BGH: Keine anfechtbare Darlehensrückzahlung an einen Nichtgesellschafter

InsO § 135 I Nr. 2

Gewährt ein außenstehender Dritter einem Gesellschafter der späteren Insolvenzschuldnerin und dessen Ehefrau ein Darlehen, welches der Gesellschafter zur Gewährung eines Darlehens an die Gesellschaft verwendet, ist die Rückzahlung des Darlehens an den Dritten durch die Gesellschaft dem Dritten gegenüber nicht als Rückgewähr eines Gesellschafterdarlehens anfechtbar (Leitsatz des Gerichts).

BGH, Urteil vom 27.02.2020 - IX ZR 337/18 (OLG Karlsruhe), BeckRS 2020, 4563

Anmerkung von
Rechtsanwalt Stefano Buck, Fachanwalt für Insolvenzrecht, Schultze & Braun Rechtsanwaltsgesellschaft für Insolvenzverwaltung mbH

Aus beck-fachdienst Insolvenzrecht 08/2020 vom 17.04.2020

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Sachverhalt

Aufgrund eines Darlehensvertrages vom 12.1.2012 gewährte der Beklagte den Eheleuten V. ein mit 4 v.H. verzinsliches Darlehen über 1 Mio. EUR. 450.000 EUR sollten spätestens am 29.2.2012 zurückgezahlt werden, 550.000 EUR sowie die bis dahin angefallenen Zinsen spätestens am 31.3.2012. Vereinbarungsgemäß sollte das Darlehen der Schuldnerin, deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der Ehemann V. war, zur Beseitigung einer Liquiditätslücke zur Verfügung gestellt werden. Der Beklagte überwies den Betrag von 1 Mio. EUR direkt an die Schuldnerin. Zur Sicherung des Rückzahlungsanspruchs des Beklagten trat die Schuldnerin Forderungen gegen die R. AG und gegen die Erwerber von 48 Fahrzeugen an den Beklagten ab. Am 27.2.2012 zahlte die Schuldnerin einen Teilbetrag von 450.000 EUR unmittelbar an den Beklagten zurück. Am 30.3.2012 vereinbarten der Beklagte und der Ehemann V., dass die weiteren 550.000 EUR bei ansonsten gleichbleibenden Konditionen bis zum 30.9.2012 zurückgezahlt werden sollten. Den genannten Betrag überwies die Schuldnerin am 5.10.2012 an den Beklagten.

Am 19.6.2013 beantragte der Ehemann V. die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin. Am 27.6.2013 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Kläger wurde zum Insolvenzverwalter bestellt. Er verlangt nunmehr die Rückgewähr von 550.000 EUR nebst Zinsen. Die Klage hatte in den Vorinstanzen bis auf einen Teil der verlangten Zinsen erfolgt. Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision wollte der Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage erreichen. Im Ergebnis mit Erfolg.

Entscheidung: Eine Darlehensrückzahlung an einen außenstehenden Dritten unterliegt nicht der Insolvenzanfechtung nach § 135 I Nr. 2 InsO

Der BGH führt aus, dass nach § 135 I Nr. 2 InsO eine Rechtshandlung anfechtbar sei, die für die Forderung eines Gesellschafters auf Rückgewähr eines nachrangigen Darlehens iSd des § 39 I Nr. 5 InsO oder für eine gleichgestellte Forderung Befriedigung gewährt hat, wenn die Handlung im letzten Jahr vor deren Eröffnungsantrag oder nach diesem Antrag vorgenommen worden sei. Im Verhältnis zum Beklagten seien diese Voraussetzungen offensichtlich nicht erfüllt. Denn dem Nachrang des § 39 I Nr. 5 InsO unterliegen Ansprüche auf Rückgewähr von Darlehen, die von einem Gesellschafter gewährt worden seien, der einer Gesellschaft iSv § 39 IV 1 InsO angehöre und der nicht dem Kleinbeteiligtenprivileg gem. § 39 V InsO unterfalle. Der Beklagte sei allerdings nie Gesellschafter der Schuldnerin gewesen.

Praxishinweis

Unter besonderen Voraussetzungen können auch Dritte, welche der Gesellschaft nicht als Gesellschafter angehören, dem Nachrang unterworfen sein. Finanzierungshilfen Dritter werden erfasst, wenn der Dritte bei wirtschaftlicher Betrachtung einem Gesellschafter gleichsteht. Voraussetzung ist die Rechtshandlung eines Dritten, welche der Darlehensgewährung durch einen Gesellschafter wirtschaftlich entspricht. Das gilt insbesondere für Darlehen verbundener Unternehmen. Die Verbindung kann - vertikal - in der Weise bestehen, dass der Dritte an einer Gesellschafterin der Schuldnergesellschaft beteiligt ist. Sie kann aber auch - horizontal - so ausgestaltet sein, dass ein Gesellschafter an beiden Gesellschaften - der Darlehensgeberin und der Darlehensnehmerin - beteiligt ist und zwar an der letztgenannten in maßgeblicher Weise (vgl. BGH WM 2019, 180). Der Gesellschafter kann sich seiner Verantwortung nicht entziehen, indem er eine oder mehrere Gesellschaften dazwischenschaltet (vgl. BGH, aaO). Auf dies wies der Senat nochmals ausdrücklich hin.

Redaktion beck-aktuell, 21. April 2020.