BGH: Beiordnung eines Notanwalts

ZPO §§ 78b, 83, 87

Mit dem Ziel, die Einreichung einer inhaltlich ihren Vorstellungen entsprechenden Revisions- oder Nichtzulassungsbeschwerdebegründung zu erreichen, kann eine Partei die Beiordnung eines Notanwalts nicht verlangen. (Leitsatz des Verfassers)

BGH, Beschluss vom 12.09.2019 - I ZR 28/19, BeckRS 2019, 24103

Anmerkung von 
Richter am Kammergericht Dr. Oliver Elzer, Berlin

Aus beck-fachdienst Zivilverfahrensrecht 21/2019 vom 31.10.2019

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Sachverhalt

K wendet sich mit einer Restitutionsklage gegen das im Vorprozess ergangene Berufungsurteil, mit dem ihre im Rahmen einer Widerklage geltend gemachten markenrechtlichen Ansprüche gegen die Beklagte zurückgewiesen worden sind. Das Berufungsgericht hat die Restitutionsklage abgewiesen und die Revision nicht zugelassen. Gegen dieses Urteil ist durch Rechtsanwalt X, einen beim BGH zugelassenen Rechtsanwalt, Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt worden. Eine Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde geht auch fristgerecht ein. Zugleich erklärt X aber, K nicht mehr zu vertreten. Am selben Tag stellt K per Fax den Antrag auf Beiordnung eines Notanwalts und teilt mit, X das Mandat entzogen zu haben. Hintergrund ist, dass K und X streiten, ob den rechtlichen Überlegungen der K zu folgen sei.

Entscheidung: K hat keinen Anspruch auf Beiordnung eines Notanwalts

Mit dem Ziel, die Einreichung einer inhaltlich ihren Vorstellungen entsprechenden Revisions- oder Nichtzulassungsbeschwerdebegründung zu erreichen, könne eine Partei die Beiordnung eines Notanwalts nicht verlangen.

Praxishinweis

Notanwalt

Nach § 78b I ZPO hat das Gericht, soweit eine Vertretung durch Anwälte geboten ist, einer Partei auf ihren Antrag einen Notanwalt beizuordnen, wenn sie einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht findet und die Rechtsverfolgung nicht mutwillig oder aussichtslos erscheint. Hat die Partei – wie im Fall – zunächst einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt gefunden und entsprechend mandatiert, so kommt im Falle einer späteren Mandatsniederlegung die Beiordnung eines Notanwalts nur dann in Betracht, wenn die Partei die Beendigung des Mandats nicht zu vertreten hat. Dabei rechtfertigen allein Differenzen einer Partei über die von ihrem beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt avisierte Nichtzulassungsbeschwerdebegründung und die darauf folgende Mandatsniederlegung nicht die Beiordnung eines Notanwalts.

Zulassungsbeschränkung

Sinn und Zweck der Zulassungsbeschränkung für Rechtsanwälte und Rechtsanwältinnen beim BGH ist, die Rechtspflege durch eine leistungsfähige und in Revisionssachen besonders qualifizierte Anwaltschaft zu stärken. Die Rechtsuchenden sollen kompetent beraten werden und im Vorfeld von aussichtslosen Rechtsmitteln Abstand nehmen können, was ihnen Kosten erspart. Zugleich soll der BGH von unzulässigen Rechtsmitteln entlastet werden.

Wirksame Nichtzulassungsbeschwerde

X konnte trotz Kündigung des Mandatsverhältnisses die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision einlegen. Nach § 87 I ZPO erlangt die Kündigung des Vollmachtvertrags dem Gegner gegenüber erst durch die Anzeige des Erlöschens der Vollmacht, in Anwaltsprozessen erst durch die Anzeige der Bestellung eines anderen Anwalts rechtliche Wirksamkeit. Dasselbe gilt gegenüber dem Gericht (BGH NJW 1980, 999 [juris Rn. 7]). Die Regelung soll verhindern, dass Ereignisse, die in der Sphäre einer Partei liegen, dem Prozessgegner und dem Gericht die Fortführung und Abwicklung des Rechtsstreits erschweren.

Redaktion beck-aktuell, 31. Oktober 2019.

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