OLG Köln: Stiftungsgeschäft mit Pflicht zur Einbringung von Grundbesitz ist beurkundungspflichtig

BGB §§ 81, 311b, 925a; GBO §§ 19, 20

1. Es kann nicht Inhalt einer Zwischenverfügung sein, auf den Abschluss eines Rechtsgeschäfts hinzuwirken, das erst die Grundlage einer einzutragenden Rechtsänderung werden soll. Fehlt es an einem rechtswirksamen Rechtsgeschäft als Grundlage einer Eintragung, kann der wirksamen Nachholung dieses Rechtsgeschäfts keine rangwahrende Wirkung zukommen.

2. Ein Stiftungsgeschäft zur Errichtung einer Stiftung des Privatrechts, in dem der Stifter sich zur Übertragung des Eigentums an einem Grundstück verpflichtet, bedarf der notariellen Beurkundung. (Leitsätze der Redaktion)

OLG Köln, Beschluss vom 05.08.2019 - 2 Wx 220/19, 2 Wx 227/19, 2 Wx 228/19, 2 Wx 229/19, FGPrax 2019, 199

Anmerkung von 
JR Dr. Wolfgang Litzenburger, Notar in Mainz
 
Aus beck-fachdienst Erbrecht 02/2020 vom 21.02.2020

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Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin ist im Grundbuch als Eigentümerin von zwei Teileigentumseinheiten eingetragen.

Am 18.12.2018 hat sie in notarieller Urkunde die Auflassung dieser Eigentumseinheiten an die Beteiligte zu 2 erklärt sowie gemeinsam mit letzterer die Eintragung des Eigentumswechsels bewilligt und beantragt. In der Vorbemerkung der Urkunde hat sie angegeben, sie habe am 13.4.2018 durch privatschriftliche Erklärung die Beteiligte zu 2 gegründet, die am 18.4.2018 durch die Senatsverwaltung des Landes Berlin anerkannt worden sei. Gemäß Stiftungsgeschäft sei die Stiftung u.a. mit Immobilienvermögen in Gestalt der beiden Teileigentumseinheiten ausgestattet worden. Die Umschreibung ist mit notariellem Schriftsatz vom 3.4.2019 unter Beifügung einer Zustimmung des WEG-Verwalters beantragt worden.

Die Grundbuchrechtspflegerin hat diesen Antrag mit der Begründung beanstandet, das Stiftungsgeschäft bedürfe bei der Übertragung von Grundbesitz notarieller Beurkundung nach § 311b BGB, und eine Frist zur Behebung bis zum 30.6.2019 gesetzt.

Hiergegen hat die Beschwerdeführerin Beschwerde eingelegt, der das AG nicht abgeholfen hat.

Entscheidung: Die Zwischenverfügung ist aufzuheben, weil eine solche nur zulässig ist, wenn der Mangel des Antrages mit rückwirkender Kraft geheilt werden kann.

Es kann nicht Inhalt einer Zwischenverfügung sein, auf den Abschluss eines Rechtsgeschäfts hinzuwirken, das erst die Grundlage einer einzutragenden Rechtsänderung werden soll. Fehlt es an einem rechtswirksamen Rechtsgeschäft als Grundlage einer Eintragung, kann der wirksamen Nachholung dieses Rechtsgeschäfts keine rangwahrende Wirkung zukommen. Einem Antragsteller kann daher auf diesem Weg nicht aufgegeben werden, ein Stiftungsgeschäft in notarieller Beurkundung erst noch vorzunehmen. Ein entsprechender Antrag ist – ggf. nach vorheriger Erteilung eines rechtlichen Hinweises entsprechend § 139 ZPO – zurückzuweisen, ohne dass eine Zwischenverfügung vorausgehen darf.

In der Sache teilt der Senat die Rechtsauffassung des Grundbuchamts, dass eine im Stiftungsgeschäft übernommene Verpflichtung zur Einbringung von Grundeigentum der notariellen Beurkundung nach § 311b Abs. 1 BGB bedarf, so dass das privatschriftliche Stiftungsgeschäft und die notariell beurkundete Auflassung nicht genügen.

Es ist allgemein anerkannt, dass § 311b BGB nach seinem Schutzzweck über den Wortlaut („Vertrag“) hinaus entsprechend auf einseitige Rechtsgeschäfte mit dem in der Vorschrift beschriebenen Inhalt anzuwenden. Für die Bedeutung von Rechtsgeschäften betreffend die Übertragung von Grundstücken ist die zugrundeliegende rechtliche Konstruktion - einseitiges Rechtsgeschäft oder Vertrag – nicht relevant.

Es ist jedoch umstritten, ob die Beachtung der Schriftform des § 81 BGB genügt, soweit das Stiftungsgeschäft die Einbringung von Grundeigentum vorsieht. Nach einer Ansicht genügt auch in diesem Fall die Schriftform (OLG Schleswig BeckRS 9998, 43940; MüKoBGB/Weitemeyer, 8. Aufl. 2018, § 81 Rdnr. 8; Richter/Stumpf, Stiftungsrecht, 2019, § 4 Rdnr. 14). Nach anderer Auffassung ist die Anwendung des § 311b BGB geboten (Palandt/Ellenberger, § 81 BGB, Rdnr. 3; Palandt/Grüneberg, § 311b BGB, Rdnr. 16; Staudinger/Schumacher, § 311b BGB, Rdnr. 59; MüKoBGB/Ruhwinkel, § 311b BGB, Rdnr. 32; Wochner, DNotz 1996, 770 ff.).

Der Senat schließt sich der zuletzt genannten Auffassung an.

Dafür sprechen zunächst gesetzessystematische Überlegungen: Das Stiftungsrecht ist Teil der im Allgemeinen Teil des BGB enthaltenen Regelungen betreffend juristische Personen. § 81 Abs. 1 S. 1 BGB betrifft damit allein die Begründung der Einrichtung der juristischen Person Stiftung. Soweit zu dem zu widmenden Vermögen Gegenstände gehören, deren Übertragung besonderen Formvorschriften unterliegt, treten diese Normen der für die Begründung der Einrichtung als solcher geltenden Vorschrift des § 81 Abs. 1 S. 1 BGB hinzu. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass diese Norm die für bestimmte Vermögensgegenstände geltende und damit speziellere Regelung des § 311b BGB verdrängen soll.

Im Gesetzgebungsverfahren ist allerdings erörtert worden, ob für die Gründung einer Stiftung ein Beurkundungserfordernis eingeführt werden soll. Dies betraf aber nur die Frage der Verschärfung der Formanforderungen an die Gründung einer Stiftung im Allgemeinen wegen der Bedeutung des Stiftungsgeschäfts als solchem.

Auch der Schutzzweck des § 311b BGB spricht für eine Anwendung auf eine Verpflichtung zur Übertragung von Grundeigentum im Stiftungsgeschäft. Soweit von der Gegenansicht vorgebracht wird, das verwaltungsrechtliche Verfahren der Anerkennungsbehörde entspreche der notariellen Beurkundung, so kann dem nicht gefolgt werden, weil diese ausschließlich im öffentlichen Interesse die Merkmale des § 80 Abs. 2 S. 1 BGB zu prüfen hat, ohne auf die Belange des Stifters Rücksicht zu nehmen. Dem Schutz dieser Belange des Stifters dienen dagegen die notariellen Beratungs- und Belehrungspflichten aufgrund des § 311b Abs. 1 BGB. Diesen Zwecken wird eine privatschriftliche Erklärung auch in Verbindung mit einer Anerkennung durch eine Verwaltungsbehörde nicht gerecht.

Praxishinweis

In seinem obiter dictum behandelt der Senat nicht nur eine seit langem umstrittene Rechtsfrage im Stiftungsrecht, sondern entscheidet sich auch mit überzeugenden Argumenten für die Beurkundungspflicht eines Stiftungsgeschäfts, indem sich ein Stifter zur Einbringung von Grundbesitz verpflichtet.

Die stiftungsrechtliche Literatur nimmt allerdings überwiegend an, dass die Schriftform für das Stiftungsgeschäft auch dann ausreicht, wenn der Stiftung Grundbesitz zugewendet wird (MüKoBGB/Weitemeyer, 8. Aufl. 2018, BGB § 81 Rn. 8; BeckOK BGB/Backert, 52. Ed. 1.8.2019, BGB § 81 Rn. 2; Staudinger/Coing, 12. Aufl. 1980, Rn. 2; RGRK/Steffen § 81 Anm. 4; Staudinger/Hüttemann/Rawert, 2017, Rn. 16 f.; Hof in v. Campenhausen/Richter StiftungsR-HdB § 6 Rn. 7). Auch das OLG Schleswig (a.a.O.) schließt sich dieser Auffassung an, in dem es davon ausgeht, dass der historische Gesetzgeber durch den Verzicht auf die generelle Pflicht zur notariellen Beurkundung von Stiftungsgeschäften sich zugleich für die beurkundungsfreie Verpflichtung zur Übertragung von Grundstücken auf eine Stiftung entschieden habe.

Wochner hat in seiner Anmerkung zu dem Urteil des OLG Schleswig (DNotZ 1996, 770, 773 ff.) jedoch überzeugend dargelegt, dass sich der Entstehungsgeschichte des § 81 Abs. 1 BGB nicht entnehmen lässt, dass in den Beratungen zu den Entwürfen des BGB der Wertungswiderspruch zur Vorschrift des § 313 BGB a. F. (= § 311b Abs. 1 BGB) überhaupt erkannt oder gar erörtert wurde. Mit Recht kritisiert er die Schwäche dieser historischen Argumentation, die geschichtliche Vorgänge nicht in ihrer zeitlichen Bedingtheit wahrnimmt. Das Verständnis vom Zweck der Beurkundung habe sich seit der Verabschiedung des BGB nämlich grundlegend gewandelt. Dem Gesetzgeber sei es damals allein um Rechtssicherheit durch Beweissicherung des Stiftungsgeschäfts gegangen. Die Beurkundung durch den Notar gewährleiste neben der Klarheit und Unzweideutigkeit der Erklärungen die Belehrung des Stifters, vermeide Irrtümer und Zweifel und verhindere, dass unerfahrene und ungewandte Beteiligte benachteiligt würden.

Der Senat des OLG Köln folgt dieser Argumentation Wochners sowie der in der Kommentarliteratur zu § 311b BGB überwiegend vertretenen Auffassung (vgl. Staudinger/Schumacher, 2012, § 311b Rn. 59) nahezu uneingeschränkt.

Dies gilt auch für die Einschätzung der Funktion der staatlichen Genehmigung durch die Anerkennungsbehörde. Diese dient allein dem öffentlichen Interesse, weil sie ausschließlich die Gemeinwohlverträglichkeit und die Gewährleistung nachhaltiger Erfüllung des Stiftungszwecks zum Prüfungsgegenstand hat. Der Schutz des Stifters vor Übereilung und dessen angemessene Beratung sind dagegen kein Belang, der in die Ermessensentscheidung einfließen darf. Die Anerkennung erfolgt also ausschließlich im öffentlichen Interesse, aber nicht im Interesse oder zum Schutz des Stifters.

Dem wird entgegengehalten, dass die Heilung des Formmangels durch Grundbuchvollzug gemäß § 311b Abs. 1 S. 2 BGB doch zeige, dass der Gesetzgeber selbst die Notwendigkeit der Inanspruchnahme des Grundbuchamts für ausreichend erachte, um den Stifter zu schützen. Deshalb liege es nahe, anzunehmen, dass die Notwendigkeit der Inanspruchnahme der Stiftungsbehörde gleichfalls ausreiche, um den Stifter zu schützen, zumal das Stiftungsgeschäft bis zur Anerkennung nach § 81 Abs. 2 BGB widerruflich bleibe (MüKoBGB/Weitemeyer, 8. Aufl. 2018, BGB § 81 Rn. 8).

Ein weiterer Einwand betrifft den Wertungswiderspruch zwischen der Anwendbarkeit des § 311b BGB auf die Einbringung von Immobilienvermögen einerseits und die Unanwendbarkeit des § 518 Abs. 1 BGB auf die von sonstigem Vermögen, obwohl die schutzwürdigen Interessen des Stifters in beiden Fallkonstellationen doch vergleichbar seien (Staudinger/Hüttemann/Rawert, 2017, Rn. 16; BeckOK BGB/Backert, 52. Ed. 1.8.2019, BGB § 81 Rn. 2).

Im Rahmen dieser Anmerkung ist es nicht möglich, diese heftig umstrittene Rechtsfrage eingehend zu erörtern und auf die Einwände der stiftungsrechtlichen Literatur näher einzugehen. Die Entscheidung des OLG Köln zeigt jedoch, dass es sich keineswegs um eine theoretische Auseinandersetzung handelt. Der Senat des OLG Köln hat mit seinem obiter dictum die Grundbuchämter jedenfalls ermutigt, Auflassungen zu nicht notariell beurkundeten Stiftungsgeschäften – ohne Zwischenverfügung – zurückzuweisen.

Der Senat des OLG Köln hat dabei allerdings übersehen, dass das Grundbuchamt eigentlich nur die Vorlage der Auflassungsurkunde gemäß § 20 GBO verlangen kann, nicht aber des zugrundeliegenden Rechtsgeschäfts. § 925a BGB, der die (notarielle) Beurkundung der Auflassung nur erlaubt, wenn die nach § 311b Abs. 1 Satz 1 BGB erforderliche Urkunde über den Vertrag vorgelegt oder gleichzeitig errichtet wird, wendet sich nämlich ausschließlich an denjenigen, der die Auflassung entgegennimmt, also in der Regel den Notar. Das Grundbuchamt kann dagegen nach einhelliger Auffassung in Rechtsprechung und Literatur gemäß § 20 GBO nur die Vorlage der Auflassungserklärungen selbst verlangen, nicht aber auch des Grundgeschäfts, und zwar selbst dann nicht, wenn es Zweifel hat, ob nach § 925a BGB verfahren wurde oder das Grundgeschäft wirksam ist. Eine Pflicht des Grundbuchamts zur Überprüfung des Kausalgeschäfts würde dem Abstraktionsprinzip des deutschen Zivilrechts widersprechen (OLG München BeckRS 2014, 20762; OLG Schleswig SchlHA 1960, 341; MüKoBGB/Ruhwinkel, 8. Aufl. 2020, BGB § 925a Rn. 5; Hügel, BECKOK GBO § 20 Randnummer 64; Kössinger in Bauer/von Oefele, § 20 Rdnr. 232; vgl. auch OLG Hamm Rpfleger 1959, 127). Für den Vollzug der Eigentumsumschreibung genügt folglich die Vorlage eines formgerechten Auszugs aus der notariellen Urkunde, in der die Auflassungserklärung enthalten ist (BayObLG Rpfleger 1981, 233).

Übertragen auf den vorliegenden Fall, hätte das Grundbuchamt die Wirksamkeit des Stiftungsgeschäfts deshalb überhaupt nicht erst prüfen dürfen. Folglich hätte es – trotz des aus meiner Sicht formunwirksamen Stiftungsgeschäfts – die Eigentumsumschreibung vollziehen müssen. Dennoch ist anzunehmen, dass sich diese obergerichtliche Entscheidung in der Praxis der Grundbuchämter sehr schnell durchsetzen wird. Diese werden, wenn der Notar ihnen nicht nur die reine Auflassungserklärung gemäß § 925 BGB, §§ 19, 20 GBO vorlegt, Eigentumsumschreibungen auf der Grundlage schriftlicher Stiftungsgeschäfte verweigern.  

Im Interesse der Rechtssicherheit sollte der BGH schnellstmöglich die Gelegenheit erhalten, zu beiden Rechtsfragen abschließend Stellung zu nehmen. Vor allem den Notaren ist es nicht zuzumuten, fortgesetzt dem Verlangen von Stiftern ausgesetzt zu sein, Auflassungen auf der Basis schriftlicher Stiftungsgeschäfte mit der Einbringung von Immobilienvermögen beurkunden zu sollen.

Die Reichweite der Aufklärungs-, Prüfungs- und Belehrungspflichten (§ 17 BeurkG) bei der Entgegennahme der Auflassung, wenn der Notar das zugrundeliegende Stiftungsgeschäft für formunwirksam hält, ist völlig ungeklärt, so dass Haftungsrisiken nicht ausgeschlossen werden können.

Redaktion beck-aktuell, 28. Februar 2020.