BGH: Keine Kostenentscheidung nach vergleichsweiser Regelung

ZPO § 91a

Für eine Kostenentscheidung nach § 91a ZPO ist kein Raum, wenn die Parteien in einem gerichtlichen oder außergerichtlichen Vergleich die Kostentragungspflicht geregelt haben. (Leitsatz des Verfassers)

BGH, Beschluss vom 22.10.2019 - II ZR 136/19, BeckRS 2019, 28186

Anmerkung von 
Richter am Kammergericht Dr. Oliver Elzer, Berlin

Aus beck-fachdienst Zivilverfahrensrecht 24/2019 vom 13.12.2019

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Sachverhalt 

Die Parteien erklären nach einem außergerichtlichen Vergleich den Rechtsstreit entsprechend einer im Vergleich getroffenen Verpflichtung übereinstimmend für erledigt. Im Vergleich ist vereinbart, dass die Kosten des Rechtsstreits der Beklagten auferlegt werden sollen. Beide Parteien bitten um eine entsprechende Kostenentscheidung.

Entscheidung: Nach Ansicht des BGH ist keine Kostenentscheidung nach § 91a I ZPO zu treffen

Nach der BGH-Rechtsprechung sei für eine Kostenentscheidung nach § 91a ZPO kein Raum, wenn die Parteien in einem gerichtlichen oder außergerichtlichen Vergleich die Kostentragungspflicht geregelt hätten (Hinweis ua auf BGH BeckRS 2017, 102386 Rn. 2 und BGH BGHReport 2003, 1046). Denn der Erlass einer Kostenentscheidung nach § 91a ZPO setze voraus, dass eine gerichtliche Entscheidung zur Beendigung des Kostenstreits nötig sei. Ergebe indes eine nach § 98 ZPO maßgebende Parteivereinbarung, wer die Kosten des Rechtsstreits trage, bestehe kein Kostenstreit, der vom Gericht noch zu entscheiden wäre.

Praxishinweis

Kostenübernahmeerklärung 

Erklären die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt, entscheidet das Gericht über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen. Anders ist es, wenn eine Partei erklärt, die Kosten des Rechtsstreits zu übernehmen – eine Kostenübernahmeerklärung iSv KV 211 Nr. 4 GKG. Eine solche Kostenübernahmeerklärung ist bei der Kostengrundentscheidung nach § 91a ZPO zu berücksichtigen mit der Folge, dass ihr in Anwendung des Grundgedankens des § 307 S. 1 ZPO ohne weitere Sachprüfung die Kosten aufzuerlegen sind (BGH BeckRS 2014, 16534 Rn. 4; BGH BeckRS 2010, 11496 Rn. 2). 

Der II. Zivilsenat meint nun mit der wohl sogar hM (Nachweise bei MüKoZPO/Schulz § 98 Rn. 35), es sei bei einem außergerichtlichen Vergleich anders und eine Kostengrundentscheidung sei vollständig entbehrlich (siehe grundlegend BGH BeckRS 1969, 31180024 unter II 2 a). Überzeugender ist indes mit Blick auf § 91a ZPO und § 308 II ZPO, nach Beendigung der Rechtshängigkeit durch übereinstimmende Erledigungserklärungen eine gerichtliche Kostengrundentscheidung stets, jedenfalls aber dann zu treffen, wenn die Parteien es, wie im Fall, beantragen (BeckOK ZPO/Jaspersen ZPO § 98 Rn. 15; MüKoZPO/Schulz § 98 Rn. 37). Hierfür spricht das Ziel der Kostengerechtigkeit (dazu BeckOK ZPO/Jaspersen § 91a Rn. 1), zu der auch die Kostenklarheit zu zählen ist, und spricht ferner, dass ein außergerichtlicher Vergleich keinen Vollstreckungstitel darstellt (§ 794 I Nr. 1 ZPO) und er daher gem. § 103 I ZPO nicht Grundlage einer Kostenfestsetzung sein kann (siehe auch MüKoZPO/Schulz § 98 Rn. 45).

Streithelfer 

Regelt ein Vergleich, dem der Streithelfer ausdrücklich zugestimmt hat, nur die Verteilung der Kosten des Rechtsstreits zwischen den Parteien des Rechtsstreits, ohne die Kosten der Nebenintervention zu erwähnen, schließt dies regelmäßig einen prozessualen Kostenerstattungsanspruch des Nebenintervenienten aus (BGH NJW = FD-ZVR 2016, 377092 mAnm Elzer).

Redaktion beck-aktuell, 17. Dezember 2019.

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