten abstrakten Verbots, indem er beispielhaft verdeutlicht, was unter der im abstrakten Antragsteil genannten Form zu verstehen ist. Zum anderen kann der Kläger auf diese Weise deutlich machen, dass Gegenstand seines Begehrens nicht allein ein umfassendes, abstrakt formuliertes Verbot ist, sondern dass er – falls er insoweit nicht durchdringt – jedenfalls die Unterlassung des konkret beanstandeten Verhaltens begehrt, wobei allerdings auch dieser „insbesondere“-Zusatz den allgemeinen Regeln unterliegt und deshalb dem Bestimmtheitsgebot entsprechen muss. (Leitsatz des Verfassers)

BGH, Urteil vom 12.12.2019 - I ZR 117/17, GRUR-RS 2019, 37304 – „ÖKO-TEST II“

Anmerkung von 
Richter am Kammergericht Dr. Oliver Elzer, Berlin

Aus beck-fachdienst Zivilverfahrensrecht 05/2020 vom 06.03.2020

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Sachverhalt 

K beantragt B unter Androhung der gesetzlich vorgesehenen Ordnungsmittel zu verbieten, in der Bundesrepublik Deutschland im geschäftlichen Verkehr zur Bewerbung der Produkte „C. Kissen A.“ und „C. S. K+F“ eine als „ÖKO-TEST“-Label bekannte Gemeinschaftsmarke der K zu verwenden, insbesondere, wenn dies wie dann abgebildet geschieht. Fraglich ist, ob dieser Antrag bestimmt genug gefasst ist.

Entscheidung: Der BGH bejaht die Frage

Ein mit „insbesondere“ eingeleiteter Teil eines Unterlassungsantrags diene zum einen der Erläuterung des in erster Linie beantragten abstrakten Verbots, indem er beispielhaft verdeutliche, was unter der im abstrakten Antragsteil genannten Form zu verstehen sei. Zum anderen könne der Kläger auf diese Weise deutlich machen, dass Gegenstand seines Begehrens nicht allein ein umfassendes, abstrakt formuliertes Verbot sei, sondern dass er – falls er insoweit nicht durchdringe – jedenfalls die Unterlassung des konkret beanstandeten Verhaltens begehre, wobei allerdings auch dieser „Insbesondere“-Zusatz den allgemeinen Regeln unterliege und deshalb dem Bestimmtheitsgebot entsprechen müsse (Hinweis auf stRspr, ua BGH GRUR 2016, 705 Rn. 13 – ConText). Wähle der Kläger eine Verallgemeinerungsform, deren abstrakter Inhalt die „Insbesondere“-Variante nicht mehr umfasse, könne der Klage nicht mit diesem Antrag stattgegeben werden, weil die mit „insbesondere“ beginnenden Teile des Klageantrags keinen eigenen Streitgegenstand enthielten und daher nicht als „echte Hilfsanträge“ anzusehen seien. Vielmehr sei in einem solchen Fall der gesamte Antrag wegen Widersprüchlichkeit unbestimmt (Hinweis auf BGH GRUR 2016, 705 Rn. 13 – ConText). 

Im Streitfall sei der Unterlassungsantrag hinreichend bestimmt. Der „abstrakte Antragsteil“ sei nicht auf die Verwendung mit der Klagemarke identischer Zeichen beschränkt. Er sei vielmehr unter Berücksichtigung der Ausführungen in der Klageschrift dahingehend zu verstehen, dass K sich gegen sämtliche Handlungen wende, die ihre Klagemarke verletzen. Durch den „Insbesondere“-Zusatz habe K deutlich gemacht, gegen welche Handlungen sich der abstrakte Antragsteil jedenfalls richte, nämlich gegen die Verwendung von Zeichen in der dargestellten Form. Weil danach sowohl der abstrakte Antragsteil als auch der „Insbesondere“-Zusatz hinreichend bestimmt seien und letzterer vom abstrakten Antragsteil umfasst sei, komme es in diesem Zusammenhang nicht darauf an, ob es sich bei den abgebildeten Verletzungshandlungen tatsächlich um eine identische Verwendung der Klagemarke oder nur eines ihr ähnlichen Zeichens handele.

Praxishinweis

Nach stRspr des I. BGH-Zivilsenats führt das Wort „insbesondere“ in einem Klageantrag weder zu einer Einschränkung noch zu einer Erweiterung des Antrags. Es stelle vielmehr eine Auslegungshilfe dar (BGH GRUR 2012, 945 Rn. 22 – Tribenuronmethyl; BGH GRUR 2002, 86 unter II 1 b) – Laubhefter). Der mit „insbesondere“ eingeleitete Teil des Antrags diene zum einen der Erläuterung des in erster Linie beantragten abstrakten Verbots. Zum anderen könne die klagende Partei auf diese Weise deutlich machen, dass Gegenstand ihres Begehrens nicht allein ein umfassendes, abstrakt formuliertes Verbot sei, sondern dass sie – falls sie insoweit nicht durchdringe – jedenfalls die Unterlassung des konkret beanstandeten Verhaltens begehre (BGH GRUR 2018, 324, Rn. 32 – Kraftfahrzeugwerbung; BGH GRUR 2012, 945 Rn. 22 – Tribenuronmethyl).

Redaktion beck-aktuell, 11. März 2020.

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