BGH: Abrechnungspflicht des bisherigen Verwalters

WEG §§ 26, 28 III, IV

Die Pflicht zur Erstellung der Jahresabrechnung gemäß § 28 Abs. 3 WEG trifft den Verwalter, der im Zeitpunkt der Entstehung der Abrechnungspflicht Amtsinhaber ist. Scheidet der Verwalter im Laufe des Wirtschaftsjahres aus seinem Amt aus, schuldet er - vorbehaltlich einer abweichenden Vereinbarung - die Jahresabrechnung für das abgelaufene Wirtschaftsjahr unabhängig davon, ob im Zeitpunkt seines Ausscheidens die Abrechnung bereits fällig war.

BGH, Urteil vom 16.02.2018 - V ZR 89/17 (LG München I), BeckRS 2018, 4061

Anmerkung von
Rechtsanwalt Prof. Dr. Wolf-Rüdiger Bub, Rechtsanwältin Nicola Bernhard, Rechtsanwälte Bub, Gauweiler & Partner, München

Aus beck-fachdienst Miet- und Wohnungseigentumsrecht 07/2018 vom 12.04.2018

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Sachverhalt

Die Beklagte war Verwalterin der klagenden Wohnungseigentümergemeinschaft. In der Eigentümerversammlung vom 21.01.2015 wurde ihre Abberufung mit sofortiger Wirkung beschlossen und die Kündigung des Verwaltervertrags mitgeteilt. Im Juni 2015 forderte die neue Verwalterin die Beklagte zur Erstellung der Jahresabrechnung 2014 auf, was diese ablehnte. Eine mit Anwaltsschreiben vom 13.07.2015 gesetzte Frist zur Erklärung der Abrechnungsbereitschaft blieb erfolglos. Die Klägerin ließ die Jahresabrechnung 2014 durch die neue Verwalterin aufstellen, die hierfür 804,14 € berechnete. Die Erstattung dieses Betrags nebst Zinsen und außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten verlangt die Klägerin von der Beklagten.

Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten hat das Landgericht zurückgewiesen. Dagegen wendet sich die Beklagte mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision. Die Klägerin beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Rechtliche Wertung

Die Revision ist unbegründet. Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1 und 3, 281 Abs. 2 BGB wegen der Verletzung der Pflicht zur Erstellung der Jahresabrechnung 2014 aus dem Verwaltervertrag zu.

Die Pflicht zur Erstellung der Abrechnung treffe nämlich den Verwalter, der im Zeitpunkt der Entstehung der Abrechnungspflicht Amtsinhaber gewesen sei. Der Anspruch der Wohnungseigentümer auf die Abrechnung für das Jahr 2014 ist deshalb spätestens am 1. Januar 2015 entstanden. Zu diesem Zeitpunkt war die Beklagte Verwalterin. Dass ihr Verwalteramt im Laufe des Monats Januar 2015 endete, ändere daran nichts. Scheide der Verwalter im Laufe des Wirtschaftsjahres aus seinem Amt aus, schulde er - vorbehaltlich einer abweichenden Vereinbarung - dementsprechend die Abrechnung für das abgelaufene Wirtschaftsjahr, unabhängig davon, ob im Zeitpunkt seines Ausscheidens die Abrechnung bereits fällig war. Dieser Sichtweise stehe die Beendigung des Verwaltervertrags nicht entgegen. Es entspreche nämlich allgemeiner Ansicht, dass nach Beendigung des Verwaltervertrags nachwirkende Pflichten bestehen könnten. Zu einer solchen zähle die Erstellung der Abrechnung, wenn der darauf gerichtete Anspruch in der Amtszeit des Verwalters bereits entstanden sei. Eine zusätzliche Vergütung könne der ausgeschiedene Verwalter dafür nicht verlangen - es sei denn, es sei etwas anderes vereinbart. Die streitige und grundsätzlich zentrale Frage, ob die Abrechnungspflicht für das abgelaufene Wirtschaftsjahr am letzten Tag des abgelaufenen Wirtschaftsjahres (in der Regel der 31.12. des abgelaufenen Kalenderjahrs) oder am ersten Tag des folgenden Wirtschaftsjahres (der 01.01. des folgenden Kalenderjahrs) entstehe, könne im Fall allerdings offenbleiben: sie stellte sich nur, wenn der Verwalter zum Ende des Kalenderjahrs 2014 abbestellt worden wäre.

Praxishinweis

Der BGH entscheidet vorliegend entgegen der hM (OLG Zweibrücken, Beschluss vom 11.05.2007 - 3 W 153/06, ZMR 2007, 887 m. Anm. Abramenko IMR 2007, 293; OLG Hamm, Beschluss vom 17.03.1993 - 15 W 260/92, NJW-RR 1993, 847; LG Düsseldorf, Urteil vom 01.06.2017 –19 S 125/16, BeckRS 2017, 124934; Merle ZWE 2000, 9), dass bei einem Verwalterwechsel nicht derjenige die Jahresabrechnung zu erstellen hat, in dessen Amtszeit diese Verpflichtung fällig wird, sondern vielmehr derjenige, der bei Entstehen der Abrechnungspflicht Verwalter war. Dies überzeugt nicht, hat doch der BGH (Urteil vom 15.12.2017 - V ZR 257/16, BeckRS 2017, 144104) gerade entschieden, dass der Erwerber von Wohnungs- oder Teileigentum für eine nach dem Eigentumswechsel fällig werdende Sonderumlage haftet, auch wenn deren Erhebung vor dem Eigentumswechsel beschlossen wurde. Auch insoweit stellt der BGH auf den Zeitpunkt der Fälligkeit ab.

Ausdrücklich offen gelassen hat der BGH die Frage, ob die Abrechnungspflicht für das abgelaufene Wirtschaftsjahr am letzten Tag des abgelaufenen Wirtschaftsjahres (in der Regel der 31. Dezember des abgelaufenen Kalenderjahres) oder am ersten Tag des folgenden Wirtschaftsjahres (der 1. Januar des folgenden Kalenderjahres) entsteht. Nach dem Wortlaut des § 28 Abs. 3 WEG entsteht die Pflicht zur Abrechnung „nach Ablauf des Kalenderjahres“, so dass die Abrechnungspflicht am 01.01. des Folgejahres entsteht. Endet die Verwalterbestellung zum 31.12. eines Jahres ist also nach der vorliegenden Rechtsprechung des BGH der neue Verwalter zur Erstellung der Abrechnung verpflichtet.

Der ausgeschiedene Verwalter bleibt allerdings zur Rechnungslegung auf den Zeitpunkt seines Ausscheidens verpflichtet. Diese Pflicht, die sich inhaltlich von der des § 28 Abs. 3 WEG unterscheidet, ergibt sich zumindest aus §§ 675, 666 BGB, weil es sich bei den Rechtsbeziehungen zwischen Wohnungseigentümergemeinschaft und Verwalter um ein Geschäftsbesorgungsverhältnis handelt (Bärmann/Becker, WEG, 13. Auflage, § 28 Rn. 112).

Um Streitigkeiten über die Abrechnungspflicht bei einem Verwalterwechsel von vornherein zu vermeiden, empfiehlt es sich, die Abrechnungspflicht ausdrücklich im Verwaltervertrag zu regeln.

Redaktion beck-aktuell, 12. April 2018.