LG Amberg: Abmahnerfordernis vor Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung im Mietverhältnis - Untervermietung einer Wohnung bei airbnb

BGB § 543

Es besteht ein grundsätzliches Abmahnungserfordernis bei unerlaubter Untermietung der Mieträume über airbnb.com an Gäste für Urlaubsaufenthalte. Bei der Prüfung der Entbehrlichkeit der Abmahnung ist vorrangig auf die vertraglichen Abreden abzustellen. Aber auch im Übrigen ist keine solche schwere Pflichtverletzung gegeben, dass die Fortsetzung des Mietverhältnisses trotz Abmahnung unzumutbar wäre.

LG Amberg, Urteil vom 09.08.2017 - 24 S 299/17 (AG Amberg), BeckRS 2017, 123537

Anmerkung von
Rechtsanwalt Prof. Dr. Wolf-Rüdiger Bub, Rechtsanwältin Nicola Bernhard, Rechtsanwälte Bub, Gauweiler & Partner, München

Aus beck-fachdienst Miet- und Wohnungseigentumsrecht 18/2017 vom 14.09.2017

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Sachverhalt

Die Parteien streiten um die Räumung einer Mietwohnung und die Herausgabe mit entsprechenden Schlüsseln sowie Ersatz außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten.

Der Beklagte hat vom Kläger eine Wohnung gemietet. Gem. § 3 Nr. 2 S. 2, S. 3 des Mietvertrages kann der Vermieter bei unbefugter Untervermietung verlangen, dass der Mieter binnen Monatsfrist das Untermietverhältnis kündigt. Der Beklagte hat die Wohnung mindestens dreimal bei airbnb.com an Gäste für Urlaubsaufenthalte untervermietet. Der Kläger hat daraufhin das Mietverhältnis gekündigt und verlangt nunmehr Räumung und Herausgabe.

Das AG Amberg hat der Klage stattgegeben. Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin.

Rechtliche Wertung

Die Berufung des Beklagten ist zulässig und vollumfänglich begründet.

Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch auf Räumung und Herausgabe der streitgegenständlichen Wohnung sowie auf Zahlung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen nicht zu.

Vor Ausspruch der Kündigung war eine Abmahnung erforderlich. Diese ist unstreitig nicht erfolgt. Deswegen war die Klägerin weder zur außerordentlichen noch zur ordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigt.

Für die außerordentliche fristlose Kündigung ist das Vorliegen eines wichtigen Grundes erforderlich. Ein solcher liegt insbesondere gem. § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 vor, wenn der Mieter die Rechte des Vermieters dadurch in erheblichem Maße verletzt, dass er die Mietsache unbefugt einem Dritten überlässt. Diese Voraussetzung lag hier vor, da der Beklagte die Wohnung zumindest drei Mal über airbnb.com an Gäste für Urlaubsaufenthalte vermietete.

Gem. § 543 Abs. 3 S. 1 ist allerdings dann, wenn der wichtige Grund in der Verletzung einer Pflicht aus dem Mietvertrag besteht, die Kündigung erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten angemessenen Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig.

Vorliegend haben die Parteien in § 3 Nr. 2 S. 1 des Mietvertrages vereinbart, dass eine Untervermietung oder sonstige Gebrauchsüberlassung der Mieträume oder von Teilen hiervon nur mit Einwilligung des Vermieters erfolgen darf. Eine Einwilligung der Klägerin lag unstreitig nicht vor. Der Beklagte hat durch die unerlaubte Untervermietung also gegen eine mietvertragliche Pflicht verstoßen (Einholung einer Einwilligung vor Untervermietung oder sonstiger Gebrauchsüberlassung). Eine Abmahnung war damit grundsätzlich erforderlich.

Die Abmahnung war auch nicht ausnahmsweise entbehrlich. Dies ist nach § 543 Abs. 3 S. 2 BGB der Fall, wenn eine Frist oder Abmahnung offensichtlich keinen Erfolg verspricht (Nr. 1) bzw. die sofortige Kündigung aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen gerechtfertigt ist (Nr. 2).

Eine Entbehrlichkeit der Abmahnung nach § 543 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 BGB ist nicht gegeben. In Bezug auf den vertragswidrigen Gebrauch ist eine Abmahnung entbehrlich, wenn sie ungeeignet ist, eine künftige Pflichtverletzung des Mieters zu unterbinden, wenn sie keine Vertrauensgrundlage herstellen kann oder den Mieter nicht zu einem vertragsgemäßen Verhalten bewegen würde. All dies ist nicht der Fall. Durch den Ausspruch einer Abmahnung kann dem Mieter der entgegenstehende Wille des Vermieters deutlich vor Augen geführt werden, woraufhin dieser von der weiteren Untervermietung Abstand nehmen kann. Hierdurch kann auch wieder eine Vertrauensbasis geschaffen werden.

Auch eine Entbehrlichkeit nach § 543 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 BGB liegt nicht vor. Ein besonderer Grund für die sofortige Kündigung erfordert, dass ein Erfolg einer Abmahnung nach Abwägung der beiderseitigen Interessen die Unzumutbarkeit der Vertragsfortsetzung nicht entfallen lassen würde, z.B. wegen der Schwere der Pflichtverletzung

Dass die Parteien den Fall einer unberechtigten Untervermietung nicht als so schwerwiegend ansehen, dass er zur sofortigen Vertragsbeendigung berechtigen sollte, zeigt bereits die zwischen den Parteien in § 3 Nr. 2 S. 2, S. 3 des Mietvertrages getroffene vertragliche Vereinbarung. Hiernach kann der Vermieter bei unbefugter Untervermietung verlangen, dass der Mieter binnen Monatsfrist das Untermietverhältnis kündigt. Nur falls dies nicht geschieht, kann der Vermieter nach der vertraglichen Vereinbarung das Hauptmietverhältnis fristlos kündigen. Dass diese Voraussetzungen gegeben wären, ist nicht vorgetragen. Die Parteien haben in ihrer vertraglichen Abrede damit geregelt, dass seitens des Vermieters bei unberechtigter Untervermietung des Mieters eine vorherige Aufforderung zur Unterlassung notwendig ist, welche als Abhilfefrist einer Abmahnung gleichkommt.

Praxishinweis

Die Vermietung von Wohnungen an tage- oder wochenweise wechselnde Touristen hat „Konjunktur“. Immer mehr Internetnutzer bieten ein Zimmer oder die ganze Wohnung zur kurzfristigen Untermiete an. Für viele private Vermieter spielen hierbei insbesondere finanzielle Interessen eine Rolle. Nach der Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 08.01.2014 - VIII ZR 210/13, NJW 2014, 622) ist die tageweise (Unter-)Vermietung einer Wohnung an Touristen jedoch vertragswidrig, wenn der Vermieter nicht seine Erlaubnis hierzu erteilt hat. In dem vom BGH zu entscheidenden Fall hatte der Vermieter eine generelle Erlaubnis zur Untervermietung ausgesprochen; nach Auffassung des BGH ist hiervon nicht ohne Weiteres die Erlaubnis zur Überlassung der Wohnung an Touristen umfasst.

Das LG Berlin (Urteil vom 18.11.2014 - 67 S 360/14, BeckRS 2014, 22994) hält bei der Überlassung einer Wohnung an Touristen eine Abmahnung gem. § 543 Abs. 3 S. 2 Nr. 3 BGB für entbehrlich. Danach bedürfe es keiner Abmahnung, wenn die sofortige Kündigung aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen gerechtfertigt ist. Diese Voraussetzungen seien insbesondere dann erfüllt, wenn zweifelsfrei feststeht, dass der Mieter nicht zur Überlassung der Mietsache an einen Dritten berechtigt ist und weitere Umstände hinzutreten, die den Vertragsverstoß als besonders schwerwiegend erscheinen lassen.

Auf Grund der besonderen vertraglichen Vereinbarungen zwischen den Parteien urteilt das LG Amberg vorliegend zutreffend, dass eine Abmahnung erforderlich gewesen wäre.

In Bayern ist darüber hinaus bei der Vermietung an Touristen zu beachten, dass mit der Einfügung des Art. 2 S. 2 Nr. 3 ZwEWG durch das Gesetz zur Änderung des Gesetzes über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum vom 22.3.2013 (GVBl. 2013, 77) die Vermietung eine Ordnungswidrigkeit darstellt, die mit einer Geldbuße von bis zu 50.000 EUR belegt werden kann, Art. 5 ZwEWG. In der Begründung zur Änderung des Gesetzes über das Verbot über die Zweckentfremdung von Wohnraum für Bayern (LT-Drs. 16/14916 v. 28.11.2012) heißt es:

„In der Praxis hat sich gezeigt, dass im Bereich der vorübergehenden hotelähnlichen Nutzung oder der Nutzung als Ferienwohnung Schwierigkeiten beim Vollzug des Gesetzes aufgetreten sind, da diese Nutzungen nicht im Katalog der Zweckentfremdungstatbestände aufgeführt waren. Um für diese Nutzungen den vollziehenden Behörden Rechtssicherheit zu schaffen, ergänzt die neue Nummer 3 den bisherigen Tatbestandskatalog.“

Redaktion beck-aktuell, 15. September 2017.