Anmerkung von
JR Dr. Wolfgang Litzenburger, Notar in Mainz
Aus beck-fachdienst Erbrecht 11/2017 vom 17.11.2017
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Sachverhalt
Das Urteil ergeht im Rahmen eines von Frau Aleksandra Kubicka bei einem Notariat mit Sitz in Slubice (Polen) in Gang gesetzten Verfahrens zur Errichtung eines öffentlichen Testaments, das ein Vindikationslegat vorsieht.
Frau Kubicka, eine polnische Staatsangehörige mit Wohnsitz in Frankfurt a.d.O. ist mit einem deutschen Staatsangehörigen verheiratet und hat mit ihm zwei noch minderjährige Kinder. Die Ehegatten sind je zur Hälfte Miteigentümer eines in Frankfurt a.d.O. belegenen Grundstücks, auf dem ihr Wohnhaus steht. Für die Errichtung ihres Testaments wandte sich Frau Kubicka an einen in Slubice (Polen) tätigen Notar.
Frau Kubicka möchte in ihr Testament ein nach polnischem Recht erlaubtes Vindikationslegat zugunsten ihres Ehegatten aufnehmen, das sich auf ihren Eigentumsanteil an der gemeinsamen in Frankfurt a.d.O. belegenen Immobilie bezieht. Für den übrigen Teil ihres Erbvermögens möchte sie die gesetzliche Erbfolge beibehalten, wonach ihr Ehemann und die Kinder zu gleichen Teilen erben.
Sie schloss ausdrücklich die Aufsetzung des in Art. 968 des Zivilgesetzbuchs vorgesehenen einfachen Vermächtnisses (Damnationslegat) aus, und zwar wegen der mit der Vertretung ihrer zur Erbschaft berufenen minderjährigen Kinder verbundenen Schwierigkeiten sowie der zusätzlichen Kosten.
Am 04.11.2015 lehnte der Notarvertreter die Errichtung eines das von Frau Kubicka gewünschte Vindikationslegat umfassenden Testaments ab (Art. 81 Gesetz über die Einführung eines Notariatsgesetzbuchs). Als Begründung gab der Notarvertreter an, dass die Errichtung eines Testaments, das ein solches Vermächtnis beinhalte, nicht mit dem deutschen Sachen- und Registerrecht und der deutschen Rechtsprechung hierzu, die gemäß Art. 1 Abs. 2 Buchst. k und l sowie Art. 31 der EuErbVO zu berücksichtigen seien, vereinbar sei und ein solches Testament daher rechtswidrig wäre. Er wies darauf hin, dass in Deutschland die Eintragung des Vermächtnisnehmers in das Grundbuch nur mittels notariellen Vertrags über den Übergang des Eigentums an der Immobilie zwischen den Erben und dem Vermächtnisnehmer erfolgen könne. Ausländische Vindikationslegate würden in Deutschland im Wege einer Anpassung gemäß Art. 31 der EuErbVO in Damnationslegate umgedeutet. Diese Auslegung sei der Begründung des deutschen Gesetzes, mit dem das innerstaatliche Recht gemäß den Bestimmungen der EuErbVO geändert worden sei, (Internationales Erbrechtsverfahrensgesetz vom 29.06.2015, BGBl. I, S. 1042) zu entnehmen.
Am 16.11.2015 legte Frau Kubicka gemäß Art. 83 des Notariatsgesetzes beim betreffenden Notar Beschwerde gegen die Ablehnung ein. Sie machte geltend, dass die Vorschriften der EuErbVO einer autonomen Auslegung bedürften und letztlich keine der Bestimmungen dieser Verordnung es rechtfertige, das Erbstatut dahin einzuschränken, dass die dinglichen Wirkungen des Vindikationslegats nicht anerkannt würden.
Da der Notar der Beschwerde Frau Kubickas nicht abhalf, legte sie Beschwerde beim Bezirksgericht Gorzów Wielkopolski in Polen ein.
Das vorlegende Gericht ist der Ansicht, dass nach Art. 23 Abs. 2 Buchst. b und e sowie Art. 68 Buchst. m der EuErbVO das Vindikationslegat vom Erbstatut zwar erfasst sei. Doch weil nach Art. 1 Abs. 2 Buchst. k der EuErbVO die „Art der dinglichen Rechte“ vom Anwendungsbereich der Verordnung ausgenommen sei, könne das vom Erbstatut vorgesehene Vindikationslegat an einem Vermögensgegenstand keine dinglichen Rechte entstehen lassen, die dem Sachenrecht des Belegenheitsorts des Vermächtnisgegenstands fremd seien. Das vorlegende Gericht geht allerdings davon aus, dass die Frage des Erwerbs dinglicher Rechte im Wege eines Vindikationslegats ausschließlich dem Erbstatut unterliegt.
Unter Bezugnahme auf Art. 1 Abs. 2 Buchst. l dieser Verordnung stellt das vorlegende Gericht die weitere Frage, ob das auf die Register für Rechte an beweglichen oder unbeweglichen Vermögensgegenständen anzuwendende Recht Auswirkungen auf die erbrechtlichen Folgen des Vermächtnisses haben kann.
Das Bezirksgericht hat beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:
„Sind Art. 1 Abs. 2 Buchst. k und l oder Art. 31 der EuErbVO dahin auszulegen, dass sie die Ablehnung der Anerkennung der dinglichen Wirkungen des Vindikationslegats (legatum per vindicationem), das durch das Erbstatut vorgesehen ist, zulassen, wenn dieses Vermächtnis das Eigentum an einer Immobilie betrifft, die in einem Mitgliedstaat belegen ist, dessen Recht das Institut des Vermächtnisses mit unmittelbarer dinglicher Wirkung nicht kennt?“
Rechtliche Wertung
Die Vorlage betrifft die Frage, ob der deutsche Gesetzgeber berechtigt ist, die unmittelbar dingliche Wirkung des nach dem anwendbaren polnischen Erbstatut zulässigen Vindikationslegats abzulehnen und den Erblasser auf die Abwicklung im Wege des Damnationslegats zu verweisen, weil das deutsche Erbrecht nur diese Möglichkeit vorsieht.
Art. 3 Abs. 1 Buchst. a EuErbVO stellt klar, dass die Rechtsnachfolge von Todes wegen „jede Form des Übergangs von Vermögenswerten, Rechten und Pflichten von Todes wegen, sei es im Wege der gewillkürten Erbfolge durch eine Verfügung von Todes wegen oder im Wege der gesetzlichen Erbfolge“, umfasst. Dabei kann ein Erblasser nach Art. 22 Abs. 1 EuErbVO für die Rechtsnachfolge von Todes wegen das Recht des Staates wählen, dem er angehört. Nach dem Willen des Unionsgesetzgebers soll dadurch die Nachlassspaltung vermieden werden (Art. 23 Abs. 1 Verordnung Nr. 650/2012), und zwar unabhängig von der Art der Vermögenswerte und unabhängig davon, ob diese in einem anderen Mitgliedstaat oder in einem Drittstaat belegen sind. Dementsprechend unterliegt diesem Recht nach Art. 23 Abs. 2 EuErbVO auch der Übergang der zum Nachlass gehörenden Vermögenswerte auf die Erben oder gegebenenfalls die Vermächtnisnehmer.
Art. 1 Abs. 2 EuErbVO nimmt jedoch ausdrücklich unter Buchst. k „die Art der dinglichen Rechte“ und unter Buchst. l „die Eintragung von Rechten an beweglichen oder unbeweglichen Vermögensgegenständen in einem Register, einschließlich der gesetzlichen Voraussetzungen für eine solche Eintragung, sowie die Wirkungen der Eintragung oder der fehlenden Eintragung solcher Rechte in einem Register“ vom Anwendungsbereich der Verordnung aus.
Art. 1 Abs. 2 Buchst. k EuErbVO betrifft die Qualifikation der Sachen und Rechte und die Prärogativen des Inhabers solcher Rechte sowie die Existenz und die Anzahl der dinglichen Rechte in der Rechtsordnung der Mitgliedstaaten (numerus clausus). Diese Verordnung betrifft deshalb nicht die abschließende Anzahl (numerus clausus) der dinglichen Rechte in den Mitgliedstaaten. Diese sind also nicht verpflichtet, ein dingliches Recht an einer in diesem Mitgliedstaat belegenen Sache anzuerkennen, wenn sein Recht dieses dingliche Recht überhaupt nicht kennt. Im vorliegenden Fall stellen jedoch sowohl das vom polnischen Recht vorgesehene Vindikationslegat als auch das vom deutschen Recht vorgesehene Damnationslegat Modalitäten für den Übergang des Eigentums an einem Vermögensgegenstand dar, das beide betroffenen Rechtsordnungen kennen. Deshalb betrifft der unmittelbare Übergang eines Eigentumsrechts im Wege des Vindikationslegats nur die im Erbfall maßgeblichen Modalitäten des Übergangs dieses dinglichen Rechts, den die EuErbVO nach Maßgabe des auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen anzuwendenden Rechts ermöglichen soll. Solche Übergangsmodalitäten werden nach Auffassung des Gerichts durch Art. 1 Abs. 2 Buchst. k EuErbVO nicht vom Anwendungsbereich der EuErbVO ausgenommen.
Der Gerichtshof beschäftigt sich dann mit der zweiten Frage, nämlich ob Art. 1 Abs. 2 Buchst. l EuErbVO die unmittelbaren dinglichen Wirkungen des Vindikationslegats aus dem Anwendungsbereich der Verordnung ausschließt, weil nach einem Erwägungsgrund dieser Verordnung „das Recht des Mitgliedstaates, in dem das Register geführt wird (für unbewegliches Vermögen das Recht der belegenen Sache), bestimmen soll, unter welchen gesetzlichen Voraussetzungen und wie die Eintragung eines dinglichen Rechts vorzunehmen ist“. Ein weiterer Erwägungsgrund dieser Verordnung, wonach „der Erwerb eines Rechts an einer unbeweglichen Sache nach dem Recht des Mitgliedstaats, in dem das Register geführt wird, die Eintragung in ein Register erfordert, damit die Wirkung erga omnes von Registern sichergestellt wird oder Rechtsgeschäfte geschützt werden, der Zeitpunkt des Erwerbs dem Recht dieses Mitgliedstaats unterliegen“, lässt Zweifel daran zu, ob ein Mitgliedstaat zur Anerkennung verpflichtet ist.
Der Generalanwalt hatte demgegenüber bereits darauf hingewiesen, dass Art. 1 Abs. 2 Buchst. l EuErbVO nur die Eintragung von Rechten an beweglichen oder unbeweglichen Vermögensgegenständen in einem Register, einschließlich der gesetzlichen Voraussetzungen für eine solche Eintragung, sowie die Wirkungen der Eintragung oder der fehlenden Eintragung solcher Rechte in ein Register abstellt, betrifft, also nicht die materiell-rechtlichen Voraussetzungen, unter denen solche Rechte erworben werden.
Dieser Auslegung schließt sich der Gerichtshof unter Hinweis auf den Grundsatz der Einheitlichkeit des auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen anzuwendenden Rechts an. Nur so werde eine mit den Zielen dieser Verordnung unvereinbare Nachlassspaltung vermieden.
Damit kommt der Gerichtshof zu dem Ergebnis, dass Art. 1 Abs. 2 Buchst. l EuErbVOes nicht ausschließt, dass das nach dem Erbstatut wirksame Vindikationslegat in einem Mitgliedstaat, dessen Rechtsordnung dieses Institut nicht kennt, anzuerkennen ist.
Auch Art. 31 EuErbVO betrifft nach Auffassung des Gerichts nicht die Modalitäten des Übergangs der dinglichen Rechte, sondern nur die Wahrung des Inhalts der dinglichen Rechte, der vom auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen anzuwendenden Recht (lex causae) festgelegt wird, und deren Rezeption in der Rechtsordnung des Mitgliedstaats, in dem sie geltend gemacht werden (lex rei sitae). Diese Vorschrift berechtigt einen Mitgliedstaat nicht, die Anerkennung der gemäß dem gewählten Erbstatut von einem Vindikationslegat im Zeitpunkt des Eintritts des Erbfalls entfalteten dinglichen Wirkungen abzulehnen, auch wenn dessen Rechtsordnung das Institut des Vindikationslegats nicht kennt.
Praxishinweis
Diese außergewöhnlich schwammig formulierte Entscheidung hat – entgegen einem ersten Anschein - nicht die Wirkung, dass Vindikationslegate in Deutschland im Wege der Grundbuchberichtigung unter Vorlage eines Europäischen Nachlasszeugnisses – innerhalb von 2 Jahren – kostenfrei vollzogen werden müssten. Selbst wenn man dem Gericht darin folgt, dass das Erbstatut auch „die im Erbfall maßgeblichen Modalitäten des Übergangs“ des Eigentums an beweglichen und unbeweglichen Sachen bestimmt, so heißt das noch lange nicht, dass der Eigentumswechsel an Immobilien auch im deutschen Grundbuch eingetragen werden muss.
Der gravierendste Fehler dieser Entscheidung besteht nämlich darin, dass sich der Gerichtshof nicht die Mühe gemacht hat, das deutsche Recht zu analysieren um festzustellen, ob dieses das Vindikationslegat tatsächlich „nicht anerkennt“, was auch immer unter dem Begriff Anerkennung zu verstehen sein mag. Auch hat das Gericht versäumt, sich mit den dazu im Schrifttum vertretenen Auffassungen auseinanderzusetzen (vgl. Schmidt, ZEV 2014, 133; Döbereiner, MittBayNot 2013, 358, 360; Janzen, DNotZ 2012, 487, jeweils m.w.Nw.).
Diese Anmerkung ist nicht der Ort der vertieften Auseinandersetzung mit diesen widerstreitenden Ansichten. Jedoch herrscht Übereinstimmung, dass das Vindikationslegat an einer Immobilie im Grundbuch einzutragen ist, also sehr wohl „anerkannt“ wird. Allerdings gehen die Meinungen darüber auseinander, ob sich der Eigentumserwerb außerhalb des Grundbuchs vollzieht und lediglich eine Grundbuchberichtigung gemäß § 22 GBO zu erfolgen hat (Schmidt, ZEV 2014, 133, 135 f. m.w.Nw.) oder ob es - wie bei einem Damnationslegat - einer Auflassung gemäß § 925 BGB nebst Eintragungsbewilligung bedarf (Döbereiner, MittBayNot 2013, 358, 360 f. m.w.Nw.; Janzen, DNotZ 2012, 487). Bereits bei der Ausarbeitung der Verordnung war die Abgrenzung zwischen Erb- und Sachenrecht heftig umstritten. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Die wohl herrschende Auffassung verlangt für den Vollzug eines Vindikationslegats nach ausländischem Erbstatut die Auflassung gemäß § 925 BGB vom Erben auf den Vermächtnisnehmer. Ob das Gericht darin eine Nicht-Anerkennung erblickt, ist dem Urteil allerdings nicht zu entnehmen.
Die besseren Argumente sprechen m.E. allerdings dafür, auf eine Auflassung zu verzichten, jedoch eine Grundbuchberichtigung aufgrund einer Berichtigungsbewilligung des Erben gemäß §§ 22, 19 GBO zu fordern. Eine analoge Anwendung des § 35 Abs. 1 S. 1 GBO halte ich aus den weiter unten unter Ziffer 2 dargelegten Gründen allerdings für ausgeschlossen.
Dieses Auseinanderfallen von materiellem und formellem Recht im Grundbuchverfahren ist keine Besonderheit bzgl. des Vindikationslegats nach ausländischem Recht, sondern gilt auch innerhalb der deutschen Rechtsordnung. So bedürfen materiell – formlos - wirksame Vollmachten und Eintragungsbewilligungen gemäß § 29 GBO zusätzlich der öffentlichen Beglaubigung, um im Grundbuch vollzogen werden zu können. Dies ist die Konsequenz aus dem das deutsche Grundverfahrensrecht prägenden formellen Konsensprinzip, das die deutschen Grundbuchämter erheblich entlasten soll. Dies ist die formalisierte Beweisregel, die die materielle Wahrheit durch eine formelle Wahrheit ersetzt, so dass das Grundbuchamt nicht die Wirksamkeit des materiellen Rechtsübergangs prüfen muss, sondern nur noch die Korrektheit der verfahrensrechtlichen Erklärungen und Zeugnisse. Die entsprechenden Bestimmungen der Grundbuchordnung, einschließlich der für den Unrichtigkeitsnachweis im Erbfalle gemäß §§ 22, 29, 35 GBO, sind integrierter Bestandteil dieses Verfahrensrechts.
Erklärtermaßen ging es der Antragstellerin auch gar nicht um die erbrechtliche Frage der Anerkennung des unmittelbar dinglich wirkenden Vindikationslegats durch die Bundesrepublik Deutschland, sondern ausschließlich darum, im Grundbuchverfahren dadurch Kosten zu sparen. Bei genauerem Hinsehen steht im Mittelpunkt dieser Entscheidung also nicht die „Anerkennung“ der unmittelbaren dinglichen Wirkung des Vindikationslegats, sondern ausschließlich einzelne Bestimmungen des Grundbuchverfahrensrechts, insbesondere die Kostenfreiheit der Grundbuchberichtigung!
1. Unzulässigkeit der Vorlage
Doch zunächst muss man dem Gerichtshof vorhalten, dass er über eine unzulässige Vorlage entschieden hat.
Ein deutscher Notar hätte die von Frau Kubicka begehrte Beurkundung eines Vindikationslegats nach polnischem Erbstatut nämlich nicht gemäß § 14 Abs. 2 BNotO, § 4 BeurkG ablehnen dürfen. Allerdings hätte er bei Beurkundung des Vindikationslegats nach polnischem Erbrecht gemäß § 17 Abs. 1 BeurkG über die Ungewissheit der Durchführbarkeit beim deutschen Grundbuchamt belehren müssen.
Zum Wesen jeder letztwilligen Verfügung gehört nämlich die Ungewissheit, ob sie beim Tod des Erblassers wirksam wird. Erst in diesem Zeitpunkt kann endgültig festgestellt werden, ob alle tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen für das Wirksamwerden erfüllt sind. Zur Zeit der Beurkundung ist das Wirksamwerden einer letztwilligen Verfügung keinesfalls sicher. So kann heute niemand vorhersagen, ob der deutsche Gesetzgeber bis zum Tod der Erblasserin sein Grundbuchverfahrensrecht nicht doch so ändert, dass beim Erbfall ein Vindikationslegat nach ausländischem Erbrecht im Wege der Grundbuchberichtigung auf der Grundlage eines Nachlasszeugnisses kostenfrei im Grundbuch eingetragen werden kann bzw. muss. Auch der polnische Gesetzgeber könnte bis dahin die Zulässigkeit des Vindikationslegats abschaffen. Darüber hinaus enthält das deutsche Recht – wie aufgezeigt – kein gesetzliches Verbot, ein nach dem anwendbaren Erbstatut zulässiges Vindikationslegat anzuordnen. Lediglich die Voraussetzungen des Vollzugs sind in der Literatur umstritten. Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines Vindikationslegats, wenn das anzuwendende Erbstatut dieses erlaubt, wurden bislang von niemandem geäußert. Vor diesem Hintergrund dürfte ein deutscher Notar die Beurkundung nicht ablehnen. Es ist überhaupt nicht nachvollziehbar, aus welchem Grund einem polnischen Notar verboten sein soll, was einem deutschen Notar nicht nur erlaubt, sondern wozu dieser aufgrund der Urkundsgewährungspflicht sogar verpflichtet ist.
Das Verlangen der Antragstellerin war also – auch nach deutschem Rechtsverständnis - nicht auf eine zur Zeit der Beurkundung rechtswidrige Urkunde im Sinne von Art. 81 Polnisches Gesetz über die Einführung eines Notariatsgesetzbuchs gerichtet. Das polnische Bezirksgericht hätte deshalb den Notarvertreter auf dieser Rechtsgrundlage ohne Einschaltung des Gerichtshofs zur Beurkundung anweisen müssen. Dies ist eine einfache innerpolnische Angelegenheit. Für die Frage, ob der Notarvertreter jetzt beurkunden darf oder nicht, kommt es nicht darauf, wie der deutsche Gesetzgeber das Grundbuchverfahren zur Zeit des Erbfalls ausgestaltet hat.
Dem Gerichtshof, der Antragstellerin und allen an diesem Verfahren beteiligten Personen hätte klar sein müssen, dass erst nach dem Tod der Erblasserin im Grundbuchberichtigungsverfahren vom Grundbuchamt Frankfurt a.d.O. verbindlich zu entscheiden ist, unter welchen Voraussetzungen die Umschreibung im Grundbuch möglich ist. Erst in einem sich anschließenden Beschwerdeverfahren werden die vom Gerichtshof angesprochenen Fragen und in der Literatur umstrittenen Fragen zu klären sein.
Der Gerichtshof hätte also die Vorlage wegen mangelnder Entscheidungsrelevanz der gestellten Fragen des polnischen Bezirksgerichts als unzulässig zurückweisen müssen. So muss er sich den Vorwurf gefallen lassen, dass er dieses Verfahren dazu genutzt hat, den deutschen Gesetzgeber zu einer nicht näher definierten Änderung seines Grundbuchverfahrensrechts zu veranlassen, obwohl es sich beim Ausgangsverfahren um eine rein innerpolnische Angelegenheit gehandelt hat. Mit anderen Worten: es handelt sich um ein Urteil zu Lasten Dritter, nämlich zu Lasten der am Ausgangsverfahren materiell völlig unbeteiligten Bundesrepublik Deutschland. Deshalb bringt dieses Urteil den Streit über die Art und Weise des Vollzugs eines Vindikationslegats keinen Schritt weiter.
2. Autonomie der Nationalstaaten für das Grundbuchverfahren
Der weitere Fehler des Gerichtshofs besteht darin, dass er - auch nicht ansatzweise - versucht hat, „die im Erbfall maßgeblichen Modalitäten des Übergangs“ von den den Mitgliedstaaten vorbehaltenen Bedingungen, „unter welchen gesetzlichen Voraussetzungen und wie die Eintragung eines dinglichen Rechts vorzunehmen ist“, abzugrenzen. Art. 1 Abs. 2 Buchst. l EuErbVO enthält nämlich einen Vorbehalt für das Recht jedes Mitgliedstaats, unter welchen verfahrensrechtlichen Voraussetzungen er Eigentumswechsel in das Grundbuch eintragen lassen will. Damit wird die Hoheit der Mitgliedstaaten für das Register- und Grundbuchverfahren gewahrt. Doch gerade zur schwierigen – und umstrittenen - Streitfrage der Abgrenzung von Erbstatut und Sachenrechtsstatut hat der Gerichtshof mit diesem Urteil keinen Beitrag geleistet. Das Gericht hätte, wenn es schon über die Vorlage entscheidet, definieren müssen, was unter dem Begriff „Modalitäten des Übergangs“ im Sinn dieser Verordnung zu verstehen ist. Sämtliche Bestimmungen der Grundbuchordnung, und zwar auch §§ 22, 35 GBO, als Konsequenz des formellen Konsensprinzips gehören sicher nicht in den Geltungsbereich dieser erbrechtlichen Verordnung. Dabei handelt es sich um Verfahrensrecht im klassischen Sinne.
Deshalb kommt ein Vermächtnisnehmer mit diesem Urteil in der Bundesrepublik Deutschland auch nicht weit. Zwar kann er sich darauf berufen, dass er nach materiellem Recht mit dem Erbfall Eigentümer geworden ist, doch wird er jedenfalls am formellen Konsensprinzip des deutschen Grundbuchrechts scheitern.
Zwar kann nach § 22 Abs. 1 GBO eine Grundbuchberichtigung auch ohne Bewilligung gemäß § 19 GBO erfolgen, jedoch muss dazu der Erbfolgenachweis gemäß § 35 Abs. 1 GBO geführt werden. Diese Vorschrift sieht jedoch ausdrücklich nur den Nachweis der „Erbfolge“ vor. Weder der Wortlaut dieser Vorschrift noch die Entstehungsgeschichte decken eine Auslegung, wonach auch ein unmittelbarer Eigentumswechsel aufgrund eines nach ausländischem Erbstatut wirksamen Vindikationslegats, nachgewiesen durch Vorlage eines Europäischen Nachlasszeugnisses, erfasst würde.
Eine analoge Anwendung des § 35 Abs. 1 S. 1 GBO auf ein Vindikationslegat nach ausländischem Erbrecht scheidet ganz sicher an dem Kriterium der Regelungslücke. Die Gesetzesbegründung zum Gesetz zum Internationalen Erbrecht und zur Änderung von Vorschriften zum Erbschein sowie zur Änderung sonstiger Vorschriften beweist, dass der Deutsche Bundestag sich bewusst gegen eine Anwendung dieser Vorschrift auf Vindikationslegate ausgesprochen hat, ohne diese dabei allerdings für „rechtswidrig“ zu erklären: „Diese dinglich wirkenden … Vermächtnisse (sogenannte Vindikationslegate) sind dem deutschen Recht jedoch unbekannt. Sie werden … in schuldrechtlich wirkende … Vermächtnisse umgedeutet, die dinglich vollzogen werden müssen. Diese Wirkung des Nachlasszeugnisses spielt daher für die Eintragung in das Grundbuch keine Rolle“ (BT-Drs. 17/4201 S. 58).
3. De lege ferenda
Auf einem anderen Blatt steht, ob der deutsche Gesetzgeber durch eine Neufassung der Grundbuchordnung der nebulösen Intention dieses Urteils Rechnung tragen will, wozu er allerdings – wie aufgezeigt – nicht verpflichtet ist.
Er könnte § 35 Abs. 1 S. 1 GBO in der Weise ergänzen, dass eine unmittelbare Umschreibung des Grundstückseigentums aufgrund eines Vindikationslegats nach ausländischem Erbrecht unter Vorlage eines Europäischen Nachlasszeugnisses, das ein entsprechendes Grundstücksvermächtnis ausweist, zu erfolgen hat.
Doch daran schlössen sich weitere Fragen an:
- Der alternative Unrichtigkeitsnachweis gemäß § 35 Abs. 1 S. 2 GBO durch Vorlage einer eröffneten öffentlich beurkundeten Verfügung von Todes wegen mit einem Vindikationslegat dürfte wegen der damit verbundenen Auslegungsschwierigkeiten bezüglich ausländischen Erbrechts die Grundbuchämter zusätzlich belasten. Ferner entstünden dann weitere Probleme im Zusammenhang mit der Gleichwertigkeit deutscher und ausländischer Urkunden, die erst noch gelöst werden müssten.
- Das Grundbuchberichtigungszwangsverfahren gemäß §§ 82, 83 GBO, das eine zeitnahe Übereinstimmung des Grundbuchs mit der materiellen Rechtslage erreichen will, würde bei einer Einbeziehung des Vermächtnisnehmers eines Vindikationslegats erheblich größeren Unsicherheiten ausgesetzt, weil ein Vermächtnisnehmer – anders als der Erbe aufgrund Universalsukzession gemäß § 1922 BGB – zahlreiche Einwände aus dem Legat (Befristung, Bedingung, Auflagen usw.) entgegenhalten könnte.
- Auch Anm. 1 zu Nr. 14110 KV GNotKG, der eine Kostenbefreiung für die Grundbuchberichtigung auf den Erben innerhalb von 2 Jahren nach dem Erbfall vorsieht, müsste angepasst werden. Jedenfalls die Antragstellerin erwartet, dass beim Erbfall ihr Miteigentumsanteil kostenfrei auf den Vermächtnisnehmer umgeschrieben wird. Ob der Gerichtshof glaubt, dass der deutsche Gesetzgeber aufgrund der EuErbVO verpflichtet ist, auch beim Vindikationslegat Kostenfreiheit zu gewähren, lässt die schwammige Entscheidung leider nicht erkennen.
So erscheint es wenig wahrscheinlich, dass der deutsche Gesetzgeber, nur weil der Gerichtshof mit dieser Entscheidung festgestellt hat, dass dieser die dinglichen Wirkungen eines Vindikationslegats nach ausländischem Recht „anzuerkennen“ habe, sich mit all diesen Fragen, die seiner Hoheit für das Grundbuchverfahrensrecht unterliegen, befassen wird.
Solange das Grundbuchverfahrensrecht aber nicht geändert ist, führt kein Weg daran vorbei, dass auch bei einem nach deutschem Rechtsverständnis materiell gültigen Vindikationslegat nach ausländischem Erbrecht dem Grundbuchamt nach herrschender Auffassung eine Auflassung (§ 925 BGB) nebst Eintragungsbewilligung (§ 19 GBO) vom Erben auf den Vermächtnisnehmer vorzulegen ist.
4. Fazit
Für Frau Kubicka, die Antragstellerin im Beurkundungsverfahren, erweist sich dieses Urteil im Ergebnis als Pyrrhussieg. Sie wird vor ihrem Tod sicher nicht erfahren, ob die von ihr primär angestrebte Kostenersparnis erreicht worden ist. Es gehört allerdings keine große Weitsicht dazu anzunehmen, dass alle Aufregung um dieses Urteil vergeblich war und der Vermächtnisnehmer dem Grundbuchamt eine förmliche Auflassungserklärung gemäß § 925 BGB, §§ 19, 20 GBO - wie bei einem Damnationslegat - vorlegen muss. Im anschließenden Beschwerdeverfahren wird der Gerichtshof dann vielleicht die Gelegenheit erhalten, im richtigen Verfahren eine – hoffentlich besser begründete – Entscheidung in dieser schwierigen Abgrenzungsfrage zu treffen.