BGH: Gerichtliche Anordnung an den Verwalter zur Vorlage der Eigentümerliste und Zwangsmittel

WEG § 44 I 2

1. Legt der Verwalter auf eine entsprechende Anordnung des Gerichts eine Eigentümerliste vor, kann das Gericht mangels entgegenstehender Anhaltspunkte in aller Regel davon ausgehen, dass der Verwalter die Liste nach bestem Wissen und Gewissen erstellt hat und diese den Eigentümerbestand im Zeitpunkt der Rechtshängigkeit zutreffend ausweist.

2. Anders liegt der Fall aber, wenn der Verwalter selbst auf Fehler der vorgelegten Liste oder Zweifel an ihrer Richtigkeit hinweist, diese Fehler aber nicht korrigiert bzw. die Zweifel nicht aufklärt. Es ist Aufgabe des Verwalters, die für das Erstellen einer korrekten Eigentümerliste etwaig erforderlichen Ermittlungen anzustellen. Weigert er sich, eine entsprechende Liste vorzulegen, ist er hierzu mit Zwangsmitteln anzuhalten. Als Zwangsmittel steht hierbei allerdings nur die Verhängung eines Ordnungsgeldes entsprechend § 142 Abs. 2 S. 2 i.V.m. § 390 Abs. 1 S. 2 ZPO zur Verfügung, nicht jedoch eine Haftanordnung. (amtl. Leitsätze)

BGH, Urteil vom 04.05.2018 - V ZR 266/16 (LG Stuttgart), BeckRS 2018, 13278

Anmerkung von
Rechtsanwalt Prof. Dr. Wolf-Rüdiger Bub, Rechtsanwältin Nicola Bernhard, Rechtsanwälte Bub, Gauweiler & Partner, München

Aus beck-fachdienst Miet- und Wohnungseigentumsrecht 14/2018 vom 19.07.2018

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Sachverhalt

Die Parteien sind die Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Der Kläger hat mit der gegen die übrigen Wohnungseigentümer gerichteten Klage u.a. mehrere in der Eigentümerversammlung vom 01.10.2014 gefasste Beschlüsse angefochten.

Das Amtsgericht hat - soweit von Interesse - die der Verwalterin der Wohnungseigentümergemeinschaft am 13.12.2014 zugestellte Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers hat das Landgericht mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klage als unzulässig abgewiesen wird. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Berufungsanträge weiter. Die Beklagten beantragen die Zurückweisung der Revision.

Rechtliche Wertung

Die Revision hat Erfolg. § 44 Abs. 1 Satz 2 WEG i.V.m. §§ 253 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 4, 130 Nr. 1 ZPO verlangt zwar, dass die mit einer Kurzbezeichnung benannten Beklagten bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung unter Angabe einer ladungsfähigen Anschrift zu bezeichnen sind. Diesen Anforderungen genügt eine Eigentümerliste nicht, die - wie hier - nicht dem aktuellen Stand im Zeitpunkt der Klageerhebung (= Rechtshängigkeit, § 261 ZPO) entspricht. Werden die Angaben nicht korrigiert, ist die Klage als unzulässig abzuweisen; § 44 Abs. 1 S. 2 WEG ist nicht nur eine prozessuale Ordnungsvorschrift. Die fehlende Angabe kann aber im Berufungsrechtszug nachgeholt werden. Hierfür müssen die Voraussetzungen des § 533 ZPO nicht gegeben sein, es geht nicht um eine Klageänderung in Form eines Parteiwechsels; der Eigentümerliste kommt nur deklaratorische Bedeutung zu. Ein versehentlich nicht aufgeführter Wohnungseigentümer bleibt gleichwohl Partei. Die Einreichung der Eigentümerliste ist Sache des Klägers, aber nur, wenn er dazu in der Lage ist. Ansonsten genügt er seiner prozessualen Obliegenheit, wenn er sich auf die Vorlage durch die Verwaltung bezieht oder beantragt, dieser die Vorlage aufzugeben - was analog § 142 Abs. 1 ZPO möglich ist, ausnahmsweise auch die aktive Anfertigung einer Liste umfasst und vom Gericht anzuordnen ist. Bei - wie hier - aufgetretenen Zweifeln muss der Verwalter zudem nachermitteln und eine möglichst korrekte Liste vorlegen. Kommt der Verwalter dem nicht innerhalb der gesetzten Frist nach, ist er mit Ordnungsmitteln anzuhalten. Als Zwangsmittel steht nur die Verhängung eines Ordnungsgelds entsprechend § 142 Abs. 2 S. 2 i.V.m. § 390 Abs. 1 S. 2 ZPO zur Verfügung, nicht eine Haftanordnung. Denn eine analoge Heranziehung einer Norm genügt im Hinblick auf Art. 104 Abs. 1 S. 1 GG nicht als Ermächtigungsgrundlage für Freiheitsentziehungen.

Praxishinweis

Der BGH führt mit der vorliegenden Entscheidung seine bisherige Rechtsprechung (BGH, Urteil vom 14.12.2012 - V ZR 162/11, NJW 2013, 1003) fort, wonach das Gericht bei einer Beschlussmängelklage auf Anregung des Klägers der Verwaltung aufgeben muss, eine aktuelle Liste der Wohnungseigentümer vorzulegen; kommt die Verwaltung der Aufforderung nicht nach, muss das Gericht die Anordnung nach Fristablauf gegebenenfalls mit Ordnungsmitteln durchsetzen (§ 142 ZPO analog).

Die Herausgabe oder Übersendung einer Liste der Wohnungseigentümer an ein Mitglied der Gemeinschaft darf vom Verwalter nicht verweigert werden. Wegen der in § 44 Abs. 1 S. 2 WEG normierten Pflicht, die Wohnungseigentümer namhaft zu machen, können die verbleibenden Wohnungseigentümer dem zumindest insoweit nicht widersprechen, als die Liste ausschließlich die nach §§ 253 Abs. 1 Nr. 1, 130 Nr. 1 ZPO erforderlichen Informationen erhält. Regelmäßig wird eine solche Liste nur den Namen, Vornamen, akademische Grade und sonstige Titel, Anschriften und Angaben zum Beruf enthalten dürfen (Drasdo NZM 2009, 724).

Eine Korrektur der zwar rechtzeitig i.S.d. § 44 Abs. 1 S. 2 WEG eingereichten, aber in einzelnen Punkten unvollständigen oder fehlerhaften Eigentümerliste ist grundsätzlich auch noch nach dem Zeitpunkt gemäß § 44 Abs. 1 S. 2 WEG möglich; so ist insbesondere die Nachbenennung einer Miteigentümerin, die ihren Miteigentumsanteil gemeinschaftlich mit dem Ehemann hält, aber in der rechtzeitig vorgelegten Eigentümerliste fehlt, noch in der Berufungsinstanz zulässig (LG München I, Urteil vom 09.05.2011 - 1 S 22360/10, BeckRS 2011, 12865). Wegen der vom BGH nochmals bestätigten deklaratorische Bedeutung der Eigentümerliste sind Berichtigungen in analoger Anwendung des § 319 ZPO jederzeit möglich (Schmid ZWE 2013, 193; Dötsch IMR 2018, 3051).

Kommt der Verwalter seine Verpflichtung zur Vorlage der Eigentümerliste nicht nach und fruchten auch verhängte Ordnungsgelder nicht, so kann der Kläger die Abweisung der Klage als unzulässig vermeiden, indem er selbst eine Eigentümerliste durch Einsicht in das Grundbuch erstellt und dem Gericht vorliegt. Die hierdurch verursachten Kosten kann er vom Verwalter jedenfalls unter dem Gesichtspunkt des Verzugs verlangen, wenn er den Verwalter unter Fristsetzung zur Vorlage der Eigentümerliste aufgefordert hatte.

Redaktion beck-aktuell, 19. Juli 2018.