OLG Frankfurt a. M.: Feststellung zur Insolvenztabelle als Abnahme der Werkleistung

BGB §§ 631, 648a, 768; InsO § 178 III

1. Der Vertrag über die Planung, die Anfertigung und den Einbau einer Haustreppenanlage aus Stahl und Holz ist als Werkvertrag einzuordnen.

2. Der Bürge, der die Zahlungsvoraussetzungen des § 648a Abs. 2 S. 2 BGB sinngemäß in der Bürgschaftsurkunde wiedergibt, verzichtet damit nicht auf Einwendungen.

3. In der vorbehaltlosen, uneingeschränkten Feststellung einer Werklohnforderung zur Insolvenztabelle kommt auch die Abnahme der Werkleistung zum Ausdruck. (Leitsätze des Gerichts)

OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 25.02.2019 - 29 U 81/18 (LG Wiesbaden), BeckRS 2019, 6418

Anmerkung von 
Rechtsanwalt Stefano Buck, Fachanwalt für Insolvenzrecht, Schultze & Braun Rechtsanwaltsgesellschaft für Insolvenzverwaltung mbH

Aus beck-fachdienst Insolvenzrecht 10/2019 vom 10.05.2019

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Sachverhalt

Die Klägerin plante, fertigte und baute als Nachunternehmerin der zwischenzeitlich insolventen Hauptunternehmerin zwei Haustreppenanlagen aus Stahl und Holz in Einfamilienhausneubauten ein. Die Beklagte verbürgte sich jeweils für die Vergütungsforderung gegen die Hauptunternehmerin zur Erfüllung deren Sicherungspflicht nach § 648a BGB aF (§ 650f BGB in der seit 1.1.2018 gültigen Fassung); beide Bürgschaftsurkunden geben in modifizierter Form die Zahlungsvoraussetzungen nach § 648a II 2 BGB aF wieder. Die Klägerin erwirkte gegen die Hauptunternehmerin ein Versäumnisurteil über die Restforderungen für beide Treppen. Während der laufenden Einspruchsfrist wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Hauptunternehmerin eröffnet.

Die Klägerin nahm die Beklagte daraufhin aus den Bürgschaften in Anspruch; die Beklagte lehnte eine Zahlung ab. Der Insolvenzverwalter der Hauptunternehmerin stellte die Restforderungen der Klägerin zur Tabelle fest.

Das LG hat die Klage als derzeit nicht fällig abgewiesen. Mit der Berufung verfolgte die Klägerin ihre erstinstanzlichen Anträge weiter. Im Ergebnis mit Erfolg.

Entscheidung: Feststellung einer Werklohnforderung zur Insolvenztabelle führt zur Abnahme der Werkleistung

In der Feststellung der Klageforderung zur Insolvenztabelle sei nicht nur ein – die Beklagte als solche nicht bindendes – Anerkenntnis, sondern auch eine – die Beklagte bindende – Abnahme der klägerischen Leistung zu sehen, sodass die Klageforderung seitdem fällig sei.

Der Klägerin stehe gegen die Hauptunternehmerin eine Restwerklohnforderung zu. Es liege ein Werkvertrag vor, weil bei der Montage der individuell geplanten, gefertigten und eingebauten Treppen auch der (Neu-)Bau geändert und seine Funktion durch den Einbau gewährleistet werde (vgl. Janzen/von Rintelen in: Kniffka Bauvertragsrecht, 3. Aufl. 2018, § 631 Rn. 3).

Das LG sei wohl zu Recht davon ausgegangen, dass die Beklagte in den Bürgschaftsurkunden nicht auf Einwendungen verzichtet habe, die ihr als Bürgin zur Verfügung stünden.

Die Regelung des § 648a II 2 BGB aF, die in beiden Bürgschaftsurkunden sinngemäß übernommen worden sei, enthalte ein gegenüber dem allgemeinen Bürgschaftsrecht zusätzliches formales Fälligkeitskriterium zum Schutze des Bestellers und des Bürgen, dem die sachliche Auseinandersetzung um die Hauptforderung erspart werden solle; die Erfüllung dieser Voraussetzungen sei notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung für die Inanspruchnahme des Bürgen, der an das Anerkenntnisurteil oder die rechtskräftige Verurteilung des Hauptschuldners nicht gebunden sei, sondern dessen Einwendungen wie seine eigenen uneingeschränkt erheben könne wie jeder andere selbstschuldnerische Bürge auch (vgl. grundlegend Schmitz BauR 2006, 430; aA: OLG Naumburg BeckRS 2008, 8747).

Die notwendige Bedingung entsprechend § 648a II 2 BGB sei vorliegend eingetreten. Dabei könne offenbleiben, ob hierfür das Versäumnisurteil ausreichte, obwohl das Insolvenzverfahren während der laufenden Einspruchsfrist eröffnet worden sei mit der Konsequenz einer Unterbrechung des Rechtsstreits zur Hauptforderung nach § 240 ZPO. Das Fälligkeitserfordernis des § 648a II 2 BGB und der Bürgschaften sei mit der Feststellung zur Insolvenztabelle erfüllt, die wie in rechtskräftiges Urteil wirke, § 178 III InsO (vgl. Schmitz BauR 2006, 430.).

Praxishinweis

In der Feststellung des Insolvenzverwalters zur Tabelle kommt nicht nur ein Anerkenntnis der Werklohnforderung, sondern auch eine Abnahme der dieser zugrunde liegenden Werkleistung im Sinne einer Billigung als im Wesentlichen vertragsgerecht zum Ausdruck. Auch dafür ist der Insolvenzverwalter zuständig, und daran ist ein Bürge gebunden, weil die Abnahme zur planmäßigen Durchführung des Werkvertrags gehört.

Die vorbehaltlose Abnahme bewirkt auch, dass die Darlegungs- und Beweislast für Werkmängel auf den Besteller und damit im Fall auf die Beklagte als Bürgin, die dessen Einwände erhebt, übergegangen ist.

Redaktion beck-aktuell, 15. Mai 2019.