Die Frau nahm regelmäßig ein Medikament gegen Epilepsie ein. Bei der Frühschicht bemerkte sie, dass sie die Tabletten im Auto vergessen hatte. Sie ging dann mit Erlaubnis ihrer Vorgesetzten zu ihrem Auto, um die Tabletten zu holen. Auf dem Rückweg stürzte sie und brach sich das Handgelenk.
Die Berufsgenossenschaft lehnte es ab, den Sturz als Arbeitsunfall anzuerkennen. Das hat das LSG Berlin-Brandenburg - wie auch zuvor schon das SG Neuruppin - bestätigt (Urteil vom 26.09.2024 - L 21 U 40/21). Die Einnahme von Medikamenten gehöre nicht zu den arbeitsvertraglichen Pflichten, sondern sei dem nicht versicherten, persönlichen Lebensbereich zuzuordnen.
Zwar könne ein zum Versicherungsschutz führendes, überwiegendes betriebliches Interesse dann bestehen, wenn vergessene Gegenstände geholt würden, die zwingend benötigt werden, um die Arbeit fortzusetzen. Das habe das BSG etwa für das Holen einer Brille oder des Schlüssels für einen Spind bejaht oder den Weg zum Mittagessen während einer vollschichtigen beruflichen Tätigkeit.
Privates Handeln, da bloß abstraktes Risiko eines Anfalls
Ein solches zwingendes Erfordernis bestand hier laut LSG aber nicht: Hätte die Frau mit der Einnahme der Epilepsie-Tabletten bis zum Schichtende gewartet, wäre ihre Arbeitsfähigkeit nicht gefährdet gewesen. Dies habe der behandelnde Arzt mitgeteilt. Bestehe ein bloß abstraktes Risiko, dass es ohne die regelmäßige Einnahme der Tabletten während der Arbeitszeit zu einem Epilepsie-Anfall komme, liege die Einnahme vorrangig im privaten Interesse und damit im nicht versicherten Bereich.
Dass die Frau die Tabletten mit Erlaubnis ihrer Vorgesetzten holen gegangen sei, spiele keine Rolle. Die Vorgesetzte habe nicht ihr arbeitsvertragliches Weisungsrecht ausgeübt, sondern der Frau lediglich erlaubt, ihre Arbeit kurz zu unterbrechen, um einer privaten Besorgung nachzugehen, so das LSG.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Senat hat die Revision nicht zugelassen. Die Näherin kann beim BSG die Zulassung der Revision beantragen.