BGH: An­for­de­run­gen an das Be­strei­ten (hier: Wohn­flä­che)

ZPO § 138 III

Ein ein­fa­ches Be­strei­ten der vom Ver­mie­ter vor­ge­tra­ge­nen Wohn­flä­che ohne ei­ge­ne po­si­ti­ve An­ga­ben ge­nügt im Miet­erhö­hungs­ver­fah­ren nicht den An­for­de­run­gen an ein sub­stan­zi­ier­tes Be­strei­ten. (vom Ver­fas­ser be­ar­bei­te­ter Leit­satz des Ge­richts)

BGH, Ur­teil vom 31.05.2017 - VIII ZR 181/16, BeckRS 2017, 113924

An­mer­kung von
Dr. Oli­ver Elzer, Rich­ter am Kam­mer­ge­richt

Aus beck-fach­dienst Zi­vil­ver­fah­rens­recht 14/2017 vom 21.07.2017

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Sach­ver­halt

Ver­mie­ter K ver­langt von Mie­ter B die Zu­stim­mung zu einer Er­hö­hung der mo­nat­li­chen Net­to­kalt­mie­te. Im Miet­ver­trag ist keine be­stimm­te Wohn­flä­che ver­ein­bart. Das AG weist die Zu­stim­mungs­kla­ge ab. Die da­ge­gen ein­ge­leg­te Be­ru­fung bleibt er­folg­los. K sei für die tat­säch­li­che Woh­nungs­grö­ße, die er mit 92,54 m2 an­ge­be, be­weis­fäl­lig ge­blie­ben, da er trotz des – ein­fa­chen – Be­strei­tens des B für die tat­säch­li­che Woh­nungs­grö­ße kei­nen Be­weis an­ge­bo­ten habe. Mit Re­vi­si­on ver­folgt K sein Kla­ge­be­geh­ren wei­ter. Zu­nächst mit Er­folg!

Ent­schei­dung

Je­den­falls mit der vom LG ge­ge­be­nen Be­grün­dung könne ein An­spruch gem. § 558 I 1 BGB nicht ver­neint wer­den. Denn das Be­ru­fungs­ge­richt habe zu Un­recht an­ge­nom­men, K sei für die von ihm be­haup­te­te Wohn­flä­che be­weis­fäl­lig ge­blie­ben. Man­gels sub­stan­zi­ier­ten Be­strei­tens des B gelte viel­mehr die von K be­haup­te­te Größe gem. § 138 III ZPO als zu­ge­stan­den. Es ge­nü­ge näm­lich nicht, dass der be­klag­te Mie­ter die vor­ge­tra­ge­ne Wohn­flä­che le­dig­lich be­strei­te. Der Ver­mie­ter, der eine Miet­erhö­hung ver­lan­ge, trage zwar die Dar­le­gungs- und Be­weis­last für die in An­satz zu brin­gen­de tat­säch­li­che Wohn­flä­che. Wenn er je­doch eine be­stimm­te Wohn­flä­che vor­tra­ge, ge­nü­ge dies den An­for­de­run­gen an eine sub­stan­zi­ier­te Dar­le­gung. Der so­dann er­klä­rungs­be­las­te­te Mie­ter habe – solle sein Vor­trag be­acht­lich sein – auf die Be­haup­tung des Ver­mie­ters grund­sätz­lich eben­falls sub­stan­ti­iert (d.h. mit nä­he­ren po­si­ti­ven An­ga­ben) zu er­wi­dern und müsse er­läu­tern, von wel­chen tat­säch­li­chen Um­stän­den er aus­ge­he; mit blo­ßem Be­strei­ten dürfe sich der Mie­ter nur bei pau­scha­lem Vor­brin­gen des Ver­mie­ters be­gnü­gen (Hin­weis auf BGH NJW 2015, 475 Rn. 16 mAnm Elzer FD-ZVR 2014, 364708 und BGH NJW 2008, 1801 Rn. 29).

Zwar setze die Ver­pflich­tung zu einem sub­stan­zi­ier­ten Ge­gen­vor­trag vor­aus, dass ein sol­ches Vor­brin­gen der er­klä­rungs­be­las­te­ten Par­tei mög­lich und zu­mut­bar sei. Dies sei idR je­doch der Fall, wenn sich die be­haup­te­ten Um­stän­de in ihrem Wahr­neh­mungs­be­reich ver­wirk­lich­ten. Un­ab­hän­gig davon, ob die Größe der ge­mie­te­ten Woh­nung in der Miet­ver­trags­ur­kun­de an­ge­ge­ben sei oder nicht, sei es dem Mie­ter indes idR mög­lich, die Wohn­flä­che der ge­mie­te­ten Woh­nung über­schlä­gig zu ver­mes­sen und sei­ner­seits einen be­stimm­ten ab­wei­chen­den Flä­chen­wert vor­zu­tra­gen. Und so sei es auch im Fall. Das von B an­ge­bo­te­ne Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­ten ver­lei­he sei­nem Vor­trag nicht den Ge­halt eines sub­stan­ti­ier­ten Be­strei­tens: in­so­weit han­de­le es sich nicht um einen kon­kre­ten Sach­vor­trag, son­dern al­lein um ein (un­be­acht­li­ches) Be­weis­an­ge­bot einer nicht be­weis­be­las­te­ten Par­tei.

Pra­xis­hin­weis

Der An­spruchs­geg­ner hat sich – so­fern kein Fall der zu­läs­si­gen Er­klä­rung mit Nicht­wis­sen nach § 138 IV ZPO vor­liegt – nach § 138 II ZPO über die von der Ge­gen­sei­te be­haup­te­ten Tat­sa­chen zu er­klä­ren. Der Um­fang der dabei von ihm zu for­dern­den Sub­stan­zi­ie­rung rich­tet sich nach dem In­halt des Vor­trags der dar­le­gungs­pflich­ti­gen Par­tei (BGHZ 200, 350 Rn. 11 mAnm Elzer FD-ZVR 2014, 359982).

Redaktion beck-aktuell, 26. Juli 2017.

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