BGH: Prozessführungsbefugnis des Zwangsverwalters

ZPO §§ 51, 104 I 1

Enthält ein vollstreckbarer Titel eine Kostengrundentscheidung zu Gunsten oder zu Lasten des Zwangsverwalters, ist dieser in dem nachfolgenden Kostenfestsetzungsverfahren auch dann prozessführungsbefugt, wenn die Zwangsverwaltung beendet ist. (Leitsatz des Verfassers)

BGH, Beschluss vom 27.06.2019 - V ZB 27/18, BeckRS 2019, 21867

Anmerkung von 
Richter am Kammergericht Dr. Oliver Elzer, Berlin

Aus beck-fachdienst Zivilverfahrensrecht 20/2019 vom 19.10.2019

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Sachverhalt

Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer K nimmt B, den Zwangsverwalter eines Teileigentums, auf Zahlung der Abrechnungsspitze aus der Abrechnung 2013 in Anspruch. Im April 2015 wird B verurteilt, an K rund 1.000 EUR zu zahlen und ihm werden die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Im September 2015 wird die Zwangsverwaltung aufgehoben. Auf Antrag der K setzt das AG gegen B nach § 103 ZPO die Kosten fest. Dagegen geht B vor. Er meint, die Kosten müssten gegen den Teileigentümer S, den Schuldner, festgesetzt werden. Das LG sieht das nicht so. Für einen Wechsel der Passivlegitimation fehle es an einer rechtlichen Grundlage. Eine Vollstreckung in sein Privatvermögen müsse B außerdem nicht befürchten. B legt jetzt Rechtsbeschwerde ein. Ohne Erfolg!

Entscheidung: B ist prozessführungsbefugt

Ein Zwangsverwalter sei auch nach Aufhebung der Zwangsverwaltung ohne weiteres (aktiv oder passiv) prozessführungsbefug, auch dann, wenn die Zwangsverwaltung vor Einleitung des Rechtsstreits, während des laufenden Prozesses oder nach Abschluss des Erkenntnisverfahrens aufgehoben worden sei. Obwohl der Zwangsverwalter mit dem Wirksamwerden des Aufhebungsbeschlusses seine ihm kraft hoheitlichen Amtes übertragenen Befugnisse verliere, sei er nämlich weiterhin dazu berechtigt und verpflichtet, seine Geschäfte ordnungsgemäß abzuwickeln und die dazu dienenden Maßnahmen vorzunehmen (Hinweis ua auf BGH NJW-RR 2008, 892 Rn. 8). Insbes. müsse er eingeleitete Verwaltungsmaßnahmen abwickeln und die von ihm begründeten Verbindlichkeiten aus dem vorhandenen Kassenbestand begleichen. Zu der ordnungsmäßigen Beendigung der Verwaltung gehöre auch die Wahrnehmung der Rechte und Pflichten des Zwangsverwalters in einem Kostenfestsetzungsverfahren, das der Umsetzung einer zu Gunsten oder zu Lasten des Zwangsverwalters ergangenen Kostengrundentscheidung diene.

Praxishinweis

Erkenntnisverfahren

Für das Erkenntnisverfahren ist im Grundsatz anerkannt, dass mit dem Aufhebungsbeschluss die aus § 152 Hs. 2 ZVG abgeleitete Prozessführungsbefugnis des Zwangsverwalters für anhängige Prozesse entfällt, sofern das Gericht nicht eine Fortdauer im Zusammenhang mit der Aufhebung erkennbar bestimmt (BGH NJW 2018, 706 Rn. 26; BGH NJW-RR 2008, 892 Rn. 8). Nicht abschließend geklärt ist allerdings, ob bei einer Antragsrücknahme im laufenden Passivprozess des Zwangsverwalters etwas Anderes gilt und die Prozessführungsbefugnis des Zwangsverwalters fortbesteht (dafür ua BAG NJW 1980, 2148; dagegen ua OLG Brandenburg BeckRS 2013, 1594; KG NZM 2004, 639).

Kostenfestsetzung und Titel

Grundlage einer Kostenfestsetzung ist ein zur Zwangsvollstreckung geeigneter Titel (§ 103 I ZPO). Der Kostenfestsetzungsbeschluss, der im Kostenfestsetzungsverfahren gem. § 104 ZPO erlassen wird, füllt lediglich die Kostengrundentscheidung hinsichtlich der Höhe des zu erstattenden Kostenbetrags aus (BGH NJW 2013, 2438 Rn. 11). Die Kostengrundentscheidung ist für den Rechtspfleger bindend, mag sie auch falsch sein. Er darf sie nur im Rahmen der allgemeinen Grundsätze auslegen, ist hierzu aber auch verpflichtet. Er muss betragsmäßig umsetzen, was in der Kostengrundentscheidung festgelegt ist (BGH NZI 2017, 731 Rn. 7).

Redaktion beck-aktuell, 22. Oktober 2019.

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