Das LG hatte das Urteil dem Anwalt der Kläger am 17.01.2024 elektronisch übermittelt und elektronische Eingangsbestätigungen erhalten. Das Empfangsbekenntnis des Anwalts blieb trotz zweimaliger Aufforderung des LG allerdings aus. Anfang März stellte das Gericht das Urteil erneut gegen Postzustellungsurkunde zu. Am 15. März ging die Berufung des Anwalts ein.
Das OLG wies auf Zweifel an der Fristwahrung hin und forderte den Anwalt auf, die unterbliebene Rücksendung des Empfangsbekenntnisses zu erklären. Der Anwalt reagierte darauf aber nicht. Anschließend ordnete das OLG die Vorlage des beA-Nachrichtenjournals an. Auf den elektronisch versandten Beschluss kam wieder kein Empfangsbekenntnis des Anwalts zurück. Auf eine erneute, elektronisch und gegen Postzustellungsurkunde zugestellte Anordnung vom 1. November, das Journal binnen zwei Wochen vorzulegen, meldete sich der Anwalt dann einen Monat später und bat um eine Fristverlängerung. Die gewährte das OLG vorbehaltlich der Prüfung der Rechtzeitigkeit des Verlängerungsantrags. Vom Anwalt kam aber nichts mehr.
Berufung verspätet: Etwaiger Zustellungsmangel jedenfalls nach § 189 ZPO geheilt
Das OLG hat die Berufung daraufhin wegen Versäumung der Berufungsfrist als unzulässig verworfen (Beschluss vom 24.01.2025 - 7 U 17/24). Denn es sei davon auszugehen, dass das Urteil schon deutlich vor dem 15. Februar zugestellt wurde. Dabei könne die umstrittene Frage offenbleiben, ob eine wirksame Zustellung elektronischer Dokumente nach § 173 ZPO die Übermittlung des elektronischen Empfangsbekenntnisses voraussetze. Denn jedenfalls ergebe sich aus § 189 ZPO, dass ein Schriftstück, dessen formgerechte Zustellung sich nicht nachweisen lässt, in dem Zeitpunkt als zugestellt gilt, in dem es tatsächlich zugegangen ist. Dass ein Anwalt das Empfangsbekenntnis nicht zurückschicke, hindere eine Heilung eines Zustellungsmangels nach dieser Regelung nicht, wenn sich anders feststellen lasse, dass er empfangsbereit ist.
Das OLG nimmt an, dass der Anwalt das Urteil schon weit vor dem 15. Februar zur Kenntnis genommen habe. Denn anders sei es nicht zu erklären, dass er die Aufforderung, das beA-Nachrichtenjournal vorzulegen, beharrlich ignoriert habe. Aus dem sei nämlich zu ersehen, wann eine Nachricht zum ersten Mal geöffnet worden sei. Die elektronische Eingangsbestätigung habe das LG am 17. Januar erhalten, der Anwalt habe die Nachricht also ab da in seinem beA-Postfach sehen können. Warum aber dennoch zwischen diesem Empfang der Nachricht und der für eine Fristwahrung zugrunde zu legenden tatsächlichen Kenntnisnahme frühestens am 15. Februar mehr als vier Wochen liegen sollen, erschließt sich dem OLG nicht. Es weist darauf hin, dass ein Anwalt schon bei einer Verhinderung von mehr als einer Woche für seine Vertretung sorgen müsse.
Das OLG geht auch von einer Empfangsbereitschaft des Anwalts weit vor dem 15. Februar aus. Das OLG verweist zum einen wieder auf die Verhinderungsregelung. Es sei nicht anzunehmen, dass der Anwalt unter bewusstem Verstoß gegen berufsrechtliche Regelungen für vier Wochen für Zustellungen nicht empfangsbereit war. Außerdem habe er schließlich Berufung eingelegt. Und in seinem Fristverlängerungsantrag habe er auf die Vorlageanordnung Bezug genommen. Sollte der Anwalt hingegen bei Zustellungen gegen Empfangsbekenntnis grundsätzlich keinen Empfangswillen haben, wäre dies mit seiner Funktion als Rechtsanwalt unvereinbar und wegen Rechtsmissbrauchs unbeachtlich, so das OLG.